Ein Wärmenetz der Monopolisten - Warum Robert Habeck seine Liebe zur Fernwärme entdeckt

Angesichts der Wut auf die grüne Heizungspolitik entdeckt Robert Habeck seine Vorliebe für Fernwärme. Die Nutzung von Abwärme zum Heizen ist ökologisch zu begrüßen. Aber ökonomisch ist sie durchaus problematisch.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck / dpa
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Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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Wie kommt man von einem Holzweg herunter, ohne zugeben zu müssen, dass man darauf war; ohne sein Gesicht zu verlieren? Das ist mittlerweile die zentrale Frage für Deutschlands obersten Wärmewender Robert Habeck. Die von seinem geschassten Staatssekretär Patrick Graichen und dessen Agora-Klüngel ausgeheckte Novelle des Gebäudeenergiegesetzes, die ein Verbot des Einbaus von fossilen Heizungen vorsieht und elektrische Wärmepumpen zum neuen Standard machen will – koste es, was es wolle –, hat sich als solch ein Holzweg erwiesen.

Es dürfte die eine Maßnahme sein, die die Geduld vieler Deutscher mit der Dekarbonisierungspolitik der Grünen endgültig überstrapaziert. Und sie trifft die Bürger gleichzeitig mit einer offenkundigen Überlastung Deutschlands durch eine Asylmigration in die sozialen Sicherungssysteme, die grüne Politiker nicht nur ignorieren, sondern sehenden Auges riskieren möchten. Die Wut der Bürger angesichts der grünen Bastapolitik mit der Brechstange untermalen die aktuellen Umfragewerte und jüngst an diesem Wochenende die Demonstration in Erding.

Nun, da er nicht nur seinen Agora-Staatssekretär als Wärmewenden-Einpeitscher verloren hat, sondern auch sein Standing als Deutschlands Lieblingspolitiker, versucht Habeck zumindest in der Außendarstellung weniger wärmepumpenfanatisch dazustehen. Er will jetzt den verunsicherten Heizungsbesitzern klar machen, dass es nicht unbedingt eine Wärmepumpe mit entsprechend aufwendigen Installationskosten sein muss. Es gibt da ja noch eine Heizmethode, die schon im früheren Ostblock als Inbegriff von Heizungsmodernität galt: Fernwärme.

Die neue Liebe des Wirtschaftsministers

Was macht ein Regierungspolitiker, der demonstrieren will, dass er ein Thema wichtig findet? Er beruft einen sogenannten Gipfel ein. Jetzt also ein Fernwärmegipfel mit Ministerkollegin Clara Geywitz, Verbraucherzentralenpräsidentin Ramona Pop und Verbändevertretern. Dass Letztere von der Idee, mehr auf Fernwärme zu setzen, begeistert sind, kann kaum überraschen. Ihre Unternehmen erhoffen sich glänzende Geschäfte mit politischer Rückendeckung. 100.000 Gebäude jährlich sollen zusätzlich an Fernwärmenetze angeschlossen werden, verkündete Habeck nach dem Gipfel.
 

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Grundsätzlich ist gegen die Nutzung der Abwärme von Industrieanlagen oder Rechenzentren nichts einzuwenden. Im Gegenteil. Ökologisch ist diese sogar zu begrüßen. In Dänemark etwa, so liest man nun überall und hört es auch aus Habecks Mund, klappe das sehr gut. Allerdings ist Habecks neue Liebe zur Fernwärme allzu offenkundig durch den aktuellen Gegenwind verursacht, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, dass hier etwas möglicherweise nicht nur aus sachpolitischen Gründen forciert wird. In solchen Lagen steigt stets die Gefahr, dass Widrigkeiten allzu schnell weggewischt werden – in der Regel auf Kosten der Bürger, die mit den Lieblingsprojekten von Regierungspolitikern leben müssen.

Fernwärme als Sorgenkind 

Außerdem steht Fernwärme beim Bundeskartellamt in keinem allzu guten Licht. Das Amt hat am 30. Mai erst mehrere Prüfverfahren gegen Wärmenetzbetreiber eingeleitet, die möglicherweise zu viel staatliches Geld aufgrund der Energiepreisbremsen erhalten haben. Entsprechende Verfahren laufen auch gegen Gas- und Stromversorger. Aber die Anbieter von Fernwärme sind besonders geneigt, ihre Kunden oder auch den kompensierenden Staat ungebührlich abzukassieren, weil sie, so das Amt, in der Regel in einer monopolartigen Situation gegenüber ihren Kunden stehen.

Den Gas- und Stromversorger kann man bei zu hohen Preisen nämlich wechseln, aber alternative Fernwärmeanbieter gibt es in den meisten Fällen nicht. Aus naheliegenden Gründen: Abwärme lässt sich eben nicht über allzu weite Strecken transportieren, so dass die verfügbaren Anbieter meist Monopolisten in ihren Fernwärmenetzen sind.  

„Attraktivierung des Preises“

Im Hause Habeck, wo man sinnigerweise die Büste Ludwig Erhards, des großen Kartell- und Monopolbekämpfers, entfernt hat, mag das kein besonders störender Einwand sein. Aber umso gefährlicher ist es für die „gefangenen Kunden“, von denen das Bundeskartellamt spricht. Sie wären also, wenn Fernwärme nach dem Wunsch der Bundesregierung zu einer Säule der Wärmewende wird, auf die regulierenden Schutzmaßnahmen ebendieser Bundesregierung angewiesen.

Habeck sprach in der Pressekonferenz nach seinem Fernwärmegipfel dann auch passenderweise von der „Attraktivierung des Preises für Fernwärme als Schwerpunkt der politischen Arbeit“. Habeck, Geywitz und der Vertreter des Fernwärmeverbands sprachen wiederholt von der Wichtigkeit der staatlichen Förderung. Mit einer Marktwirtschaft jedenfalls hat das Wärmewendedeutschland von Robert Habeck voraussichtlich nicht mehr viel zu tun.

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