Freie Wähler Brandenburg - Péter Vida: Meister der Kampagne

Péter Vida ist der Fraktionsvorsitzende von BVB/Freie Wähler in Brandenburg. Es sind die Sorgen des einfachen Mittelstands, die Vida politisch aufgreift. Von CDU und SPD wird er schon als möglicher Koalitionspartner umworben.

Péter Vida / dpa
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Benjamin Lassiwe ist freier Journalist in Potsdam.

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Im Presseraum des Brandenburger Landtags stand ein alter Heizkörper. Gekreuztes, rot-weißes Flatterband klebte an dem Radiator. Dazu ein Aufkleber mit der Aufschrift: „Verbote verbieten!“ Es war die wöchentliche Pressekonferenz der kleinsten Landtagsfraktion, von BVB/Freie Wähler. Und auf dem Podium saß der Landes- und Fraktionsvorsitzende der Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen/Freie Wähler, wie die Fraktion ausgeschrieben heißt: Péter Vida. 

Der 39-jährige Rechtsanwalt aus Bernau bei Berlin zog 2014 erstmals in den Landtag ein. Damals hatte der aus der SPD ausgetretene Mediziner Christoph Schulze, der zu den erbitterten Gegnern des Flughafens BER gehörte, den Wahlkreis Blankenfelde-Mahlow direkt gewonnen. Und weil es im Brandenburger Wahlrecht eine Grundmandatsklausel gibt, zogen BVB/Freie Wähler mit drei Abgeordneten in den Landtag ein – obwohl sie landesweit unter der Fünfprozenthürde geblieben waren. 

Geboren als Sohn eines deutsch-ungarischen Ehepaars

Doch die Dreiergruppe zerstritt sich im Laufe der Legislatur. Die Abgeordneten wurden zu Fraktionslosen. Heute sind Schulze und die Abgeordnete Iris Schülzke aus der Landespolitik verschwunden. Vida hingegen gelang das, womit damals niemand rechnete: 2019 holte er seinen Heimatwahlkreis Bernau direkt. Und BVB/Freie Wähler kamen landesweit auf fünf Prozent der Stimmen. Heute sind sie in Fraktionsstärke im Landtag vertreten – und viel spricht dafür, dass sie in der nächsten Legislaturperiode sogar an der Regierung beteiligt sein könnten. 

In Brandenburg ist es ein offenes Geheimnis, dass die derzeit regierende Kenia-Koalition zerstritten ist. SPD und CDU wollen die mitregierenden Grünen lieber heute als morgen loswerden. Wer ist dieser Péter Vida, der in Brandenburg wie kein anderer für die Freien Wähler steht? Geboren zu DDR-Zeiten als Sohn eines deutsch-ungarischen Ehepaars, hat der überzeugte Katholik Vida bis heute eine doppelte Staatsbürgerschaft, spricht fließend Ungarisch und ist mehrmals im Jahr in der Heimat seines Vaters. Im heimatlichen Barnim ist er Vorsitzender des Ausländerbeirats. Als Jugendlicher war er in der Jungen Union, machte auch mal ein Praktikum bei einem CDU-Landtagsabgeordneten. 

Als 18-jähriger Schüler gründete er seine erste Wählerinitiative: „Wir haben damals gemerkt, dass in der Stadt einiges schieflief, und wollten Dinge bewegen.“ Bis heute engagiert sich die ganze Familie für die Freien Wähler: Auf Landesparteitagen regelt Vidas Mutter den Einlass, und als er sich in Bernau um die Spitzenkandidatur bewarb, hatte Vida seinen Sohn auf dem Schoß. 

 

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Vida und mit ihm die Freien Wähler im Brandenburger Landtag verstehen sich als verlängerter Arm der Kommunalpolitik. Im Unterschied zu den übrigen Fraktionen vertritt man keine Partei, sondern ein Netzwerk von Wählergemeinschaften. Auch dem Bundesverband der Freien Wähler gehören Vida und seine Mitstreiter nicht an: Mit den Landtagsfraktionen in Bayern oder Rheinland-Pfalz arbeitet man punktuell zusammen. 

„Aber wir sind eine Brandenburger Organisation“, sagt Vida. Unter seiner Leitung griffen BVB/Freie Wähler oft Themen auf, die von den anderen Fraktionen vernachlässigt wurden, aber die Menschen im Land bewegten: zum Beispiel die Altanschließer- oder Straßenausbaubeiträge. 

Er spricht Menschen an, die Angst um ihren Wohlstand haben

Es sind die Themen des einfachen Mittelstands, die Vida und seine Bürgerbewegungen bearbeiten. Er spricht Menschen an, die Angst um ihren erreichten Wohlstand und ihre Ersparnisse haben und sich von der Brandenburg seit 1990 regierenden SPD nicht mehr vertreten fühlen. Es sind Leute, die Protestwähler sind, aber dezidiert nicht rechts- oder linksextrem wählen wollen. Früher wären das auch in Brandenburg Wähler der FDP gewesen, heute holt Vida sie ab. 

Vida ist vor Ort im Land präsent, und vor allem: Er kann Kampagnen leiten. Das Instrument der Volksinitiative nutzten die Freien Wähler unter seiner Leitung mehrfach – mithilfe von 108.000 Unterschriften gelang die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. Und im bevorstehenden Landtagswahlkampf will man sich mit einer Volksinitiative zu den Krankenhäusern im ländlichen Raum zu Wort melden. 

Manchmal überschreitet Vida dabei Grenzen: Als sich BVB/Freie Wähler die Parteifarbe Orange gab und anfing, sich auf allen Plakaten als „Die Orangen“ zu betiteln, sorgte das mitunter für Kopfschütteln. Und auch die im Presseraum des Landtags vorgestellte Kampagne „Verbote verbieten“ hält manch ein politischer Gegner der Freien Wähler einmal mehr für Populismus. Dennoch hat Péter Vida die Freien Wähler in Brandenburg als politische Kraft etabliert. Mit ihm muss man rechnen. 

 

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