Peter Tauber - Zurück mit einem groben Aussetzer

Peter Tauber behauptet, die AfD und mancher Parteifreund trügen eine Mitschuld am Tod Walter Lübckes. Folgt man dieser Logik, wären alle 68er auch „mitschuldig“ an den Toten der RAF. Weiß der ehemalige Generalsekretär der CDU eigentlich, was er tut?

Taubers Äußerungen zeichnen sich nicht gerade durch Weisheit aus / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Seit Peter Tauber, vormaliger Generalsekretär der CDU, auf den Posten eines parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium gehievt wurde, war es ruhig geworden um ihn, und das war auch gut so für die politische Kultur dieses Landes.

Nun hat sich Tauber im Nachgang zum Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wie folgt zurückgemeldet: „Nicht nur die politische Gewalt und Gewaltbereitschaft von rechts nimmt zu. Auch das politische Klima dieser Republik hat sich verändert. Die AfD im Deutschen Bundestag und in den Länderparlamenten leistet dazu einen Beitrag. Sie hat mit der Entgrenzung der Sprache den Weg bereitet für die Entgrenzung der Gewalt. Erika Steinbach, einst eine Dame mit Bildung und Stil, demonstriert diese Selbstradikalisierung jeden Tag auf Twitter. Sie ist ebenso wie die Höckes, Ottes und Weidels durch eine Sprache, die enthemmt und zur Gewalt führt, mitschuldig am Tod Walter Lübckes.“

Schlägt Gaucks Warnungen in den Wind

So schreibt Tauber in einem Gastbeitrag für die Welt. Ganz vorsichtig formuliert ist das nicht weise, was Tauber da tut. Gerade erst hat der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck zweimal hintereinander davor gewarnt, die AfD und ihre Anhänger pauschal auszugrenzen. Da macht Tauber genau das, mehr noch: Er bringt einzelnen Personen und eine ganze Partei in direkten Zusammenhang mit einem nach Lage der Ermittlungen rechtsextremistischen Mord.

Man kann, soll, ja muss die eindeutig rassistischen Äußerungen eines Björn Höcke kritisieren. Man kann und soll auch AfD-Fraktionschef Alexander Gauland niemals seine „Vogelschiss“- Verirrung (wenn es denn eine war) durchgehen lassen. Alles richtig und wichtig in einer pluralistisch-wehrhaften Demokratie. Und es gibt natürlich auch einen Kontext von Verrohung in der Sprache und tätlicher Gewalt.

Sind alle 68er „mitschuldig“ an den Morden der RAF?

Aber, das was Tauber da macht, das geht nicht. Er möge bitte seine Äußerung für einen Moment mit einem Gedankenspiel überprüfen. In Taubers Logik sind alle 68er, die in jenen Jahren durch die Straße gerannt sind und „Ho Chi Minh!“ gerufen oder gegen den Schah-Besuch protestiert haben, „mitschuldig“ an den Morden der RAF? Natürlich nicht. Nicht einmal Peter Tauber würde das behaupten.

Im Falle Lübcke aber schreckt Tauber vor diesem Schluss nicht zurück. Er weiß nicht, was er da tut. Denn er schraubt eine Büchse auf, gegen die jene der Pandora Blümchenduft verströmt hat.

Tauber notorisch in seinen Aussetzern

Wenn er sagt, Lübcke ist ein Toter, der mit aufs Konto der AfD und mancher CDU-Parteifreunde geht (Max Otte ist CDU-Mitglied), wer will dann den umgekehrten Schluss verbieten, dass erst die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin dafür anfällige Menschen so radikalisiert hat, dass sie auch vor einem Mord nicht mehr zurückschrecken? Oder noch weiter gehend: Wer will dann den Gedanken verbieten, dass Angela Merkel „mitschuldig“ ist an den Toten und Verletzten des Breitscheidplatzes?

Peter Tauber ist notorisch in seinen Aussetzern. Im Herbst 2016 hat er in einer parteiinternen Sitzung zu Merkels Flüchtlingspolitik verfügt: „Wer hier nicht für Merkel ist, ist ein Arschloch.“ Der Ansatz war damals der gleiche wie heute: Kritiker pauschal mundtot zu machen.

Die Aussage von damals hat er zurückgenommen. Er sollte sich überlegen, mit seiner jüngsten Einlassung ebenso zu verfahren. Es wäre noch gebotener als seinerzeit. 

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