SPD und die Grundrente - Hubertus Heil als Hui Buh

Hubertus Heil spielt für die SPD Schlossgespenst und holt vor dem Wahlsonntag wieder seine Grundrente aus dem Fundus. Die Nummer ist so durchsichtig wie billig. Sie wird aber zum Dauerschlager der SPD werden. Bis hin zur Bundestagswahl, oder einem kalkulierten Bruch der Koalition

Für den Film „Hui Buh“ spielte Hans Clarin den Kastellan. Für die SPD spielt Hubertus Heil das Schlossgespenst / picture alliance
Anzeige

Autoreninfo

Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

So erreichen Sie Christoph Schwennicke:

Anzeige

Erinnert sich noch jemand an Hans Clarin, den Schauspieler mit der einzigartigen Stimme? Clarin war nicht nur Meister Eders Pumuckl, sondern auch Hui Buh, das leicht depressive Schlossgespenst mit der rostigen Rasselkette, das dazu verdammt war, den Schlossbewohner und Besuchern Nacht für Nacht einen Schrecken einzujagen. „Hui Buuh!!!“ krakeelte Hans Clarin unnachahmlich aus den Lautsprechern, wenn die wieder und wieder gespielten Schallplatten sich auf dem Teller drehten.

Das Hui Buh der SPD heißt Hubertus Heil. Und die rostige Rasselkette des Arbeits- und Sozialministers ist die Grundrente, die bei der SPD wohlklingend Respektrente heißt. Sie ein Geschenk an Menschen mit einer unwürdigen Minirente nach einem langen Arbeitsleben. Sie kostet vier Milliarden Euro im Jahr, jedenfalls in der Variante der SPD. Der Koalitionspartner CDU/CSU besteht auf einer so genannten Bedürftigkeitsprüfung, was erstens sozial viel gerechter ist und zweitens den Kreis der Empfänger einschränkte, also auch die Kosten senkte. So steht es auch im Koalitionsvertrag.

Scholz wird zum Milchmädchen

Heil aber schwingt weiter seine Rasselkette. Besonders gern vor Wahlen. Bemerkenswerterweise hilft ihm dabei Olaf Scholz, der Finanzminister. Bemerkenswert deshalb, weil Scholz eigentlich seriös mit Geld umgeht. Deshalb ist er auch nicht zu Unrecht der Wächter des Tresors in der Großen Koalition.

Für Heils Gespensternummer aber verwandelt sich der seriöse Scholz in ein Milchmädchen. Die vier Milliarden werden hier und da ordnungspolitisch fragwürdig zusammengekratzt. Die fehlende Milliarde wird durch zwei Luftbuchungen erbracht: eine europäische Finanztransaktionssteuer, eine Steuer, die es noch gar nicht gibt. Und eine Steuer(erleichterung) für Hoteliers, die als „Mövenpicksteuer“ ins kollektive Bewusstsein eingegangen ist.

Lupenreiner Linkspopulismus

Über die europäische Finanztransaktionssteuer, unter Fachleuten nach ihrem Erfinder als Tobin Tax bekannt, wird seit Jahrzehnten geredet. Ob sie europäisch je kommt, ist offen. Die Steuererleichterung für Hotelbetriebe geht zurück auf die letzte schwarzgelbe Koalition von 2009. Dieses dubiose Wahlgeschenk ist damals politisch schmerzhaft mit der FDP nach Hause gegangen. Noch mehr betrieben wurde sie aber von der CSU – wegen der Nähe zu Österreich, wo die Bayern einen steuerlichen Standortvorteil argwöhnisch beäugten und beheben wollten. Die CSU ist bekanntlich im Unterschied zur FDP weiterhin an der Koalition beteiligt und wird sich nicht so ohne weiteres von dieser branchenspezifischen Steuersenkung verabschieden.

Das aber ist Heil und Scholz und Parteichefin Andreas Nahles am Ende völlig egal. Sie benutzen dieses Projekt vor allem als Wahlkampfinstrument. Bis hin zur Bundestagswahl, wann immer die stattfinden wird. Außerdem liegt die Grundrente jetzt jederzeit parat, einen Koalitionsbruch inhaltlich zu begründen.

Das alles ist besonders schäbig aus der Regierung heraus. Bei der Opposition drückt man da leichter mal ein Auge zu, weil deren Wahlkampfmöglichkeiten beschränkter sind als jene von Regierungsparteien. Es ist das Gegenteil von verantwortungsbewusster Politik: lupenreiner Linkspopulismus.

Anzeige