Verstoß gegen Bewährungsauflagen - Kremlkritiker Nawalny zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt

Nach dem Nowitschok-Attentat wurde Alexej Nawalny zum prominentesten Kritiker des Kremlchefs Wladimir Putin. Nun wurde er wegen angeblichen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Ausland reagiert mit Entsetzen.

Der Kremlkritiker Nawalny wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt / dpa
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Dadurch, dass Alexej Nawalny einen Mordanschlag mit dem chemischen Nervengift Nowitschok überlebt hat, wurde er zum bekanntesten Gegner des Kremlchefs Wladimir Putin.

Nun wurde der Journalist zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Prozess gegen ihn wird von vielen als politische Inszenierung betrachtet. Viele sehen darin den Versuch, den schärfsten Kritiker Putins zum Schweigen zu bringen. 

Verstoß gegen Bewährungsauflagen

Am Dienstag sagten Vertreter der Staatsanwaltschaft vor Gericht, Nawalny habe in einem Strafverfahren von vor sieben Jahren in mehreren Fällen gegen Bewährungsauflagen verstoßen.

Deshalb forderte der Strafvollzug dreieinhalb Jahre Haft für ihn. Die Staatsanwaltschaft plädierte für zweieinhalb Jahre, da sie ihm ein Jahr im Hausarrest anrechnen wollte.

Auftritt als Angriff auf Putin

Der Kremlkritiker hat sich in der Berliner Charité und in Baden-Württemberg fünf Monate lang von einem Angriff mit dem Kampfstoff Nowitschok erholt. Er habe sich deshalb nicht persönlich in Moskau melden können. Dies habe sogar Putin zugegeben, als er öffentlich bekannt gab, der „Patient“ sei in Deutschland. „Hören Sie etwa dem Präsidenten nicht zu?“ fragte er das Gericht.

Seinen Auftritt vor Gericht nutzte der 44-Jährige für einen erneuten Angriff auf Wladimir Putin. Dieser werde als „Wladimir, der Vergifter der Unterhosen“ in die russische Geschichte eingehen. Für das Nowitschok-Attentat auf ihn machte Nawalny den Kreml sowie den Inlandsgeheimdienst FSB verantwortlich. Dessen „Killerkommando“ soll ihm das chemische Gift in seiner Unterhose angebracht haben. Putin und der FSB wiesen die Vorwürfe zurück.

Internationales Entsetzen wegen Verfahren

Um das Gerichtsgebäude herum war ein großes Polizeiaufgebot entsendet, die das Moskauer Stadtgericht weiträumig absperrten. So wollte man sich gegen Proteste von Nawalnys Unterstützern rüsten. Bereits vor Beginn der Verhandlung kam es zu ersten Festnahmen, unter den Betroffenen auch einige Journalisten. 

International löste das russische Vorgehen Entsetzen aus. Die Bundesregierung sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bezeichneten das Verfahren als „grob willkürlich“. 

Die Kritik wies Russland erneut scharf zurück. Man werde „Belehrungen“ aus der EU nicht hinnehmen, so der Kremlsprecher Dmitri Peskow.

arn / dpa

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