Regierungsflug nach Kanada - Die Maskenpflicht gilt nur für Normalsterbliche

Ohne Maske im Flugzeug? Was in den meisten europäischen Ländern längst normal ist, taugt in Deutschland zum Skandal: Olaf Scholz, Robert Habeck und deren Gäste verzichteten beim Staatsflug nach Kanada auf die lästige Mund-und-Nasen-Bedeckung. An der Maskenpflicht für gewöhnliche Passagiere halten sie jedoch fest – und wollen sie sogar verschärfen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck an Bord des Luftwaffe-Airbus nach Montreal im Gespräch mit Journalisten, unter anderem der ARD-Hauptstadtchefin Tina Hassel / dpa
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Daniel Gräber leitet das Ressort Kapital bei Cicero.

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Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein. Kanzler Olaf Scholz und Vizekanzler Robert Habeck sind mit einem Tross aus Mitarbeitern, Konzernchefs und Journalisten nach Kanada geflogen. An Bord des Airbus A340 von Berlin nach Montreal saß und stand man eng beieinander – und ließ die Masken fallen. Auf Videos und Fotos aus dem Regierungsflieger ist kein einziger Passagier zu sehen, der „eine Atemschutzmaske (FFP2 oder vergleichbar) oder eine medizinische Gesichtsmaske (Mund-Nasen-Schutz)“ trägt.

Genau das ist dem Infektionsschutzgesetz zufolge in „Verkehrsmitteln des Luftverkehrs“ vorgeschrieben. Die meisten anderen Länder haben die Maskenpflicht in Flugzeugen zwar längst abgeschafft, aber Deutschland hält stur daran fest. Zum Leidwesen vieler Fluggäste und der Luftfahrtgesellschaften, die Mühe haben, ihre Passagiere vom Sinn dieses deutschen Sonderwegs zu überzeugen.

Tests zählen nicht

Dass nun ausgerechnet diejenigen, die bei der allgemeinen Maskenpflicht in Flugzeugen und Zügen nicht locker lassen, bei ihren eigenen Flügen großzügig darauf verzichtet, ist eine Farce. Das Signal ist: Die Regierung beschließt Maßnahmen, an die sich selbst und ihre Gäste nicht halten müssen. Auch die eilig vorgebrachte Begründung, alle Insassen des Luftwaffe-Airbus seien frisch auf Corona getestet, überzeugt nicht. Denn diese Ausnahmeregelung ist im Infektionsschutzgesetz nicht vorgesehen. Kein normaler Fluggast hat die Möglichkeit, sich von der Maskenpflicht freitesten zu lassen.

Aus dem Verteidigungsministerium heißt es dazu: „Das angesprochene Gesetz (§ 28b Abs. 1 IfSG) gilt für kommerzielle Anbieter im Luftverkehr und den öffentlichen Personenfernverkehr, einschließlich des Luftverkehrs. Beides trifft für die Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums nicht zu.“

Im Gesetz steht nichts von Ausnahmen für Regierungsflieger

Doch unter Juristen wird eifrig diskutiert, ob das so stimmen kann. Denn eine Unterscheidung zwischen kommerziellen und staatlichen Fliegern taucht weder im Gesetzestext auf, noch interessieren sich Coronaviren dafür. Es würde bedeuten: Hätten Scholz und Habeck ihre Gäste statt mit der Luftwaffe in einer gecharterten Maschine befördert, hätte alle eine Maske tragen müssen. 

Die Opposition freut sich über diese Steilvorlage. Genüsslich schlachtet der gescheiterte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet das Maskenchaos der Bundesregierung aus und beklagt Doppelstandards:  

Maskenpflicht soll sogar noch verschärft werden

Die Regierung denkt gar nicht daran, die Regeln für alle Normalsterblichen zu lockern. Im Gegenteil: Sie sollen sogar noch strenger werden. Davor warnt der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Laut BDL plant die Bundesregierung „eine nationale Verschärfung der Maskenpflicht, durch die Passagiere im Flugzeug künftig nur noch FFP2-Masken tragen dürfen“. Das würde bedeuten: Die bisher noch erlaubten, lockerer sitzenden OP-Masken wären dann an Bord nicht mehr zulässig.

Der Branchenverband kritisiert dieses Vorhaben als weder verhältnismäßig noch nachvollziehbar. „Die Maskenpflicht ist schon heute vielen Passagieren nur schwer vermittelbar. Denn in kaum einem anderen europäischen Land gibt es noch eine Maskenpflicht an Bord von Flugzeugen“, schreibt der BDL in einer aktuellen Stellungnahme. „Auch die europäischen Behörden sehen hierfür keine Veranlassung. Zudem ist das Infektionsrisiko an Bord eines Flugzeugs aufgrund hochleistungsfähiger Lüftungssysteme sowie HEPA-Filter sehr viel geringer als in den meisten anderen Lebens- und Arbeitsbereichen.“

Maskenlose Freiheit

Spannend wird nun: Werden die Staatsbesucher auf dem Rückflug von Kanada ihre Masken aufsetzen? Zumindest, solange die Kameras an sind?

Bitte nicht. Stattdessen sollten Kanzler Scholz und seine Ampelkoalition sich dazu durchringen, dem Bürger zu erlauben, was sie sich selbst gönnen: maskenlose Freiheit – unter und über den Wolken.  

 

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