Die Grünen - Regieren ohne zu regieren

Seit mittlerweile fast anderthalb Jahrzehnten sind die Grünen zwar an keiner Bundesregierung mehr beteiligt, trotzdem haben sämtliche Koalitionen das bündnisgrüne Parteiprogramm durchgesetzt. Wie ist das zu erklären?

Wie ist der Höhenflug der Grünen zu erklären?
Anzeige

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

So erreichen Sie Alexander Marguier:

Anzeige

Die mit Abstand stärkste politische Kraft im Land sind zweifelsfrei die Grünen. Dieser Befund hat zunächst einmal nichts mit den derzeitigen Umfragewerten zu tun. Denn ob die Grünen dort bei 25 Prozent stehen oder ob sie (wie bei der letzten Bundestagswahl) nur echte 8,9 Prozent holen – Fakt ist: Keine andere Partei hat sowohl den Zeitgeist wie auch die praktische politische Agenda derart fest im Griff wie die Grünen.

Seit mittlerweile fast anderthalb Jahrzehnten sind sie zwar an keiner Bundesregierung mehr beteiligt, aber das wäre auch überhaupt nicht nötig gewesen. In unweiser Voraussicht haben zwischenzeitlich nämlich sämtliche Koalitionen (von Groko 1 über schwarz-gelb bis Groko 2 und Groko 3) nichts anderes getan, als das bündnisgrüne Parteiprogramm durchzusetzen: von der Energiewende über die „Ehe für alle“ und eine Migrationspolitik der offenen Grenzen bis zur CO2-Steuer, die selbstverständlich auch dann kommen würde, wenn der Effekt fürs Klima gleich null wäre.

Denn was zählt, ist das Symbolhafte, das „Narrativ“, wie es heute so schön heißt, weil „Narrativ“ einfach besser klingt als „Geschichte“ oder „Märchen“. Und wenn zwei grüne Narrative einander widersprechen, zum Beispiel beim Klimaschutz und beim Atomausstieg, wird daraus ein neues Übernarrativ geformt, das da lautet: Deutschland muss mit gutem Beispiel vorangehen, dann wird der Rest der Welt uns folgen. Oder in den Worten der Kanzlerin: „Wir schaffen das!“

Der Niedergang der CDU

Die Formel „Wir schaffen das!“ ist in ihrer Unbestimmtheit, in ihrem autoritären Tonfall und in ihrem bewussten Verzicht auf Fakten und störende Details die grüne Grundmelodie der Ära Merkel und insbesondere der sogenannten Großen Koalition. Die SPD hat sich beim Versuch, grüne Identitätspolitik zu betreiben, in die bevorstehende Bedeutungslosigkeit manövriert und sucht jetzt eine „Doppelspitze“ ( selbstverständlich nach grünem Vorbild ).

Die CDU wiederum hat aus blankem Opportunismus auf die grüne Karte gesetzt und steht jetzt vor den Trümmern ihrer Strategie. „Vieles, was auf Druck des ,grünen‘ Zeitgeists passiert ist oder noch passiert, dient nicht den Interessen der großen Mehrheit der Bürger, sondern nur den Interessen einer ( grünen ) Minderheit“, schrieb der Meinungsforscher und Forsa-Chef Manfred Güllner bereits im Jahr 2012. Der Niedergang der CDU hat auch darin seine Ursache.

Dieser Text erschien in der August-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

Jetzt Ausgabe kaufen

 

 

 

 

Anzeige