Große Koalition plant ein Lobbyregister - Der Traum vom legislativen Fußabdruck

Nach dem Masken-Skandal will die Große Koalition endlich ein Lobbyregister einführen. Lobbyisten sollen künftig Angaben zu ihren Auftraggebern machen. Organisationen wie Abgeordnetenwatch oder LobbyControl geht das aber noch nicht weit genug.

Georg Nüßlein tritt nach Offenlegung der Maskenaffäre aus der CSU aus. / dpa
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Sina Schiffer studiert an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn Politik und Gesellschaft und English Studies. Derzeit hospitiert sie bei Cicero. 

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Das Parlament ist das Herzstück jeder Demokratie. Hier werden neue Gesetze ausgehandelt und verabschiedet. Aber nicht nur hier tauschen sich Abgeordnete mit Interessenvertretern aus Wirtschaft und Gesellschaft aus, sondern auch hinter verschlossenen Türen. Dieser Lobbyismus ist Teil jedes demokratischen Prozesses.

Allerdings sollte genau das nicht hinter verschlossenen Türen geschehen. Die jüngsten Korruptionsvorwürfe gegen Unionspolitiker zeigen, dass der Skandal um Phillip Amthor kein Einzelfall war. Georg Nüßlein soll einen Maskenhersteller an Ministerien vermittelt und dafür selber 660.000 Euro kassiert haben. Er beugt sich dem Druck und tritt aus der CSU aus. Auch Nikolas Löbel, ebenfalls Mitglied der Unionsfraktion, soll 250.000 Euro für die Vermittlung von Masken eingefordert haben.

Auch er legt sein Bundestagsmandat nach Offenlegung der Maskenaffäre mit sofortiger Wirkung nieder. Nachdem sich die Unionsfraktion jahrelang gegen strengere Lobby-Regeln gewehrt hatte, hatten sie schon nach der Amthor-Affäre verkündet, sie wollten noch in dieser Legislaturperiode ein Transparenzregister, auch Lobbyregister genannt, auf den Weg bringen. Danach hat man davon nichts mehr gehört. Erst die neuen Skandale haben diese Forderung jetzt wieder auf die Tagesordnung gebracht. 

Was ist ein Lobbyregister?

Unter einem Lobbyregister versteht man eine frei zugängliche Datenbank, in der sich professionell agierende Interessensvertreter eintragen müssen, noch bevor sie Kontakt zu der Politik aufnehmen. In vielen Ländern wie den USA oder Kanada gibt es ein solches Register bereits. In dem Lobbyregister, das in Deutschland beim Bundestag angesiedelt sein soll, müssen Lobbyisten ihren Namen hinterlegen und kenntlich machen wer ihr Arbeits- und Auftraggeber ist. Falschangaben oder überhaupt keine Angaben sollen zukünftig mit einem Bußgeld bestraft werden.

Während es in einem früheren Entwurf der Regierungsparteien noch hieß, dass sich nur diejenigen Lobbyisten eintragen müssen, die auch mit Abgeordneten und Fraktionen interagieren, sieht die aktuelle Einigung der Unionsparteien und SPD noch etwas anderes vor. Auch die Einflussnahme der Lobbyisten auf die Bundesregierung oder die Ministerien muss in Zukunft kenntlich gemacht werden. Bis jetzt haben sich die Regierungsparteien aber nur dazu geäußert, dass sie sich überhaupt geeinigt haben. Einige Details bleiben also weiterhin unklar.

Kritik bleibt nicht aus

Folgt man den Einschätzungen der Experten und Wissenschaftler, so wird die Kritik gegenüber dem Lobbyregister nicht ausbleiben. Die neuen Offenlegungen der Lobbyisten im Lobbyregister bleiben noch weit hinter den Forderungen von Verbänden wie LobbyControl oder Transparency International zurück. Denn das eigentliche Problem wird auch mit der Neuerung nicht verschwinden. Man erfährt zwar, welche Interessensvertreter im Parlament und den Ministerien ein und ausgehen, doch wird nicht offengelegt, zu welchen Themen. Man wird zwar wissen, wer sind die Lobbyisten, aber worüber gesprochen wird, darüber gibt auch das Lobbyregister keine Auskunft. 

Lobbyisten müssen zudem eine Kontaktaufnahme nur angeben, wenn dieser bis zur Ebene des Unterabteilungsleiter reicht. Das heißt, spricht ein Lobbyist lediglich mit einem Referenten oder Sachbearbeiter, so müssen sie diese Kontaktaufnahme nicht kenntlich machen. Das würde im Umkehrschluss heißen, dass eine Einflussnahme hinter verschlossenen Türen immer noch möglich wäre.

Transparenz durch legislativen Fußabdruck

Aufgrund der Schwächen des Entwurfes der Regierungsparteien für ein Lobbyregister, fordern unter anderem Abgeordnetenwatch und Lobbycontrol eine Nachjustierung des Verfahrens. Lobbyisten sollten in Zukunft alle ihre Kontakte offenlegen müssen.

Des Weiteren fordern die Organisationen einen legislativen Fußabdruck, der es ermöglichen soll die Verbindung zwischen Lobbyisten und einem konkreten Gesetz offenzulegen. Die damit einhergehende Transparenz für die Bürger soll gleichzeitig Vertrauen zu den Parteien schaffen. Einen solchen legislativen Fußabdruck gibt es bis jetzt in noch keinem Land. Inwieweit welche Einflussnahme oder Interessensvertretung in einem Gesetzesentwurf mündet, bleibt schwierig nachzuvollziehen.

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