Deutschland - Ewiger Weltmeister des Bösen und Schlechten

Egal ob beim Antisemitismus, beim Klimaschutz, bei der Migration oder bei der Integration. Wenn etwas schlecht läuft, fühlen sich die Deutschen immer für alles schuldig und verantwortlich. Das ist an sich ehrbar, ist aber zur Obsession geworden.

Für manche scheint „deusch“ ein Synonym für „böse“ zu sein / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Vergangenes Wochenende feierten auch in Deutschland wie jedes Jahr muslimische Israelhasser den Al-Quds-Tag, um wie jedes Jahr dem Ziel der Auslöschung Israels zu huldigen. Der Schandtag bot abermals Anlass über zunehmenden Antisemitismus in Deutschland zu debattieren.

Und hier wird es kurios. Denn, ja: Es gibt seit langem widerlichen Antisemitismus in diesem Land, und es ist eine Schande, dass schon seit Jahrzehnten jüdische Einrichtungen Tag für Tag von der Polizei geschützt werden müssen. Denn, ja: Es gibt widerlichen Antisemitismus von linksaußen und rechtsaußen in diesem Land. Ebenso klar aber ist, dass der Anstieg des Antisemitismus in jüngster Zeit mit der muslimischen Migration zusammenhängt und einer damit einhergehenden Radikalisierung. Jedenfalls spricht bei Benutzung des gesunden Menschenverstands alles dafür, dass es da einen kausalen Zusammenhang gibt.

Lieber den Splitter im eigenen Auge sehen

Es ist eine sehr deutsche Spezialität, unter allen Umständen lieber den Splitter im eigenen Auge zu sehen als den Balken im Auges das anderen. Für dieses Verhaltensmuster gibt es grundsätzlich drei berechtigte Gründe: zwei angezettelte Weltkriege und einen monströsen Genozid. Dafür trägt dieses Land Schuld und auch die Nachgeborenen Verantwortung. Weltweit stellt niemand ernsthaft in Abrede, dass sich Deutschland mit dieser Schuld ohne Wenn und Aber auseinandergesetzt hat. Das kann man nicht von allen Gemeinwesen, Ländern und Entitäten sagen, die Genozide zu verantworten haben.

Aber ist das ein Grund, jederzeit und für alles zuerst schuld und verantwortlich zu sein? Es sieht fast so aus, als achteten viele, die sich an der öffentliche Debatte beteiligen, darauf, dass der Weltmeistertitel des Bösen und Schlechten unbedingt in deutscher Hand bleiben müsse. Um sich daraus eine Warte moralischer Erhöhung zu bauen.

Deutschland eine hartherzige Festung?

Beispiel Klimaschutz: Man könnte in diesen Tagen und Wochen des Greta-Grün den Eindruck gewinnen, von diesem Land ginge zuallererst der menschengemachte Anteil des Klimawandels aus. Dabei, man möge mich gerne widerlegen: Wo bitte, gibt es sonst auf der Welt ein Land, dass bei so wenig Ressourcen an CO2-freier Energiegewinnung (Wasser, Sonne, Wind) so viel schon dafür getan hat, um die Dinge zum Besseren zu wenden?

Beispiel Migration und Integration: Kein anderes Land der Welt, das nicht unmittelbare Grenzen mit der Region hat, hat derart viele Flüchtlinge und Migranten aufgenommen und bestmöglich versorgt. Und doch wird von manchen der Eindruck erweckt, als verhalte sich Deutschland wie eine hartherzige Festung des Wohlstands gegenüber denen, die aus nachvollziehbaren Gründen ein besseres Leben suchen.

Verstellter Blick auf die Realität

Ähnliches gilt für die Integration: Wenn sie nicht klappt, dann liegt das immer zuerst an den Angeboten, aber nie an der Nachfrage. Zur Integration gehören aber immer zwei: Diejenigen, die aufnehmen, und diejenigen, die in eine Gesellschaft voll aufgenommen werden wollen.

Es ist eine ehrbare menschliche und damit auch gesellschaftliche Charaktereigenschaft, den Fehler immer zuerst bei sich und nicht zuerst bei den anderen zu suchen. Es ist aber eine gefährliche Fehlentwicklung, wenn diese kollektive Eigenschaft zur Obsession wird und den Blick auf die Realitäten verstellt. Oder verstellen soll. 

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