Cicero Jugend-Serie „Contra Woke” - Linkes Meinungsklima an den Universitäten: Man nannte mich „Nazischlampe“

Als Konservative ist die 25-jährige Franca Bauernfeind eine Außenseiterin auf ihrem Campus. Das hat sie schon oft zu spüren bekommen, denn Mobbing ist an den geisteswissenschaftlichen Fakultäten omnipräsent. Zumindest für jene, die sich gegen die alles durchdringende Wokeness zur Wehr setzen.

An Universitäten herrscht ein Klima der Angst / picture alliance
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Autoreninfo

Franca Bauernfeind ist Mitglied der CDU und war von 2021 bis 2022 Bundesvorsitzende des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS).

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Die Medien sind in den letzten Jahren daran gescheitert, ein Bild der jungen Generation zu zeichnen, das mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Wir möchten die Debatte über die Generation Z daher nicht länger identitätspolitisch motivierten Redaktionen überlassen. Denn junge Menschen bewegt mehr als Fridays for Future, Body Shaming und Black Lives Matter.

Die Cicero Jugend-Serie „Contra Woke“ möchte all jenen jungen Menschen eine Stimme geben, die dem vorherrschenden woken Zeitgeist nicht entsprechen, aber gehört werden müssen, um die echte Lebensrealität und die wahren Sorgen der jungen Generation zu verstehen. Sie möchten selbst einen Artikel einreichen? Gerne, schreiben Sie uns hierfür eine Mail an: redaktion@cicero.de.

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Political Correctness, Cancel Culture, Selbstzensur – Begriffe, die mich seit vielen Jahren täglich begleiten. Seit ich 18 Jahre alt bin und begonnen habe, an der Universität in Erfurt zu studieren, umgibt mich eine Unkultur, die mit dem akademischen Ideal der Toleranz nicht mehr allzuviel zu tun hat. Ich bin in der Jungen Union und somit als Konservative – jedenfalls im studentischen Milieu – eine krasse Außenseiterin. Das habe ich auf dem Campus häufig auf leidvolle, destruktive Weise zu spüren bekommen.

Die moralische Unterscheidung in „Gut“ und „Böse“ ist an meiner Universität intensiv verbreitet. Es herrschen klar vorgegebene Meinungskorridore – von diesen abzuweichen, grenzt an soziale Selbstausbootung. Man lernt irgendwann, was erwünscht ist und was nicht. Ganze Themenfelder werden ausgeklammert. Vor allem, wenn sie den Glaubenssätzen der an den geisteswissenschaftlichen Fakultäten alles durchdringenden Wokeness widersprechen. 

Migration und Begrenzung in einem Satz zu nennen, ist in diesem studentischen Umfeld genau so wenig erwünscht, wie gegen Frauenquoten oder das Gendern zu sein. Mit dieser Tatsache wurde ich sehr schnell konfrontiert. Und noch etwas begann ich an der Universität schnell zu verstehen: Die selbsternannten Vorkämpfer für eine gerechte Welt sind zu Totengräbern der Meinungsfreiheit mutiert.

„Halt die Fresse, Franca!“ und „Nazischlampe“

„Halt die Fresse, Franca!“ – Eine ehemals gute Freundin und Kommilitonin schickte mir diese Nachricht auf Instagram. Grund dafür war meine Haltung zur Frauenquote in Parteivorständen. Ich bin dagegen. Ihr passte mein Standpunkt offenkundig nicht. Sie meinte, ich würde den Frauen, die für Gleichstellung kämpfen, in den Rücken fallen.

„Wie ist es eigentlich möglich, so dermaßen zu bullshitten?“ – Auf einen Social-Media-Beitrag, in dem ich mich gegen einen Genderzwang in Prüfungsleistungen an Hochschulen aussprach, sah sich eine Kommilitonin veranlasst, mir – sagen wir einmal, in der Wortwahl eher simpel – zu widersprechen. Die junge Frau kennt mich seit mehr als fünf Jahren, vermied es aber bislang, persönlich auf mich zuzugehen. Es scheint für sie aber dennoch im Rahmen des Machbaren, einen feindseligen Facebook-Kommentar vor aller Welt zu formulieren.

„Nazischlampe“ – Das tönte mir an anderer Stelle entgegen. Auf dem Campus hatte ich gerade meinen RCDS-Infostand für die Hochschulwahlen aufgebaut, und jemand aus der vorbeilaufenden Menge hatte offensichtlich etwas gegen meine politische Einstellung. Jemand, der offenbar nicht in der Lage ist, mit einer Konservativen zu sprechen. Kurzum: jemand, der die inhaltliche Auseinandersetzung verweigert und die Welt lieber nach kruden Feindbildern sortiert.

Selbstzensur ist an der Universität weit verbreitet

Mobbing ist auf dem Campus ein scharfes Schwert, das den wohl wirksamsten Mechanismus für die Bedrohung der Meinungsfreiheit hervorruft: die Selbstzensur. Einschneidende soziale Sanktionen wie gesellschaftlicher Ausschluss werden gegen diejenigen verhängt, die kritische Überzeugungen zum Ausdruck bringen. Also gegen all jene, die dem identitätspolitischen Kurs der Wokisten nicht bedingungslos huldigen möchten.

Politisches Mobbing kann im Universitätsalltag von hasserfüllten Blicken im Seminarraum über Beleidigungen in der Mensa bis hin zu Rufmordkampagnen in den sozialen Medien reichen. In der Folge entwickelt sich vor lauter Angst eine – an deutschen Hochschulen mittlerweile allgegenwärtige – Schweigespirale.

Mir den Mund verbieten zu lassen, kam für mich nie in Frage. Kommilitonen dazu ebenfalls zu ermuntern, war mir stets wichtig. Doch habe ich viel zu oft Freunde erlebt, die angesichts des vergifteten Meinungsklimas in Selbstzensur verfallen sind. Machen wir uns nichts vor: Der Mensch ist ein soziales Wesen und möchte dazugehören. Jeder will Teil einer Gruppe sein, niemand möchte ausgeschlossen oder ignoriert werden. Friss oder stirb, Klappe halten oder ausgegrenzt werden: Das ist die traurige Realität an deutschen Universitäten im Jahr 2023.

 

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In der Logik meiner woken Kommilitonen stellt jede Kritik an ihrem Weltbild einen direkten Angriff auf vermeintlich diskriminierte Minderheiten dar. Diese gilt es auf das Härteste zu verteidigen  – koste es, was es wolle. Notfalls auch die von ihnen so oft zitierte Menschlichkeit. Das Perfide daran: Wenn politische Argumente willentlich zu persönlichen Anfeindungen umgedeutet werden, verkommt jede Diskussion zu einem ultimativen Kampf von Gut gegen Böse. Ein Klima des Hasses entsteht, das einem sachlichen Austausch diametral entgegensteht.

Eine andere Waffe sind sogenannte Safe Spaces. Linke und grüne Hochschulgruppen möchten mit ihnen das woke Universitätsparadies auf Erden verwirklichen. Minderheiten sollen in Safe Spaces vor Mikroaggressionen seitens der weißen, männlichen und heterosexuellen Campusmehrheit geschützt werden. Doch dienen sie den Wokisten in der Realität vor allem dazu, aktivistische Einheitsmeinungen rigoros durchzupeitschen und ihre Deutungshoheit an der Universität weiter zu zementieren. Goerge Orwell lässt grüßen: Denn an Universitäten herrscht längst Unfreiheit, getarnt im Jutebeutel der Progressivität. 

Meinungsklima auf dem Campus darf uns nicht kalt lassen

Ich habe Sorge um die Zukunft. Ich habe Angst davor, dass sich der vergiftete Kampf an den Universitäten in den nächsten Jahren in die gesamte Gesellschaft hineinfressen wird. Denn eines dürfen wir nicht vergessen: Studenten sind die Politiker und Journalisten von morgen. Das sind die angehenden Lehrer, die ihren Schülern später einmal eine politisch „korrekte“ Gendersprache beibringen und das „Weiß-Sein“ als Ausdruck kolonialistischer Schuld lehren werden. Es sind die Richter und Staatsanwälte, die in Deutschland schon bald über Recht und Unrecht befinden dürfen. Sie alle haben an Universitäten studiert, haben die heute vorherrschende Debatten(un)kultur miterlebt und teilweise auch aufgesogen.

Was auf dem Campus passiert, kann niemanden kalt lassen. Denn die Vorgänge an der Universität von heute bieten eine Zeitreise in das gesellschaftliche und kulturelle Morgen. Was dort in scheinbar unbedeutenden Nischen gedacht wird, kann morgen als Mainstream ein ganzes Land durchdringen. Im Guten – vor allem aber auch im Schlechten. Früher waren Universitäten Orte der intellektuellen Innovation und des kulturellen Fortschritts, heute sind sie Vorboten einer dystopischen Zukunft, die hoffentlich niemals eintreten wird. Aber unterkriegen lassen? Das kommt für mich nicht in Frage!

Die in Nürnberg aufgewachsene Franca Bauernfeind ist Mitglied der CDU und war von 2021 bis 2022 Bundesvorsitzende des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS). Im März 2023 erscheint ihr Buch „Black Box Uni  – Biotope woker Ideologien“ im Langen-Müller Verlag, in dem sie den verengten Meinungskorridor an deutschen Hochschulen beklagt und von eigenen Erfahrungen mit politischem Mobbing berichtet.

 

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