CDU-Politiker nach Konzertverbot für „Feine Sahne Fischfilet“ - „Von rechten Aufrufen wusste ich ehrlich gesagt gar nichts“

CDU- und AfD-Politiker hatten sich gegen ein ZDF-Konzert der Band „Feine Sahne Fischfilet“ im Bauhaus Dessau ausgesprochen. Das Bauhaus verbietet nun die Veranstaltung. Sven Schulze, CDU-Generalsekretär von Sachsen-Anhalt, verteidigt das Vorgehen und greift AfD und Medien an

Hassfigur der Rechten: Jan Gorkow, der Sänger von „Feine Sahne Fischfilet“ / picture alliance
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Antje Hildebrandt hat Publizistik und Politikwissenschaften studiert. Sie ist Reporterin und Online-Redakteurin bei Cicero.

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Bastian Brauns leitete das Wirtschaftsressort „Kapital“ bei Cicero von 2017 bis 2021. Zuvor war er Wirtschaftsredakteur bei Zeit Online und bei der Stiftung Warentest. Seine journalistische Ausbildung absolvierte er an der Henri-Nannen-Schule.

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Herr Schulze, warum hat die Bauhaus-Stiftung der linken Punkband Feinesahnefischfilet verboten, im Bauhaus ein Konzert zu geben, das vom ZDF mitgeschnitten werden sollte?  
Diese Frage müssen Sie der Stiftung selbst stellen. Ich spreche hier nur für den Landesverband der CDU Sachsen-Anhalt. Wir sind der Meinung, dass das eine Band ist, die unter anderem Polizeigewalt in ihren Texten verherrlicht. So etwas hat im Bauhaus nichts zu suchen.

Sie spielen auf dieses eine Lied an, in dem von Knüppeln die Rede ist, die „Bullen in die Fresse kriegen“ sollen. Von dieser Zeile  hat sich die Band inzwischen distanziert. Sie wird auch nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet.
Sich davon zu distanzieren, ist das eine. Aber das Zitat steht im Raum. Die Band wird damit noch immer in Verbindung gebracht. Sie kann damit gerne irgendwo anders auftreten. Aber nicht im Bauhaus.

Wenn das Bauhaus ein politisch sensibler Ort ist, ist es das gebührenfinanzierte ZDF dann nicht erst recht?
Aus meiner Sicht war es ein Fehler des ZDF, diese Band einzuladen. Die hätten wissen müssen, welche Auswirkungen das hat.

Werden Liedtexte nicht von der Kunstfreiheit geschützt?
Doch, aber wir haben mit der Band eben ein Problem. Was mich persönlich ärgert, dass die Medien jetzt von einer konzertierten Zusammenarbeit von CDU und AfD gegen das Konzert berichten. Für mich ist es erst einmal uninteressant, was andere Parteien zu dem Thema sagen. Ich habe die Meinung der CDU wiedergegeben. Und wir meinen, dass diese Band nicht ins Bauhaus gehört. 

Warum eigentlich nicht? Die Bauhaus-Architekten wurden einst von den Nationalsozialisten vertrieben. Sollte das Bauhaus heute die Kunstfreiheit nicht schon allein deshalb gegen Rechts verteidigen?
Das kann man so sehen. Aber ich stelle auch mal die Gegenfrage: Was wäre denn gewesen, wenn dort eine Band hätte spielen sollen, die nicht dem linken Lager, sondern dem rechten Lager zuzuordnen wäre? Dann wäre es sehr wahrscheinlich noch zu viel massiveren Protesten gekommen, aber eben von der linken Seite. Also ist es wahrscheinlich die beste Lösung, dass im Bauhaus eine Band erst gar nicht auftritt, die dem linken oder dem rechten Lager zugeordnet werden kann. 

So aber entsteht der Eindruck, ausgerechnet die Bauhaus-Stiftung knickt unter den Protesten von Rechten ein – und duckt sich weg. Ist das nicht das falsche Zeichen?
Ich finde es auch nicht gelungen, dass die Bauhaus-Stiftung in ihrem Statement schreibt, man habe festgestellt, dass rechte Gruppierungen aus dem regionalen Umfeld in sozialen Medien gegen das Konzert mobilisieren wollen. Ich hätte von Vornherein eher mit der kritisierten Liedzeile argumentiert – und nicht mit der Angst vor rechten Protesten.

Aber im Stiftungsrat sitzen ja auch CDU-Mitglieder, unter anderem Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra. Wer hat denn die Entscheidung getroffen, das Konzert abzusagen?
Die Frage müssen Sie dem Stiftungsrat stellen. Ich habe nur das geäußert, was wir in der Partei denken.

Rainer Robra hat heute im Interview mit dem Radiosender MDR Kultur behauptet, die Direktorin der Stiftung hätte die Entscheidung alleine getroffen. Kann es sein, dass die CDU jetzt, wo die Absage einen Sturm der Entrüstung entfacht hat, die Verantwortung abzuschieben versucht?
Nein, das sehe ich nicht so.

Aber es ist doch merkwürdig, dass auch Sie erst die Absage des Konzertes gefordert hatten, als rechte Gruppen längst in sozialen Netzwerken gegen das Konzert mobil gemacht hatten.  
Von diesen Aufrufen der Rechten wusste ich ehrlich gesagt gar nichts. Mir ging es darum, dass diese Band dort nicht auftreten sollte, weil das auch die Meinung unserer Partei ist. Ich habe mir natürlich rechtzeitig Hintergrundinformationen über das Konzert besorgt. Die Mitteldeutsche Zeitung hatte ja schon am 12. Oktober über das geplante Konzert berichtet. Ich bin mit meinen Informationen nur nicht gleich an die Öffentlichkeit gegangen.

Aber so haben Sie der AfD und rechten Gruppierungen die Empörung überlassen. Und auch die Absage des Konzerts verbucht die AfD nun als ihren Erfolg. Auf seiner Facebook-Seite schreibt der AfD-Bundestagsabgeordnete Andreas Mrosek aus Dessau: „AfD wirkt!“ Ärgert Sie das nicht?
Wissen Sie, die AfD schreibt bei jeder Sache, die entschieden wurde: „AfD wirkt!“ Diese Partei bringt jedes Thema mit Migration und Ausländern zusammen. Sie bringt dieses Bundesland in keiner Weise voran.

Würden Sie die AfD als rechtsextrem bezeichnen?
Ja, diese Partei ist immer wieder rechtsextrem unterwegs. Um das erkennen, muss man sich nur unsere Landtagsdebatten anschauen. Auch die verschiedenen Äußerungen von André Poggenburg sprechen für sich.

Sie klingen wütend.
Ich kenne diese Leute seit fünf Jahren aus dem Europa-Parlament. Das sind Populisten. Das sind Leute, die sich immer irgendwo dranhängen und meinen, weil sie irgendwas gefordert haben, wäre das auch umgesetzt worden. Diese Bauhaus-Absage hat mit der AfD gar nichts zu tun. Das war meine Forderung, und ich bin Generalsekretär der CDU. Wenn die AfD meint, das wäre ihr Verdienst, ist sie auf dem Holzweg.

Aber es bleibt der Eindruck, dass die AfD getrommelt hat – und die CDU ist marschiert.
Es regt mich wirklich auf, dass Medien seit Monaten eine gemeinsame Sache zwischen AfD und CDU immer wieder versuchen herbeizuschreiben, zuletzt gestern Spiegel Online. Aber das ist doch völliger Schwachsinn. Wenn die Medien sowas schreiben, müssen sie sich doch nicht wundern, dass wir solche Diskussionen kriegen.

Wenn es um den Kampf gegen Links geht, ziehen Sie mit der AfD aber auch im Parlament an einem Strang. CDU-Mitglieder hatten einem Antrag der AfD zugestimmt, eine Enquete-Kommission gegen Linksextremismus einzurichten. Sogar die Kanzlerin empörte sich darüber.
Einige wenige Abgeordnete hatten diesem Antrag zugestimmt. Dieses Abstimmungsverhalten hatte aber keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis. Es gibt aber grundsätzlich keine Zusammenarbeit mit der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt.

Die AfD ist mit 24 Prozent der Stimmen die stärkste Oppositionspartei im Landtag. Schließen Sie eine Koalition mit der Partei aus?
Vor drei Wochen erst haben wir uns klar dazu geäußert, dass es mit uns als CDU keine Zusammenarbeit mit der AfD geben wird – weder jetzt noch nach der nächsten Landtagswahl 2021.

In Sachsen sieht man das lockerer. Der neue  CDU-Fraktionschef Christian Hartmann hat in einem Interview gesagt, er schließe eine Koalition mit der AfD nicht aus.
Herr Hartmann hat gesagt, die AfD sei der politische Hauptgegner. Er könne aber eine Koalition für die Zukunft nicht ausschließen. Und daraufhin haben sich sowohl der sächsische Parteivorsitzende als auch die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer gesagt: „Es gibt in der Zukunft keine Zusammenarbeit mit der AfD.“

Das sagen Sie als CDU-Generalsekretär. Können Sie ausschließen, dass es bei den Abgeordneten ihrer Fraktion nicht doch Sympathien für die AfD gibt?
Ich spreche für die CDU in Sachsen-Anhalt, nicht für alle Abgeordneten persönlich. Da müssen Sie jeden Einzelnen selber fragen.  

Das ZDF hat nun angekündigt, einen neuen Ort in Sachsen-Anhalt zu suchen, um das Konzert mit Feine Sahne Fischfilet für eine Live-Konzert-Reihe mitzuschneiden. Was ist denn, wenn die Rechten dort auch wieder Veranstalter unter Druck setzen?
Das kann man nicht ausschließen.

Das klingt nach Kapitulation. Ein ganzes Land lässt sich von Rechten diktieren, wo und wie Konzerte stattfinden sollen?
Sorry, aber wenn die Rechten dagegen demonstrieren wollen, dann ist das ihr gutes Recht. Den Leuten, die dort hingehen, kann man nur raten: Schaut Euch an, mit wem ihr da gemeinsame Sache macht!

Nach der Absage des Konzertes wurde ein Hakenkreuz ans Bauhaus geschmiert. Was können Sie als CDU denn tun, um diesen Rechtsruck stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und auch dem Bauhaus den Rücken im Kampf gegen Rechts zu stärken?
Dinge wie die Hakenkreuzschmierereien müssen natürlich aufgeklärt werden. Dafür gibt es den Rechtsstaat. Den stärken wir in Sachsen-Anhalt gerade, indem wir mehr Polizisten und Richter einstellen. Das Land ist in diesem Punkt stark. Das haben doch die Reaktionen der Menschen in Köthen gezeigt, wo ein 22-jähriger Deutscher nach einer Auseinandersetzung mit Afghanen an akutem Herzversagen starb. Da sind Menschen auf die Straße gegangen und haben gesagt: „Wir wollen nicht, dass hier eine Vorverurteilung stattfindet. Hier ist ein Verbrechen passiert, und das muss aufgeklärt werden.“ Da hat sich das Land von seiner starken Seite gezeigt.

2019 feiert Dessau das 100-jährige Gründungsjubiläum des Bauhauses. Ist es nicht schade, dass es jetzt ausgerechnet auf diese Weise Prominenz erfährt?
Ja, aber aus meiner Sicht hätte man sich vorher überlegen müssen, wen man da einlädt. Jeder, der die Band „Feine Sahne Fischfilet“ kennt, weiß doch, dass Ärger programmiert ist.

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