Armin Laschet über Markus Söder - Lindgrün ist die Haselnuss

Armin Laschet präsentiert eine Biographie über seinen politischen Konkurrenten Markus Söder. Oder sind die beiden Verbündete? Als erwiesen darf nach diesem Auftritt jedenfalls eine schwerwiegende Vermutung über den Aachener gelten: Er weiß nicht, wofür die Farbe schwarz steht.

Armin Laschet am Freitag in Berlin bei der Präsentation der Söder-Biographie "Der Schattenkanzler" / dpa
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Moritz Gathmann ist Chefreporter bei Cicero. Er studierte Russistik und Geschichte in Berlin und war viele Jahre Korrespondent in Russland.

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Live geführte Gespräche mit Politikern, ich Print-Journalist gestehe es ein, haben einen unschlagbaren Vorteil gegenüber Interviews, die in gedruckter Form erscheinen: Gesagt ist gesagt, kein PR-Berater oder Pressesprecher kann bei der späteren Autorisierung des Interviews entglittene Formulierungen streichen oder zurechtfummeln.

Den Beratern von Armin Laschet muss am heutigen Morgen gegen 11:52 ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen sein. Womöglich haben sie Kraftausdrücke gegen ihre Bildschirme geschleudert. Auf der Bühne der Berliner Urania warnt der nordrhein-westfälische Ministerpräsident die Union da zu Recht, vor der Bundestagswahl „halbgrün oder lindgrün“ zu werden - in Erwartung einer Koalition mit den Grünen auf Bundesebene. „Wir müssen, auch wenn Schwarz-Grün kommt, immer noch unser Profil haben und schwarz sein“, fährt er fort, und hätte nun enden können. Aber Laschet schiebt nach: „Was immer das ist.“

Was ist schwarz?

Der 59-Jährige, der den Anspruch erhebt, Deutschlands größte Volkspartei aus der nun endenden Merkel-Ära zu führen, bestätigt in diesem Moment all die Vorurteile, die im Rennen gegen Norbert Röttgen und Friedrich Merz an seinen Schuhen kleben wie Kaugummi: Dass er der wahre Nachfolger Angela Merkels ist, dass er in seiner viel gelobten Kompromissfähigkeit so weit gegangen ist, dass er nicht mehr weiß, wofür die Christlich-Demokratische Union eigentlich noch steht. Wie anders ist dieser Halbsatz zu deuten? „Schwarz - was auch immer das ist.“ Wenn das jemand erklären können muss, dann derjenige, der die Partei führen - und selbst ins Kanzleramt will.

 

Zuvor hatte Laschet keine schlechte Figur gemacht: Er präsentierte in seiner typisch zwischen jovial und ernsthaft changierenden Art eine gerade erschienene Biographie („Der Schattenkanzler“, erschienen bei DroemerKnaur) des bayrischen Landeschefs Markus Söder. Der Termin war gewissermaßen eine freundliche Retourkutsche: Vor einigen Wochen hatte Söder vor ausgewähltem Publikum eine Laschet-Biographie vorgestellt. Ein solcher Termin ist gerade in Corona-Zeiten eine Steilvorlage für Politiker: Endlich kann man auch mal über andere Dinge als Corona sprechen, sich persönlich und locker geben, im Loben des Anderen gleichzeitig die eigenen Qualitäten herausstellen.

„Freundliche Retourkutsche“ für Söder

Genau das tut Laschet im Laufe dieser Stunde in Berlin, und Beobachter, die das Verhältnis von Söder und Laschet in der Corona-Krise als Konkurrenzkampf beschrieben hatten, mögen doch überrascht gewesen sein angesichts der „freundschaftlichen Beziehung“, die Laschet durchaus glaubwürdig beschreibt.

„Man wächst zusammen in Zeiten gemeinsamer Regierungsverantwortung“, sagt Laschet. Dabei hält er ein mit bunten Lesezeichen gespicktes Exemplar der Söder-Biographie in Händen, aus der er mit Überraschung erfahren haben will, wie groß die biographischen Gemeinsamkeiten der beiden sind: Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, Jura-Studium, journalistische Ausbildung, dann Tätigkeit beim Bayrischen Rundfunk. Der wichtigste Unterschied, den Laschet feststellte: Söder habe immer angestrebt, bayrischer Ministerpräsident zu werden. Laschet dagegen: „In meinem Leben war immer die Bundespolitik das Interessantere.“

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Genau da prallen die beiden aber nun aufeinander: Der „Macher“ Söder liegt seit dem Corona-Jahr in den Umfragen für die Kanzlerkandidatur nicht nur meilenweit vor Merz und Röttgen, sondern auch vor Laschet. Ärgert ihn das? „Die Art von Söder wird mehr geschätzt“, antwortet er. „Aber ich bleibe bei meinem Stil, dass ich das Abwägen für richtiger halte.“ Von Umfragen hält Laschet ohnehin nichts: Über den CDU-Vorsitz würden die Delegierten des CDU-Parteitags entscheiden, nicht „Allensbach.“

Seine Mitbewerber attackiert Laschet nur wenige Wochen vor diesem Parteitag derweil noch immer höchstens durch die Hintertür: „Es kommt nicht darauf an, dass man die Welt besonders gut erklärt“, sagt er. Wer Kanzler werden wolle, „sollte schon einmal regiert haben, wissen, wie eine Koalition geführt wird, und vor allem, wie man Wahlen gewinnt“. Das sind klare Seitenhiebe gegen Merz (keine Regierungserfahrung) und Röttgen, der einst die NRW-Wahl krachend verlor.

Merz sorgt für Temperatursturz

Angesichts dieser demonstrativen Harmonie, erlaubt sich Cicero zu fragen, wäre es da nicht möglich, den CDU-Vorsitz zu erringen und dann die Kanzlerkandidatur Söder zu überlassen? „Kanzlerkandidat der Union wird der, von dem wir alle glauben, dass er die größten Chancen hat, zu gewinnen. Das bemisst sich allerdings nicht nur an Umfragen“, antwortet Laschet.

Auch andere Journalisten bemühen sich noch redlich, werden aber jovial abgeschmettert. Wer wäre der bessere Kanzler - Söder oder er? „Werden wir gemeinsam erörtern.“ Mehrere Grad kälter wird es allerdings im Raum, als die Frage erklingt: Besserer Kanzler - Merz oder Söder? Laschet antwortet: „Die Frage stellt sich gerade nicht.“ Friedrich Merz als CDU-Chef, das wird in der langen Pause klar, die auf die kurze Antwort folgt, käme für Armin Laschet einer Kernschmelze gleich.

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