Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern - Klarer Sieg für Schwesig

Die Sozialdemokratin Manuela Schwesig bleibt aller Voraussicht nach Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern. Mit einem deutlichen Sieg bei der Landtagswahl in dem nordostdeutschen Bundesland widersetzt sie sich dem Negativtrend der Volksparteien. Wie hat sie das geschafft?

Manuela Schwesig (SPD) in der Warteschlange für die Stimmabgabe / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Ulrich Thiele ist Politik-Redakteur bei Business Insider Deutschland. Auf Twitter ist er als @ul_thi zu finden. Threema-ID: 82PEBDW9

So erreichen Sie Ulrich Thiele:

Anzeige

Erneut unterläuft ein Bundesland die These vom angeblichen Ende der Volkparteien. Nachdem im Juni bereits Reiner Haseloff für die sachsen-anhaltische CDU 37,1 Prozent holte, erreicht die SPD in Mecklenburg-Vorpommern laut ZDF-Prognose ebenfalls fast die 40-Prozent-Marke. Erwartungsgemäß deutlich setzen sich die Sozialdemokraten um Ministerpräsidentin Manuela Schwesig bei den Landtagswahlen in dem nordostdeutschen Bundesland mit voraussichtlich 39 Prozent der Stimmen durch.

Das bedeutet ein Plus von 8,4 Prozent im Vergleich zur Landtagswahl 2016 – Schwesig ist damit sogar nah dran am historisch besten Ergebnis der Sozialdemokraten in Meck-Pomm. 2002 holte Harald Ringstorff mit der SPD 40,6 Prozent. Auch damals fielen Landtags- und Bundestagswahl zusammen. Schwesigs Ergebnis ist umso bemerkenswerter, als es 2002 noch keine AfD gab, die mit ihren Erfolgen die anderen Parteien schwächte.

Mediale Omnipräsenz

Wie hat sie das geschafft? Ein nicht unwesentlicher Grund ist Schwesigs mediale Omnipräsenz. Die Ministerpräsidentin ist bekannt als Machtpolitikerin, die mit harter Hand regiert. Ihr Erfolg ist auch der Schwäche ihrer Konkurrenz zuzurechnen – außer Schwesig fand in den letzten Monaten kaum jemand in den Medien statt. Wann immer es etwas zu verkünden gab, überließ Schwesig das nicht ihren Ministern, sondern tat es auf Pressekonferenzen höchstselbst. Während das unter ihren SPD-Kollegen mitunter für Bauchgrummeln sorgte, setzte sie damit ihren Koalitionspartner CDU Schachmatt. Dass er überhaupt mit am Kabinettstisch sitzt, war über Monate öffentlich nicht mehr zu bemerken. Das Weiterbestehen des Modells Volkspartei basiert also – wie in Sachsen-Anhalt – auch auf einem gewissen Grad an Personenkult.

Hinzu kommt aber auch, dass Mecklenburg-Vorpommern relativ gut durch die Corona-Krise gekommen ist, was ebenfalls Schwesig zugerechnet wird. Die 47-Jährige nahm bei den Bund-Länder-Konferenzen mit Merkel eine führende Rolle ein. Auf dem Höhepunkt der Krise fiel sie zudem durch Kritik an der Kanzlerin auf, als der Impfstoff fehlte: „Ich bin total enttäuscht, wie das gelaufen ist. Da würde ich mir eher wünschen, dass Frau von der Leyen, Frau Merkel und Herr Spahn sagen: das ist schlecht gelaufen“, sagte sie bei Maybrit Illner. Die Kritik an ihrem harten Kurs hat sie offenbar nicht geschwächt. Etwa dafür, dass sie im Mai – anders als Schleswig-Holstein – trotz gesunkener Inzidenzen den Tourismus nicht wieder stärker zulassen wollte.

AfD und Linke zweistellig

Zweitstärkste Kraft ist die AfD mit ihrem Fraktionschef Nikolaus Kramer. Trotz heftiger innerparteilicher Querelen erreicht der 44-jährige Polizist laut Prognose immerhin noch 17 Prozent – ein Minus von 3,8 Prozent im Vergleich zu 2016. Damit ist die Partei nicht so stark wie in anderen ostdeutschen Bundesländern, liegt aber noch immer weit über dem bundesweiten Durchschnitt. Zu den Querelen: In den vergangenen Wochen hatte der parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Ralph Weber, seine Parteikollegen in den sozialen Medien mit schweren Vorwürfen überzogen, nachdem er von der Partei nicht erneut aufgestellt worden war.

Einen herben Verlust muss die CDU hinnehmen, die dem bundesweiten Abwärtstrend der Christdemokraten vorauseilt. Mit voraussichtlich 14 Prozent und einem Minus von 5 Prozent ist die Partei nur drittstärkste Kraft. Und das, obwohl die scheidende Kanzlerin seit Jahrzehnten ihren Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern hat. Der Wahl ging ein plötzlicher Wechsel an der Spitze der Landespartei voraus: Nachdem Philipp Amthor wegen seiner Lobbyarbeit für ein New Yorker Start-up-Unternehmen seine Ambitionen zurückstellen musste, übernahm der 48-jährige Michael Sack, Bauingenieur und Landrat aus Demmin, überraschend die Spitzenkandidatur.

Auch Die Linke hat mit voraussichtlich nur noch 10 Prozent wie die CDU eine Niederlage zu verzeichnen. Trotz aller Versuche der 52-jährigen Schulleiterin Simone Oldenburg, die rot-schwarze Bildungspolitik massiv zu kritisieren, fährt sie ein Minus von 3,2 Prozent ein.

Mehrere Koalitionsoptionen

Spannend ist nun die Frage, mit wem Manuela Schwesig regieren wird. Denn der Schweriner Landtag wächst von vier auf sechs Parteien. Die FDP (6 Prozent) um ihren Spitzenkandidaten René Domke schafft nach zehn Jahren Abwesenheit wohl wieder den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde. Das Gleiche gilt für die Grünen (6,5 Prozent). Nach dem verpassten Einzug 2016 ist die Partei der Spitzenkandidatin Anne Shepley voraussichtlich wieder im Schweriner Landtag vertreten.

Schwesig könnte das rot-schwarze Bündnis fortsetzen, ein Ampelbündnis mit Grünen und FDP oder theoretisch auch ein rot-rotes Bündnis mit den Linken scheinen rechnerisch möglich. Die Koalitionsfrage ließ die Ministerpräsidentin im Wahlkampf offen, nur ein Bündnis mit der AfD schloss die Sozialdemokratin kategorisch aus.

Dass Schwesig im Herbst an den Kabinettstisch im Kanzleramt wechselt, wie manche vermuten, ist unwahrscheinlich. Während ihres Wahlkampfes hat sie sich festgelegt und warb auf Großplakaten mit „Die Frau für MV“.

Anzeige