Bundestagswahl - Landesliste der Saar-Grünen nicht zur Wahl zugelassen

Die Landesliste der Saar-Grünen wird endgültig nicht zur Wahl zugelassen. Im Saarland können Wähler ihre Zweitstimme also nicht den Grünen geben. Der Imageschaden für die Grünen im Bund dürfte größer sein als die verlorenen Stimmen. Der entmachtete Spitzenkandidat Hubert Ulrich macht die Bundesspitze für das „Drama“ verantwortlich.

Hubert Ulrich vor seiner Wahl auf den Listenplatz Eins - bei der ersten Listenaufstellung im Juni / dpa
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Die Landesliste der Grünen im Saarland bleibt von der Bundestagswahl ausgeschlossen. Das hat der Bundeswahlausschuss in seiner Sitzung am Donnerstag in Berlin entschieden. Er wies die Beschwerde der Grünen gegen eine vorausgegangene gleichlautende Entscheidung des Landeswahlausschusses als unbegründet zurück. Der Beschluss hat zur Folge, dass die Grünen im Saarland nicht mit der Zweitstimme gewählt werden können. Dies wird das bundesweite Zweitstimmenergebnis schmälern.

Für den Beschluss stimmten sechs Mitglieder des Bundeswahlausschusses, zwei stimmten dagegen, zwei enthielten sich.

Nicht stimmberechtigte Mitglieder bei Listenwahl

Hintergrund ist ein schwerer Streit in der Landespartei um die Listenaufstellung. Beim ersten Versuch war am 20. Juni der aus Saarlouis stammende Ex-Landesparteichef Hubert Ulrich auf Platz Eins und damit zum Spitzenkandidaten gewählt worden. Ein Schiedsgericht erklärte die Wahl dieser Liste aber für ungültig, weil auch nicht stimmberechtigte Parteimitglieder mitgewählt hatten. Zudem sah es einen Verstoß gegen das Frauenstatut der Partei.

Ulrich ist Sprecher des Ortsverbands Saarlouis. Vor dem zweiten Anlauf zur Listenaufstellung am 17. Juli schloss dann das Bundesschiedsgericht die 49 Delegierten aus dem Ortsverband Saarlouis aus. Begründet wurde dies mit Unregelmäßigkeiten bei der Wahl der Delegierten in dem Ortsverband. Diese 49 Delegierten machten rund ein Drittel aller Delegierten aus.

Bundeswahlleiter: Grüne hätten rechtzeitig handeln können

Der Landeswahlausschuss hatte diesen Ausschluss als schweren Fehler und Verstoß gegen das Demokratieprinzip gewertet. Dieser Auffassung folgte der Bundeswahlausschuss.

Bundeswahlleiter Georg Thiel erklärte: „Der Ausschluss von Delegierten, nämlich der Delegierten eines gesamten Ortsverbandes von der Teilnahme an der Aufstellung der Landesliste in einer Vertreterversammlung stellt einen Verstoß gegen den Kernbestand von Verfahrensgrundsätzen dar, ohne die ein Wahlvorschlag nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts schlechterdings nicht Grundlage einer demokratischen Wahl sein kann.“ Thiel fügte hinzu, die Grünen hätten „sehen müssen, in welches Problem wir hier hineinkommen“. Sie hätten dagegen rechtzeitig Vorkehrungen treffen müssen. 

Grüne Jugend fordert Parteiaustritt von Hubert Ulrich 

Hubert Ulrich hat die Entscheidung der Bundeswahlleitung nicht überrascht. „Was hier geschehen ist, ist ein massiver Eingriff in die Verfassung. Die Bundeswahlleitung hat ihn nicht durchgehen lassen. Wäre er durchgegangen, wäre das ein großes Problem für die Demokratie in diesem Land gewesen“, sagte er Cicero. Dass ihm die Grüne Jugend jetzt das Debakel anlastet, dass sie ihm „Wahn“ und „Egoismus“ vorwirft und seinen Parteiausschluss fordert, ficht ihn nicht an. „Dann muss man gegen jede Person, die für ein Mandat kandidiert, einen sofortigen Parteiausschluss fordern. Mehr habe ich ja nicht gemacht. Mein Fehler war vielleicht, dass ich dazu noch in geheimer Wahl mit Zweidrittelmehrheit gewählt wurde. Wenn das Gründe sind, um ein Parteiausschlussverfahren anzustrengen, können wir die Demokratie in diesem Land gleich zuschließen.“

Mit der Bundesspitze seiner Partei geht Ulrich hart ins Gericht. „Sie hat massiv in eine demokratische Entscheidung eingegriffen, die am 20. Juni in geheimer Wahl auf einem Parteitag getroffen wurde. Sie hat de facto einen neuen Parteitag erzwungen und mit dazu beigetragen, dass dieser Parteitag auf undemokratische Art und Weise mit Hilfe des Bundesschiedsgerichts durchgeführt wurde. Das ist ein Drama.“ Das tue ihm als jemand, der seit 40 Jahren Mitglied dieser Partei ist, besonders weh. Bürgerrechte und Demokratie seien schließlich die Aushängeschilder von Bündnis 90/ Die Grünen. Auf die Frage, welche Konsequenzen er aus dem Streit um die Liste ziehe, antwortete Ulrich, er werde sich aus der Bundes- und Landespolitik komplett zurückziehen. Nur in der Kommunalpolitik werde er weitermachen.  mit dpa

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