Ein Mann raucht in der Öffentlichkeit: Cannabis ist in der Alltagskultur längst angekommen / dpa

Zur aktuellen Cannabis-Debatte - Recht auf Rausch

Auch unser Genusskolumnist ist dem gelegentlichen Genuss von Cannabis-Produkten nicht abgeneigt. Die aufgeregte Debatte um die Teillegalisierung dieser seit Jahren etablierten Alltagsdroge ist für ihn nur schwer nachvollziehbar.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Wäre man Zyniker, könnte man fast von Glück reden, dass es mit dem Krieg in der Ukraine, der Inflation und der von den Grünen brachial eingeforderten „Heizungswende“ wichtigere Themen gibt als den Umgang mit einer seit 12.000 Jahren bekannten Nutzpflanze, die seit über 2500 Jahren auch als Rauschmittel genutzt wird. Wäre dies nicht der Fall, würde der mediale Hype um die nunmehr auf den Weg gebrachte Teillegalisierung von Cannabis noch ganz andere Kapriolen hervorbringen als ohnehin schon.

Vor allem bayerische Politiker – bekanntlich Drogenkonsum nicht immer abgeneigt – haben sich in dieser Debatte schon seit Jahren immer wieder auf die Comedy-Ebene begeben. Unvergessen ist zum Beispiel Marianne Mortler, die in ihrer zeitweiligen Rolle als Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen eine Journalistenfrage, warum denn Alkohol erlaubt und Cannabis verboten sei, kurz und bündig beantwortete: „Weil Cannabis eine illegale Droge ist.“

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Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 22. April 2023 - 09:29

Zwar halte ich eine vorsichtige Legalisierung auch für besser als eine zu krasse Reglementierung, aber, mit Verlaub,
der Unterschied zwischen Alkohol und Haschisch ist der zwischen Nahrungsmittel und Droge.
Bedeutet, dass Alkohol verdaut werden muss.
Drogen vermutlich auch, aber sehr viel schwerer, weil im Gehirn?
Aber auch richtig, Alkohol wie Drogen berauschen, entfesseln, entgrenzen?
Und nach einer Weile sieht man auch genauso aus?
So wie man nach zuviel Hormonen, Amphetaminen etc., aber auch zuviel Essen aussieht.
Drogen und Autofahren sollte strikt verboten werden, wie Alkohol und Autofahren.
Was waren meine Rauschmittel als Jugendliche?
Musik, Filme, Texte und hin und wieder Sexualität.
Aber auch das musste verdaut werden.
Drogen lindern Schmerzen?
Erweitern sie nicht eher die Räume um den Schmerz, in die dieser dann noch schlimmer hineinwachsen kann?
Krebs, Megawachstum muss reduziert, nicht entfesselt werden.
Was bietet sich da an?
Ich kenne nur ausreichend Schlaf und Baldrian

Gerhard Lenz | Sa., 22. April 2023 - 09:51

Sauf', till you drop, zwischen Leber und Milz passen immer noch zwanzig Pils' - sind ja, nach bayrischer Lesart - Lebensmittel.
Schnäpse sind doch schöne, traditionelle Kulturgüter, die zuweilen eine recht amüsante Historie haben. Ganz zu schweigen vom Wein, dem Gesöff für die bourgeoisen Klassen: Während der Prolo sich literweise Gerstensaft zuführt, geniest der Genußmensch einen guten Tropfen.
Den gibt es für fünf Euro allerdings hier und da auch im Automaten - hat zwar nicht immer die gleiche "Blume", macht aber, in entsprechender Menge, auch richtig besoffen.
Alles statthaft und gesellschaftlich akzeptiert.

Cannabis ist natürlich ein ganz anderes Kaliber. Da verdient keine Industrie, noch nicht jedenfalls. Das wurde nie in irgendwelchen Klostergärten angebaut, dementsprechend wird es auch wohl nie "Benediktiner-Gras" oder ähnliches geben. Und überhaupt: Ist das nicht was für Hippies - neue und späte -, Langhaarige, vermeintliche Intellektuelle und so?

Verdächtig, verdächtig..

Florian Rauscher | Sa., 22. April 2023 - 10:24

nur ein kurzer Hinweis: Frau Mortlers Vorname ist Marlene. Nicht Marianne.

Kai Hügle | Sa., 22. April 2023 - 10:50

Eine schlüssige Argumentation. Hinzuzufügen wäre allenfalls, dass Alkoholmissbrauch nicht nur zu Persönlichkeitsveränderungen, depressiven Verstimmungen, Unruhe, Angst bis hin zu Panikattacken und Wahnvorstellungen führen, sondern auch tödlich enden kann. Die Zahlen sind erschreckend!

https://www.rnd.de/gesundheit/alkoholatlas-2022-8000-krebstote-durch-al…

Ich bin gegen eine Legalisierung von Cannabis, gestehe aber, dass ich das nicht wirklich gut begründen kann. Nach Lesen Ihres Artikels noch weniger als vorher...

Romuald Veselic | Sa., 22. April 2023 - 11:18

mit kiffigen Momenten in eigener Privatsphäre. Nach dem Motto: Leben & Leben lassen. Aber bitteschön, behellige mich damit nicht. ?

Worum es hier geht, sind "Nebeneffekte" die unterschiedlich auf unterschiedliche Menschen/Individuen wirken. Ich glaube, hier beginnt das Problem. Das sich zwischen destruktiv bis zu träumerisch harmlos spannt. Weil das Negative die Drogenlandschaft- u Verbrauch dominiert, wurde es untersagt, verboten, Konsum bekämpft. Auch hier wurde der Maßstab angewendet: Wem nutzt das?

Falls dies auf Unbeteiligte o Nichtkonsumenten übergreift, wird's problematisch. Deshalb verstehe ich die angeführte skeptische/ablehnende Einstellung dazu.

Denn der Trend, man sieht's im Alltag, driftet Richtung Unvernunft bis Wahn. Siehe Klebstoffkonsumenten, die Klebstoff zweckentfremdet verwenden, um sich mit dem Asphalt zu vereinen.

Darf man sie deshalb Klebewixxer nennen? Ist das etwa diskurturelle Aneignung?

Prost Wochenende ??

Albert Schultheis | Sa., 22. April 2023 - 11:23

"Dennoch ist unbestritten, dass regelmäßiger Cannabiskonsum zu massiven Persönlichkeitsveränderungen, depressiven Verstimmungen, Unruhe, Angst bis hin zu Panikattacken und Wahnvorstellungen führen kann" - Ja, nicht einmal nur regelmäßiger, sondern durchaus sogar der einmalige Genuss. - Das kennen wir vom Alkohol zB nicht, der im Übrigen hier seit über Tausenden von Jahren eingebürgert ist. Warum eine so gefährliche Droge neu einbürgern, von der die Folgen nur zu gut bekannt sind, aber von der profitierenden Lobby verschwiegen werden? Auch die freie Verfügbarkeit von Porno auf jedem Händi ist ein "Bürgerrecht", aber sie ist sozial hochgradig toxisch für jede Gesellschaft. Warum eine Droge einführen, die besonders unsere so gefährdete Jugend und Kinder nur noch mehr gefährdet? Die verharmlosende Umgehensweise mit der Droge konnte sich nur verbreiten, weil RotGrüne Politiker (a la Cem) ihren Konsum ungestraft zur Schau stellten und Strafverfolgungsbehörden geltende Gesetze ignorieren!

... was genau jetzt ist unverantwortlich?
Dass Herr Balcerowiak den gelegentlichen Konsum von Cannabis zugibt? Oder einer behutsamen Legalisierung allgemein positiv gegenüber steht, obgleich er sich den Gefahren der Droge bewusst ist? Und unverantwortlich wem gegenüber? Ihnen? den Lesern des Cicero? der Gesellschaft allgemein?
Nein. Eine begründete Meinung zur Legalisierung von Cannabis zu haben und zu äußern ist nicht unverantwortlich!

Ein paar ganz kurze Anmerkungen. 1.) Es geht nicht darum , Cannabis "neu einzubürgern" oder "einzuführen" - es ist längst eingeführt. 2.) Panikattacken und Wahnvorstellungen nach einmaligem Genuss? Steile These....3.) Die Strafverfolgungsbehörden ignorieren bei Cannabiskonsum keine Gesetze - es gibt längst ganz offiziell einen großen Ermessensspielraum bei geringen Mengen zum Eigenverbrauch. (steht auch in meinem Artikel)

Albert Schultheis | So., 23. April 2023 - 15:09

Antwort auf von Rainer Balcerowiak

Wenn es "nicht darum geht, Cannabis "neu einzubürgern" oder "einzuführen" - es ist längst eingeführt"" - warum dann die ganze Diskussion darüber, dass es jetzt -versuchsweise, mit aller Vorsicht - eingeführt werden soll?
Meine Tochter hatte - vertrauend auf ihre Lehrer:Innen und Mentor:Innen entgegen meinen Warnungen ihre ersten Versuche mit Cannabis gestartet und ist gleich darauf furchtbar mental abgestürzt. Sie hatte massive Panikattacken, hatte Schlafstörungen und verlor jeglichen Lebensmut. Es dauerte Monate, bis sie wieder halbwegs auf die Reihe kam.
Ich selber hatte vor über 40 Jahren mit einigen Studienfreunden in Kalifornien einen veritablen kollektiven Horrortrip erlebt nach dem "Genuss" von kolumbianischem Cannabis, den ein guter kolumbianischen Freund besorgt hatte. So etwas wünsche ich niemandem!
Und natürlich haben die Strafverfolgungsbehörden "einen Ermessensspielraum"! Wie sollte es auch anders sein, wenn Leute wie der Cem oder der Volker (oder Sie) damit kokettieren?

Gunther Freiherr von Künsberg | Sa., 22. April 2023 - 17:18

Der Vergleich von THC und Alkohol hinkt schon deshalb, weil Wein oder Bier nach etwas schmecken und einem natürlichen Zustand, nämlich dem Durst abhelfen, wohingegen THC lediglich ohne Geschmack zu einem Rausch führt.
Die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) bestimmt, dass regelmäßiger THC-Konsum zur Folge hat, dass der Konsument zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet ist. Wer also entsprechende Pflanzen anbaut oder aber Mitglied in einem (500 er) Club wird ist damit regelmäßiger Konsument. Die Mitgliedschaft muss damit zwangsläufig zum Verlust des Führerscheins führen.
Was die Regierung hier plant ist das Zugeständnis, in einem Teilbereich der Kriminalität nicht gewachsen zu sein indem man etwas Illegales legalisiert. Wann erfolgt die Kapitulation bei anderen Drogen?
Das schlimmste aber ist, dass Kriminelle es noch leichter haben Jugendliche an die Droge heranzuführen und damit in die Abhängigkeit zu führen.

Albert Schultheis | Sa., 22. April 2023 - 19:13

Dass Herr Bacerowiak einer bestimmten Meinung anhängt, was den Cannabiskonsum angeht oder dass er zugibt, gelegentlich ein Pfeifchen zu rauchen - das alles ist seine Sache. Unverantwortlich ist - und das ist meine Meinung - den Cannabiskonsum zu verharmlosen und ihn schrittweise in unserer Gesellschaft zu etablieren und zu legalisieren.
Ich habe während meines Studiums in den 70er Jahren in Kalifornien den damals allgegenwärtigen Cannabis-und Drogenkonsum miterlebt und eigene Erfahrungen sammeln können. Dieser Konsum ist der US-Gesellschaft alles andere als gut bekommen. Viele der Konsumenten haben eine sehr bedauerliche persönliche Entwicklung durchgemacht, manche sind heute nicht mehr unter uns. Deshalb entschieden: die Verharmlosung und Legalisierung ist in meinen Augen unverantwortlich.

Naumanna | Sa., 22. April 2023 - 19:34

Also ich sehe das so: wenn einer in meiner Nähe Cannabis raucht, werde ich in Mitleidenschaft gezogen, mir wird schwindlig und ich muss mich fast übergeben. Das ist ein Eingriff in meine Freiheit und ich werde mich dem immer zur Wehr setzen und das nicht dulden.
Alkohol schädigt nur den Trinker - natürlich auch sein Umfeld psychologisch, aber der Alkohol "springt" nicht zum Körper des anderen, Cannabis schon. Man kann sich schließlich nicht dauerhaft die Nase zuhalten. Der Cannabiskonsum in der Öffentlichkeit darf also natürlich nicht erlaubt werden. Des Weiteren gibt es sehr wohl Todesfälle unter Jugendlichen wegen Cannabiskonsum. Einfach mal recherchieren.
Die Droge Cannabis soll legal eingeführt werden, weil dadurch Steuergelder eingenommen werden können. Wie erbärmlich und verlogen.

Ingo Frank | Sa., 22. April 2023 - 20:57

Straßenverkehr. So lange nichts passiert ist alles in Ordnung.
Wenn ich weiß ich fahre Auto, trinke ich nicht. So halte ich das mehr als 50 Jahren und bin damit immer gut gefahren.
Mit freundlichen Grüßen aus der Erfurter Republik

Wenn Sie ein Pfeifchen geraucht haben? Fahren Sie dann trotzdem Auto? Wenn Sie angehalten werden, können Sie ruhig blasen - die Polizei merkt dann erst mal nichts von Ihrem Rausch.
Vor vielen Jahren bin ich einmal per Anhalter durch Kalifornien getrampt und bei einem freundlichen Kiffer im Auto gelandet, der völlig "versteinert" war. Er fuhr mit total überhöhter Geschwindigkeit auf dem Highway, bis es mir zu gefährlich wurde. Ich bat ihn anzuhalten, weil ich angeblich dringend auf die Toilette müsste und bedankte mich für den Trip.