Laschet vs. Söder - Das Corona-Kanzler-Casting

Erst musste sich Armin Laschet von Markus Söder zum Jagen tragen lassen, dann kam auch noch der Corona-Ausbruch bei Tönnies. Es sieht gerade nicht gut aus für den NRW-Ministerpräsidenten, wenn es um die Kanzlerkandidatur geht. Doch auch Söder kann noch stolpern.

„Das alles wird niemals dir gehören“: Im Duell der Unions-Ministerpräsidenten um die Kanzlerkandidatur gibt es einen vermeintlichen Sieger / dpa
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Politik ist erbarmungslos, ungerecht oft auch. Sie bestraft nicht nur eigene Fehler, sondern obendrein auch noch für Dinge, an denen die betreffenden Person allenfalls mittelbar Anteil hatte. Der Fall Volker Rühe ist dafür ein ewig gültiges Beispiel. Der vormalige Verteidigungsminister machte sich zum Jahreswechsel 2000 in Schleswig-Holstein aussichtsreich daran, das Land für die CDU zurückzuerobern und Ministerpräsident zu werden. Ambitionen und auch die notwendigen Anlagen für mehr hatte der energiegeladene Harburger obendrein. 

Dann kam Helmut Kohl mit seinen schwarzen Kassen. Und Rühe konnte nicht nur Schleswig-Holstein abhaken. Sondern alle weitere Ambitionen auch. 

Doch dann kam Corona

An diesen Fall muss ich dieser Tage oft denken. Armin Laschet ist Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen geworden und hat das Land politisch von der SPD zurückerobert. Nach dem Straucheln der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer hat Laschet die besten Startbedingungen im Rennen um den Parteivorsitz. Damit verbunden ist die beste Ausgangsposition für die Kanzlerkandidatur und nach Lage der Dinge die nächste Kanzlerschaft. 

Doch dann kam Corona. Und hat, ein Drehbuchautor hatte das Skript nicht spannender schrieben könne, zwei Bundesländer besonders hart getroffen. Bayern und eben Nordrhein-Westfalen. Seither befindet sich Laschet nolens volens in einer permanenten Leistungsschau mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Der als CSU-Chef naturgemäß nicht CDU-Chef werden kann. Aber eben Kanzlerkandidat und Kanzler. 

Laschets Handeln blieb inkonsistent

Das Corona-Casting der beiden verlief von Anfang an zuungunsten von Armin Laschet. Erst musste er sich wie auch die Bundeskanzlerin von Söder zum Jagen tragen lassen und folgte nach anfänglichem Zaudern immer dem Weg des Bayern in einen immer härteren Lockdown. Dann versuchte er sich zu emanzipieren und mithilfe einer Studie des Bonner Virologen Hendrik Streeck zum NRW-Hotspot Heinsberg als oberster Lockerer Deutschlands eine eigene Kontur zu bekommen. Sein Handeln, vor allem aber sein Reden blieb jedoch inkonsistent. Einmal haderte er öffentlich damit, dass die Virologen heute so und morgen so redeten. Als sei das eine hinreichende Entschuldigung für sein eigenes Hin und Her.

Und jetzt kommt Tönnies obendrauf. Der Lockerer Laschet muss wegen eines furchtbaren Corona-Ausbruchs in einer Schlachtfabrik mit furchtbaren Arbeits- und Hygienebedingungen die Landkreise Gütersloh und Warendorf wieder in den Lockdown versetzen. Andere Bundesländer erklärten umgehend Gütersloher und Warendorfer zu ungebetenen Gästen und verhängten ein sogenanntes Beherbergungsverbot. In Urlaubszeiten heißt das, dass teilweise Gütersloher die erniedrigende Erfahrung machen mussten, bei Ankunft an ihrem Urlaubsort abgewiesen und zur Umkehr gezwungen zu werden. Bayern war, wieder einmal, vorneweg bei diesem Beschluss. Und die Schmach, die die Urlauber vor Ort erleben, ist auch ein Schmach, die Laschet politisch erlebt.  

Söder macht kaum Fehler

Corona entblättert und entblößt auf vielen Eben gnadenlos. Und im Wettstreit der Aspiranten auf die Kanzlerkandidatur macht Markus Söder den Eindruck, als komme er gerade erst so richtig auf Betriebstemperatur. Als sei da noch Potenzial nach oben. Wohingegen Laschet wirkt wie einer, der in seiner derzeitigen Rolle schon an bis über dem Limit dessen ist, was er zu leisten und auszuhalten imstande ist. Söder macht kaum Fehler, bis auf den, dass er immer wider durchblicken lässt, wie sehr er die Begeisterung über ihn selbst verstehen kann. Weil er selbst so begeistert von sich ist. Wenn er sich etwa in eine Gemeinschaft der „Umsichtigen und Besonnenen“ unter den Ministerpräsidenten einreiht. Oder befindet, so mancher zeige ja in der Corona-Krise, was er könne. 

Solche Eitelkeitsausbrüche verkneift sich Laschet. Aber die Furche, die er zieht, ist lang nicht so gerade wie jene seines bayerischen Wettbewerbers. Und eines könnten beide lebende Kanzler, Schröder ebenso wie Merkel, einem jeden Nachfolger garantieren: Kanzler sein, das heißt: Corona als Dauerzustand. Denn irgendwas von großer Dimension ist immer. Wenn nicht hierzulande, dann in der EU oder weltweit.

Es gibt auch Schlachtfabriken in Bayern

Wie alles ausgeht? Offen. Wendungen sind jederzeit möglich. Es gibt auch große Schlachtfabriken in Bayern. Eine namens Moksel hat – Stichwort Amigo-Affäre – sogar dem großen Franz Josef Strauß mal Schleifspuren verpasst. 

Die Geschichte bei Volker Rühe seinerzeit ging bekanntlich so aus, dass er weg vom Fenster war wegen Kohls Kassen und eine andere ihre ganze weitere Karriere darauf aufbaute, in dem sie als CDU-Generalsekretärin einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schrieb und sich von Kohl lossagte. Sie regiert bis heute. 

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