Auf dem Weg zur Klima-RAF - Natürlich kann sabotiert werden 

Ein maßgeblicher Aktivist der radikalisierten Klimaschutzbewegung kündigt Sabotageakte und den Gang in den Untergrund an. Seine Gedankenwelt zeigt erschreckende Parallelen zum Linksterrorismus der RAF.

Klimaaktivisten radikalisieren sich: Protest gegen Autobahnbau / dpa
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Daniel Gräber leitet das Ressort Kapital bei Cicero.

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Den Aufbau der „Roten Armee Fraktion“ (RAF) begleitete der Spiegel publizistisch mit großer Aufmerksamkeit. Das Hamburger Nachrichtenmagazin veröffentlichte im Juni 1970 ein ausführliches Pamphlet der damals bereits untergetauchten Journalistin und RAF-Mitgründerin Ulrike Meinhof. Mit diesem Text lieferte sie die ideologische Rechtfertigung des Linksterrorismus, den bewaffneten Kampf gegen Imperialismus und Kapitalismus, verkörpert in der westdeutschen Staatsgewalt.

Meinhofs kaltblütige und verkopft formulierte Überlegungen gipfelten in dem Aufruf, Polizisten zu töten. „Wir sagen, natürlich, die Bullen sind Schweine, wir sagen, der Typ in der Uniform ist ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben wir uns mit ihm auseinanderzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist falsch überhaupt mit diesen Leuten zu reden, und natürlich kann geschossen werden.“ Aus dem letzten Satz dieses Zitats machte der Spiegel die Überschrift des Meinhof-Artikels. Dass es sie und ihre RAF-Genossen ernst damit meinten, zeigte der weitere Verlauf der Geschichte. Die Linksterroristen ermordeten in der Bundesrepublik 34 Menschen.

Warnung des Verfassungsschutzes wird bestätigt

Der Vergleich zu einer aktuellen Veröffentlichung des Spiegel mag drastisch sein. Doch wer das am Sonntag veröffentlichte Interview mit dem Berliner Klimaaktivisten Tadzio Müller liest, erkennt erschreckende Parallelen. Müller ist einer der maßgeblichen Protagonisten des Protestbündnisses „Ende Gelände“, das sich gegen den Braunkohleabbau richtet und dabei auch vor Gewalt nicht zurückschreckt. Laut Bundesamt für Verfassungsschutz dient „Ende Gelände“ gewaltorientierten Linksextremisten dazu, Einfluss auf die Klimaproteste zu nehmen. Ihnen gehe es darum „gesellschaftlichen Protest zu radikalisieren und den Staat und seine Institutionen zu delegitimieren“, warnt die Kölner Sicherheitsbehörde in ihrem jüngsten Bericht.

In bemerkenswerter Offenheit bestätigt Tadzio Müller nun genau diese Warnung: „Zerdepperte Autoshowrooms, zerstörte Autos, Sabotage in Gaskraftwerken oder an Pipelines. Das wird es nächsten Sommer auf jeden Fall geben. Ich höre das aus der Bewegung, sogar von eher moderaten Akteuren. ‚Ende Gelände‘ hatte dieses Jahr schon Pläne für Sabotageakte“, sagt er im Spiegel-Interview. Und so wie damals Meinhof und ihre Genossen stellt er die linksextreme Radikalisierung als zwingende Reaktion auf die herrschenden Verhältnisse dar, als notwendige Selbstverteidigung gegen ein angeblich unmenschliches System.

„Wer Klimaschutz verhindert, schafft die grüne RAF“

Ein kleiner Teil der Klimaschutzbewegung werde in den Untergrund gehen, prophezeit Müller. Schuld daran seien Politiker, die zu wenig täten, um die Erderwärmung aufzuhalten. „Wer Klimaschutz verhindert, schafft die grüne RAF.“ Und: „Wenn die Gesellschaft weiter so macht, entscheidet sie sich für die Militanz, nicht diejenigen, die dann militant werden.“ Im Unterschied zu Ulrike Meinhof spricht sich der 45 Jahre alte Klimaaktivist und ehemalige Referent der der Rosa-Luxemburg-Stiftung nicht für Gewalt gegen Personen aus, oder sogar deren Ermordung. Aber er schließt auch nicht aus, dass es so weit kommen kann.

Dass Müller explizit Gaskraftwerke und Pipelines als Angriffsziel nennt, ist interessant. Denn die kommende Ampelkoalition, die das Kunststück vollbringen will, gleichzeitig aus Kohle- und Atomenergie auszusteigen, setzt auf neue Gaskraftwerke, um Deutschlands Stromversorgung zu sichern. Auf EU-Ebene hat sich die Bundesregierung bereits erfolgreich dafür eingesetzt, dass entsprechende Investitionen als nachhaltiges Investment klassifiziert werden. Im Gegenzug gab sie den Widerstand gegen Frankreich und einige andere europäische Atomstaaten auf, die das EU-Ökolabel auch für Investitionen in neue Kernkraftwerke wollen.

Gaskraftwerke und Pipelines im Visier

Diesen deutsch-französischen Kompromiss zur sogenannten Klimataxonomie hat die EU-Kommission zwar noch nicht offiziell beschlossen, aber Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Noch-Bundeskanzlerin Angela Merkel haben ihn bereits durchblicken lassen. Dass Kernkraft und Gas als nachhaltiges Investment gelten sollen, bringt wiederum die deutsche Klimaschutzbewegung sowie Teile der Grünen auf die Palme. Denn beim Verbrennen von Erdgas entsteht zwar weniger klimaschädliches Kohlendioxid als bei Kohle, aber immer noch zu viel, wenn der Ausstoß eigentlich möglichst schnell auf null gesenkt werden soll. Zudem tritt bei der Förderung und dem Transport durch Pipelines Methan aus, das Klimaforscher für noch gefährlicher halten als Kohlendioxid.

Die Ankündigung des „Ende-Gelände“-Mitgründers Müller, künftig neben der Kohleindustrie auch Gasanlagen in Visier zu nehmen, ist keine leere Drohung. Das zeigten bereits die „dezentralen Aktionstage“ des Bündnisses im vergangenen Jahr. „Bei dieser ,Massenaktion zivilen Ungehorsams‘ versuchten etwa 1.700 Personen in mehreren Demonstrationszügen (sogenannten Fingern), die Infrastruktur der Tagebaue zu stören und erstmals auch ein Gaskraftwerk sowie die Baustelle einer im Bau befindlichen Gaspipeline zu blockieren“, berichtet das Bundesamt für Verfassungsschutz.

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