Cannabis-Gesetz - „Fördermaßnahme für die Organisierte Kriminalität“

Das Gesetz zur Freigabe des Cannabis-Konsums offenbart den unreifen, affektgetriebenen Charakter der Ampel-Politik. SPD-Abgeordnete sehen vor allem die Organisierte Kriminalität als Nutznießer.

25 Gramm, so viel Cannabis darf man künftig besitzen / dpa
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Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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Die Cannabis-Legalisierung war eigentlich als das Gute-Laune-Projekt der Ampel-Koalition geplant. Dass davon mittlerweile, wo es konkret wird, nichts übrig ist, hat nicht nur mit der generell miserablen Stimmung in der Ampel und im ganzen Land zu tun. An dem Vorhaben zeigt sich der ganze Unernst, ja die Infantilität, die unsere politische Klasse und erst recht die „chattering classes“ um sie herum prägt. Da zwitscherten auf Twitter und anderen sozialen Medien Regierungsmitglieder (inklusive FDP) wie Teenager nach ihrem ersten Joint dämlich-unbedarft über „Bubatz“ – erkennbar stolz auf ihre damit scheinbar belegte Jugendlicheit. 

Unter der gemeinsamen Koalitionsvertragsparole des „Fortschritts“ schien die Hasch-Legalisierung so etwas wie eine überfällige Umsetzung eines alten kulturkämpferischen Ziels zu sein, das schon die grünen Omas und Opas von den „umherschweifenden Haschrebellen“ Anno 68 zur Überwindung des „Muffs“ der alten Gesellschaft verfolgt hatten. 

Doch je näher die Legalisierung rückte, desto unübersehbarer ließ die euphorisierende Wirkung nach. Dafür sorgte der nüchterne Forschungsstand der Wissenschaft über die nicht ganz harmlosen Folgen des Cannabis-Konsums, der immer öfter in den Medien nachzulesen war, auch heute wieder angesichts der Befassung des Gesundheitsausschusses des Bundestags mit dem Thema. Dazu gehören vor allem Schädigungen des sich noch entwickelnden Gehirns – und das hält sich nun einmal nicht an die gesetzmäßige Volljährigkeitsschwelle von 18 Jahren, sondern entwickelt sich meist noch bis zum Alter von 25 (zu Bismarcks Zeiten übrigens das Alter der Volljährigkeit). Ausgerechnet in der besonders cannabis-affinen Altersgruppe kann der häufige Konsum also zu Psychosen und anderen schwerwiegenden Schädigungen wie dem Schrumpfen des Hirns führen. 

 

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All das spricht nicht grundsätzlich gegen die kontrollierte Legalisierung von Cannabis, wenn man davon ausgeht, dass Drogen nicht ganz aus der Welt zu schaffen sind und ein sehr weit verbreitetes menschliches Bedürfnis stillen, aber es spricht gegen den anfänglichen leichtfertig-infantilen Umgang der Ampel-Parteien mit dem Vorhaben, der den Cannabiskonsum letztlich verharmlost hatte. Als ob die Bubatz-Legal-Politiker der Ampel mit dem erratischen Gesundheitsminister Lauterbach erst jetzt, da sie Haschisch und Marihuana legal machen, zum ersten Mal mit Schrecken vernommen hätten, dass der Spaß doch nicht so harmlos ist, rudern sie mit dem Standardinstrument ihrer Moralpolitik dagegen an: eine Plakatkampagne mit den Parolen „Legal, aber risky/unklug/lost …“. Wir erlauben es zwar, aber klug ist es nicht. Das Attribut „unklug“ kann man durchaus auch auf die handelnden Politiker beziehen. 

Auch die innen- und kriminalpolitischen Implikationen des geplanten Gesetzes sorgen nicht zuletzt in der SPD-Bundestagsfraktion nun für große Verunsicherung. Die Abgeordneten Sebastian Fiedler und Sebastian Hartmann – selbsterklärte „Befürworter einer neuen, progressiven Drogenpolitik“ – stellen in einem Schreiben an die Fraktion, das Cicero vorliegt, dem Gesetzesvorhaben ein vernichtendes Zeugnis aus. Der wohl schärfste von vielen treffenden Vorwürfen ist, dass das Ziel der Kriminalitätsbekämpfung nicht erreicht wird. Dazu gehörte vor allem das im Koalitionsvertrag festgelegte Vorhaben: „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“. 

Paradiesische Zustände für Kriminelle

Aber genau diese lizenzierten Geschäfte, die polizeilich gut kontrollierbar wären, sind im Gesetz eben nicht vorgesehen. Stattdessen wird einfach der Besitz von relativ großen Mengen und der Selbstanbau von Cannabis-Pflanzen in einem Umfang, der weit über den Eigenkonsum hinausgehen kann (und in der Praxis ohnehin völlig unkontrollierbar sein wird), freigegeben. Letzteres würden Fiedler und Hartmann komplett verbieten. Die grundsätzliche Freigabe des Konsums in der Öffentlichkeit wird außerdem jegliche Hemmschwelle auch für Jugendliche herabsetzen. Die Kontrolle von Konsumverbotszonen um Schulen und Spielplätze wird praktisch fast unmöglich sein. 

Dealer und ihre kriminellen Organisationen können sich also auf paradiesische Zustände freuen. Fiedler und Hartmann: „Das erlaubte Mitführen von 25 g Cannabis begünstigt Kleindealer erheblich: Sie bilden auf dem Weg zu den KonsumentInnen die letzte Stufe der Lieferketten. Sie könnten in Zukunft gefahrlos bis zu 25 g (entspricht im Durchschnitt Stoff für 75 Joints) bei sich tragen und dürften sich lediglich in den wenigen Sekunden der Geschäftsausführung (Übergabe Rauschgift und Entgegennahme Bargeld) nicht erwischen lassen. Verglichen mit der heutigen Situation würde das Gesetz de facto zu einer Entkriminalisierung von (Klein-)Dealern und damit zu einer Stärkung der Organisierten Kriminalität führen.“ 

Zumal beim geplanten Inkrafttreten des Gesetzes am 1.4.24 noch gar kein legal produziertes Cannabis verkäuflich sein wird, weil die Anbauvereine erst zum 1.7.24 anfangen dürfen. Die Freigabe des öffentlichen Konsums von Haschisch dürfte illegalen Händlern nicht zuletzt auch optimale Bedingungen bieten, um Haschkonsumenten noch einfacher und massenhaft die derzeit Europa überflutenden härteren Drogen wie Crack und Kokain feilzubieten. „Das Gesetz wirkt insoweit als staatlich organisierte Fördermaßnahme für die Organisierte Kriminalität“, schreiben Fiedler und Hartmann.

Die Ampel-Koalition hat mit diesem Cannabis-Gesetz im Affekt gehandelt, ohne die tiefgreifenden, langfristigen Auswirkungen zu bedenken. Ein Handlungsmuster, das man auch auf anderen Politikfeldern, etwa beim Ausstieg aus der Kernenergie, erleben konnte. 

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