CSU-Ergebnis - Ein Warnschuss für Söder

Die CSU hat in Bayern das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte eingefahren. Dass es weniger desaströs ausgefallen ist, als viele befürchtet hatten, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bayern Markus Söder einen Denkzettel verpasst haben.

Erleichterung, nicht Freude: CSU-Chef Markus Söder nach der Bundestagswahl in Berlin. / dpa
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Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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Im Münchner Norden, wohin die CSU zum Wahlabend geladen hat, ist an diesem Sonntag nicht nur der Himmel grau. Auch das Gebäude, der Sitz der CSU-Landesleitung an der Mies-van-der-Rohe-Straße 1, ist es. Und selbst die von der CSU für diesen Wahlabend auserkorene Kantine des Hauses kommt – verglichen mit der Abschlusskundgebung am vorangegangenen Freitag, als man sich zum letzten Aufbäumen am Nockherberg traf – eher klein und schmucklos daher.

„Die Stimmung ist gut“, sagt einer von der CSU trotzdem eine gute Stunde vor den ersten Hochrechnungen zu dieser Bundestagswahl. Und tatsächlich ist sie, die Stimmung, eine Stunde später sogar ein bisschen besser als viele erwartet hatten: Denn in Bayern ist die CSU nun doch über die 30-Prozent-Marke geklettert. Viele hatten Schlimmeres befürchtet. Das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere Seite ist diese: Die CSU hat trotzdem ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Darüber kann auch der Jubel beim CSU-Wahlabend nicht hinwegtäuschen, der vor allem Ausdruck großer Erleichterung war, nicht großer Freude.

Kritik am großen Monarchen

Freilich wurde auf den bayerischen Wahlzetteln nicht über Markus Söder abgestimmt, sondern über die CSU in Gänze. Unterm Strich ist dieses Wahlergebnis – ob weniger schlimm als erwartet, spielt dabei nur geringfügig eine Rolle – trotzdem ein Denkzettel für einen Parteichef, der manch langjährigem CSU-Wähler mittlerweile zu grün spricht und, auch das hat zu diesem Ergebnis beigetragen, während der Corona-Pandemie einmal zu oft den großen Monarchen gegeben hat.

Denn der gemeine Bayer mag zwar über lange Strecken ein genügsames und friedfertiges Wesen sein; schätzt es gleichwohl aber gar nicht, wenn man zu ihm spricht, als spräche man zu kleinen Kindern – und ihn behandelt, als wüsste er nicht selbst, was am Besten für ihn ist.

Dass es am Ende dieser Bundestagswahl 2021 nur bei einem ersten Denkzettel für die CSU geblieben und das große Debakel noch ausgeblieben ist, sollte Söder – der an diesem Abend nicht bei seinen eigenen Leuten, sondern 550 Kilometer entfernt in Berlin weilt – als Warnschuss begreifen, dass das CSU-Klientel zunehmend unzufrieden ist mit ihrer CSU.

Das zeigten schon die Landtagswahlen in Bayern vor drei Jahren, als die Schwarzen in eine Regierungskoalition mit den Freien Wählern gezwungen wurden. Und das zeigen auch die Ergebnisse dieser Bundestagswahl, bei der man dem ganz großen Desaster noch knapp entgangen ist.

Irgendwann bleibt’s nicht mehr beim Granteln

Die CSU, allen voran Markus Söder, wäre also gut beraten, diesen Wahlabend nicht nur zum Durchatmen und für ein gut gekühltes Bier zu nutzen, sondern auch dafür, in sich zu gehen und sich zu fragen, was die Partei künftig anders und besser machen kann, um nicht noch mehr Wähler an andere Parteien – von der FDP bis zur AfD – zu verlieren.

Andernfalls wird es in vier Jahren nicht mehr beim Warnschuss bleiben. Denn ja, der Bayer mag zwar über lange Strecken ein genügsames und friedfertiges Wesen sein, aber wenn’s ihm irgendwann endgültig reicht, bleibt’s nicht mehr beim Granteln. Dann wird auf den Tisch gehauen.

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