Ampel-Regierung plant Zeitfreiheitsgesetz - Gegen den Fetisch Pünktlichkeit

Die Ampel-Regierung will, dass Unpünktlichkeit in Schulen nicht mehr geahndet wird. Durch das neue Zeitfreiheitsgesetz sollen vor allem Kinder und Jugendliche vom Stressfaktor Pünktlichkeit entlastet werden. Der Popanz um die Zeit sei unnötig.

„Generationen von Schülerinnen und Schülern sind mit einer engen Zeittaktung drangsaliert worden, satt Kreativität und Lebensbejaung zu fördern“, schreibt das Bildungsministerium / picture alliance
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Volker Resing leitet das Ressort Berliner Republik bei Cicero. Er ist Spezialist für Kirchenfragen und für die Unionsparteien. Von ihm erschien im Herder-Verlag „Die Kanzlermaschine – Wie die CDU funktioniert“.

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Hinweis: Dieser Beitrag war ein Aprilscherz.

Die Ampel-Regierung plant ein erstes Ergänzungsgesetz zum neuen Selbstbestimmungsgesetz. Nach der Ermöglichung der freien Wahl des Geschlechtes sollen künftig auch weitere gesellschaftliche Normen zur Disposition stehen, um die freie Entfaltung der Persönlichkeit zu fördern. Ein Regierungssprecher bestätigte entsprechende Recherchen von Cicero

Konkret werde im Bundesbildungsministerium ein Gesetz erarbeitet, das die Zeitautonomie jedes einzelnen Menschen stärken will. Pünktlichkeit als gesellschaftliche Norm soll hinterfragt werden. Künftig soll unpünktliches Erscheinen besonders in Schulen nicht mehr geahndet werden, um den Stressfaktor bei Kindern und Jugendlichen zu minimieren.

Falsches Ideal

„Wir haben mit der Sekundärtugend der Pünktlichkeit ein falsches Ideal propagiert“, heißt es in dem Gesetzentwurf, das der Redaktion vorliegt. „Generationen von Schülerinnen und Schülern sind mit einer engen Zeittaktung drangsaliert worden, statt Kreativität und Lebensbejaung zu fördern“, heißt es in dem Vorschlag des Ministeriums weiter. Mit der Rahmengesetzgebung des Bundes sollen die Bundesländer angehalten werden, Sanktionierung von Unpünktlichkeit in den Schulen abzubauen.
 

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Widerstand kommt bereits aus Bayern und Baden-Württemberg, so ist aus den Staatskanzleien zu hören. In den Ampelfraktionen von SPD, Grünen und FDP herrscht hingegen große Einigkeit in der Frage des so genannten Zeitfreiheitsgesetzes. „Zeit ist etwas Individuelles, wir dürfen nicht zu Sklaven unserer Uhren werden“, hieß es in einer ersten Stellungnahme aus der Grünen-Fraktion.

Bis zu 30 Minuten Verspätung sollen völlig unproblematisch sein, darüber hinaus soll eine Anmeldung bei „zeit-individueller“ Teilnahme empfohlen werden, heißt in der Vorlage weiter. „Wer freiwillig zu der Zeit erscheint, die seinem persönlichen Rhythmus entspricht, ist besser in der Lage zu lernen und sich zu bilden“, erklärt die Pädagogin Sybille Kalow-Koinehacz gegenüber Cicero, die als Expertin die Bundesregierung berät. Druck und Zwang, die allein einer Zeitsensibilität huldige, ohne Lebensumstände und Befindlichkeit des Einzelnen zu achten, widerspreche unserem Menschenbild, so die Wissenschaftlerin der Humboldt-Universität Berlin.

Deutsche Bahn ist begeistert

Der Liberalisierung im Schulbereich sollen weitere gesellschaftliche Sektoren folgen. Es gelte insgesamt dem „Popanz um die Pünktlichkeit“ entgegenzutreten, heißt es auch aus dem Kanzleramt. Der Psychologe Roland Kopp-Wichmann, der die Regierung berät, erklärte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: „Minutengenaue Pünktlichkeit ist ein Fetisch unserer Zeit.“ Seit der Atomuhr würden wir jetzt selbst Millisekunden zählen. Das habe unsere Welt verändert. „Die Natur funktioniert aber seit Millionen Jahren prima und ist auch nicht pünktlich.“

Positive Rückmeldungen kommen etwa von der Deutschen Bahn und aus dem Baugewerbe. „Die politische Debatte folgt oft der Logik eines Zeitdiktats statt auf Tugenden wie Muße und Geduld Wert zu legen“, sagte eine Sprecherin der Bahn Cicero
 

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