Corona-Tests für Reiserückkehrer - Zahlen sollen die anderen?

Nun gibt es also doch Pflichttests für Rückkehrer aus Corona-Risikoländern. Gut so. Aber wieso soll die Allgemeinheit die Tests für diejenigen zahlen, die sich im Wissen um das Risiko in so ein Gebiet begeben haben, um Urlaub zu machen?

Ältere Menschen zahlen für „die hedonistischen Freuden von jungen Menschen, die sich am Ballermann schlecht benehmen“ / dpa
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Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Nach einigen Tagen des Zögerns und Zauderns hat sich die Bundesregierung entschlossen, zumindest an Flughäfen verbindliche Corona-Tests für alle Reisenden anzuordnen, die aus Ländern kommen, für die eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt.

Gewarnt wird mittels einer ständig aktualisierten Liste vor „nicht notwendigen, touristischen Reisen ins Ausland“ in rund 130 Staaten, darunter mit Luxemburg derzeit auch ein Mitgliedsland der EU. Dem könnten bald weitere folgen, denn besonders einige Urlaubsregionen in Spanien und Kroatien werden bereits als „Risikogebiete“ eingestuft.

Keine Reiseverbote, aber besonderes Risiko

Die offizielle Reisewarnung beinhaltet zwar keine Reiseverbote, ist aber dennoch deutlich mehr als ein unverbindlicher Hinweis. Man verliert möglicherweise den Schutz von Reisekrankenversicherungen. Jeder, der ohne triftigen Grund eine Reise in ein offiziell deklariertes Warngebiet antritt, geht also bewusst und in freier Entscheidung ein besonderes Risiko ein.

Und das nicht nur für sich, sondern nach der Rückkehr auch für sein Umfeld in Deutschland. Um eine erneute starke Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus wenigstens einzudämmen, sind verpflichtende Tests nach der Rückkehr also sicherlich eine sinnvolle Maßnahme, um Infektionsketten frühzeitig zu unterbrechen.

Touristen besser gestellt als Ärzte und Pfleger

Doch die Tests kosten natürlich Geld. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten für bestimmte Personenkreise, die in einer entsprechenden Verordnung genau definiert sind. Wer in diesem Raster nicht erfasst ist, muss selber zahlen.

Doch die Rückreisenden aus den Reisewarngebieten werden davon ausgenommen, obwohl sie das Risiko, das jetzt zur Anordnung verpflichtender Tests geführt hat, bewusst herbeigeführt haben. Die Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten und möglicherweise auch der Steuerzahler im Bund und in den Ländern soll also den gefährlichen, unverantwortlichen Eskapismus der Reiselustigen auch noch alimentieren.

Empörung der Ärzte 

Auch in Teilen der Ärzteschaft sorgt das für Empörung. Auf den Punkt brachte es am Dienstag Susanne Johna, die Bundesvorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund: 

„Während Touristen sich kostenlos auf eine SARS-CoV-2-Infektion testen lassen können, muss medizinisches und pflegerisches Personal das beim Gesundheitsamt genehmigen lassen. Für jeden einzelnen Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin muss das betreffende Krankenhaus einen Antrag ausfüllen und dem ohnehin schon überlasteten Gesundheitsamt zur Genehmigung vorlegen. Warum gibt es für den unbesorgten Urlauber einen Test frei Haus und für Pflegende oder Ärzte zusätzliche Hürden bei der Kostenübernahme, wenn sie einen Test für sinnvoll erachten?“

Die Älteren müssen zahlen

Der Präsident des Weltärztebundes, Frank-Ulrich Montgomery, fand am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk ebenfalls deutliche Worte. Eine Bezahlung der Tests über die gesetzliche Krankenversicherung sei „absurd“. Denn dann zahlten ältere Menschen, die noch nie Urlaub im Ausland gemacht hätten, „für die hedonistischen Freuden von jungen Menschen, die sich am Ballermann in Mallorca schlecht benehmen“.

Dem ist wenig hinzuzufügen. Wenn die offiziellen Reisewarnungen des Bundes nicht zu einer belächelten Polit-Folklore verkommen sollen, ist es unumgänglich, dass den Touristen die Tests in Rechnung gestellt werden. Und wer sich eine Urlaubsreise in der Hochsaison leisten kann, wird ja wohl noch die rund 50 Euro für den Schnelltest am Flughafen oder hoffentlich bald auch an Bahnhöfen und Grenzen aufbringen können.   

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