Frauenquote in der CDU - Mehr Gerechtigkeit. Und mehr Mittelmäßigkeit

Wenn man sich mehr Exzellenz in der Politik wünscht, dann sind Quoten Gift. Bei der CDU kommt noch die himmelschreiende Inkonsistenz hinzu, dass die Parität ausgerechnet auf dem Parteitag beschlossen werden soll, auf dem nur Männer für den Vorsitz kandidieren.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Angela Merkel: Wo ist die nächste Frau, die den offenen Wettbewerb mit den Männern sucht? / dpa
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Um mit einem Geständnis zu beginnen: Ich habe keine eindeutige Meinung zur Frauenquote. Es gibt triftige Gründe dafür, Frauen besser und zahlreicher in politischen ebenso wie wirtschaftlich relevanten Positionen vertreten zu sehen. Und wenn einer guten und für richtig befundenen Sache zum Durchbruch verholfen werden soll, dann ist das Mittel der Subvention manchmal nicht nur legitim, sondern auch unvermeidlich. 

Mit der Frauenquote verhält es sich aber anders als mit einer neuen Technologie. Eine Technologie kann man für wegweisend und überlegen in der Zukunft halten und sie deshalb in der Gegenwart fördern. Bei Frauen aber ist es wie bei Männern: Es gibt exzellente und es gibt mediokre.

Zu viel Mittelmäßigkeit

Das ist an und für sich nicht schlimm und ganz normal. Wenn ich aber das Geschlecht zum Auswahlkriterium mache, dann ist die Gefahr, dass in einer ersten Phase zu viel Mittelmäßigkeit in Positionen kommt, in die sie eigentlich nicht gehören. 

Das Exzellenzprinzip hat in der Politik und im Parlament ohnehin einen schweren Stand. Viele exzellente Leute gehen erst gar nicht dorthin, weil es ihnen dort zu zäh zugeht, die Verdienstmöglichkeiten vergleichsweise gering und die Aufstiegschancen unsicher sind und vor allem: nur schwer durch eigene Leistung beeinflussbar.

Die Quote verschärft den Missstand

Die unseligen Listen und das Gekungel darum unterminieren den echten Wettbewerb und damit jede Auswahl nach dem Bestenprinzip. Es kommt dabei heraus, was Gerhard Schröder einmal das „Kartell der Mittelmäßigkeit“ innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion nannte. Dieser Missstand wird durch die Quote verschärft. Das ist keine Aussage über den Anteil der Exzellenten unter den Frauen. Dieser Missstand würde sich genauso ergeben, müsste man in einem Matriarchat eine Männerquote einführen. 

Er hat sich in den 20 Jahren der Angela Merkel in CDU und Regierung auch schon erwiesen. Merkel, das müssen ihr auch schärfste Kritiker attestieren, ist fraglos eine absolute Ausnahmepolitikerin. Sie hat sich diesen Weg nach oben gebahnt und sich dort zwei Jahrzehnte gehalten. Niemand schafft das ohne Exzellenz.

Maternalismus ist so falsch wie Paternalismus

Sie hat aber über die Jahre in ihrem Einflussgebiet Frauen in Führungspositionen gebracht, die dafür keine Eignung mitbrachten. Sondern nur das richtige Geschlecht. Oder könnte jemand aus dem Stand sagen, wie die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung heißt und was sie den ganze Tag so macht? (Zumindest der erste Teil der Frage sei beantwortet: Sie heißt Annette Widmann-Mauz und ist zugleich Vorsitzende der Frauenunion). Merkel hat an vielen Stellen Maternalismus betrieben. Der ist ebenso falsch wie Paternalismus.  

Wenn man sich insgesamt mehr Exzellenz in der Politik und in den Parteien wünscht, dann sind Quoten Gift. Männerquote, Frauenquote, Jugendquote, Quoten der sexuellen Orientierung. In der Besten aller Welten, in der leider nur Leibniz lebte, aber nicht wir, sollten all diese Merkmale überhaupt keine Rolle spielen. Weil wir, wenn wir ehrlich sind, wissen, dass es eben aber auch Diskriminierung gibt, kann man dieses Mittel nicht per se ablehnen. 

Ein doppeltes Armutszeugnis

Aber auf die Nachteile hinweisen darf man. Und auf eine himmelschreiende Inkonsistenz in der CDU. Die Partei verschreibt sich eine Frauenquote, über die bei einem Parteitag abgestimmt wird, bei der nur Männer als Bewerber um den Parteivorsitz antreten. Wo ist die Frau, die sich in der CDU ein Herz fasst und den offenen Wettbewerb mit den Männern sucht, so wie das zuletzt Annegret Kramp-Karrenbauer erfolgreich und mit hohem persönlichen Einsatz getan hat? 

Mag sein, dass sich Parteistrategen ausmalen, damit wäre dann alles wieder im Lot. Einen Mann als neuen Vorsitzenden gewählt, Frauenquote eingeführt. Dabei ist genau dieses Ergebnis ein doppeltes Armutszeugnis nach 20 Jahren Frauenvorsitz in der Christlich-Demokratischen Union. Dem Wettbewerb gehen die Nachfolgerinnen von Merkel und AKK aus dem Weg. Dafür bekommen sie eine doppelt so hohe Sitzplatzgarantie im Bundestag im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen. Der Frauenanteil in der CDU-Mitgliedschaft beträgt 26 Prozent. 

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