TV-Debatte der US-Demokraten - Alle gegen Bernie Sanders

Bei der Fernsehdebatte am Dienstagabend in South Carolina musste Bernie Sanders von seinen Demokratischen Mitbewerbern und Mitbewerberinnen viel Kritik einstecken. Aber auch New Yorks ehemaliger Bürgermeister hatte sich wieder gegen Elizabeth Warren zu wehren.

Bernie Sanders hat derzeit große Chancen, Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten zu werden / dpa
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Daniel C. Schmidt ist freier Reporter. Er studierte in Manchester und London (BA Politics & Economics, MSc Asian Politics) und lebt zur Zeit in Washington, D.C.. Schmidt schreibt über Pop, Kultur und Politik.

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Wer sich nicht für Umfragen interessiert oder ihre Aussagekraft anzweifelt, kann sich bei amerikanischen Fernsehdebatten auf ein einfaches Barometer verlassen, um die Lage einzuschätzen: Wer da oben auf der Bühne am meisten gefürchtet wird, bekommt es am härtesten ab. Wer als harmlos gilt, wird mit Kritik in Ruhe gelassen oder mit vergiftetem Lob abgespeist. 

Und weil das so ist, musste im Laufe des Abends Bernie Sanders irgendwann sicher der rechte Arm wehgetan haben. Wenn der Senator aus Vermont nicht selbst ins Mikrophon sprach, meldete er sich während der Debatte am Dienstag in South Carolina ständig wie ein eifriger Schuljunge, um das verbale Feuer seiner Gegenkandidaten zu erwidern: Darf ich jetzt endlich dazu was sagen?

Unterstützung aus Russland?

Kritik kam von allen erdenklichen Seiten: Elizabeth Warren, die Demokratische Senatorin aus Massachusetts, warf Sanders vor, als Politiker nicht effektiv genug zu sein. Der Geschäftsmann Tom Steyer warnte davor, dass unter einem Präsident Sanders die Regierung „die Privatwirtschaft übernehmen“ würde. Joe Biden, der in South Carolina in den Umfragen führt und keinen schlechten Abend hatte, obwohl er das eine oder andere Mal Wut mit Energie verwechselte, erwähnte Sanders’ Wahlverhalten gegen ein Gesetz, das später härtere Hintergrundprüfungen beim Erwerb von Schusswaffen in den USA einführte.

Dieser Kritikpunkt hielt Sanders dazu an, vor laufender Kamera zuzugeben, dass seine Abstimmung gegen das Gesetz keine gute Entscheidung gewesen sei. Kurz davor hielt Pete Buttigieg dann noch Sanders vor, von Russland im Wahlkampf indirekte Unterstützung zu bekommen, wie es aus amerikanischen Geheimdienstkreise vergangene Woche hieß. 

Riss durch die Partei

„Russland will Chaos – und Chaos kommt auf uns zu“, sagte der ehemalige Bürgermeister aus South Carolina, der sich bei den Vorwahlen in Iowa und New Hampshire ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Senator aus Vermont geleistet hatte. “Und jetzt stellen wir uns einmal vor, dass wir einen Großteil des Jahres mit Bernie Sanders gegen Donald Trump verbringen.”

Der Frontrunner der Demokraten war lange Zeit Joe Biden. Barack Obamas Vizepräsident führte in den Umfragen noch bevor er im vergangenen Jahr überhaupt seine Kandidatur angekündigt hatte. Biden machte im Wahlkampf nicht immer eine glückliche Figur. Seit ein paar Wochen heißt der Spitzenkandidat nun Bernie Sanders, und damit wäre auch schon der Riss beschrieben, der momentan durch die Partei geht: Die alte Garde, das Establishment mit der moderaten Vorstellung von Politikgestaltung gegen den progressiven Flügel, der nichts von einer schrittweisen Erneuerung der Gesellschaft hält und radikalere, kompromisslosere Konzepte bevorzugt, um vom Status quo wegzukommen. 

Nebensächlich, was es kostet

Vor allem Buttigieg war darum bemüht, Sanders als jemanden dastehen zu lassen, der Donald Trumps Wiederwahl garantieren würde, weil er Utopien verkaufe und so Wähler der vielbeschworenen Mitte vergraule: „Senator Sanders hat an einer Stelle behauptet, seine Bürgerversicherung koste 40 Billionen Dollar, dann waren es 30, dann irgendwann 17. Ich sage Ihnen, wie sich das am Ende ausrechnet: mit vier weiteren Jahren Donald Trump.“ 

Buttigieg vergaß (oder ignorierte) natürlich, dass in einer post-kapitalistischen Gesellschaft, für die sich Sanders einsetzt, die Frage „Was kostet das?“ bloß eins ist: eher nebensächlich. Und trotzdem wundert sich Amerika zurzeit, ob der selbsternannte Sozialist Bernie Sanders, der in der deutschen Parteienlandschaft eher als linker Sozialdemokrat gelten würde, eine Chance hat, im November 2020 gegen Donald Trump zu gewinnen.

Für eine ernsthafte Antwort ist es viel zu früh, aber auf dem Weg, sich unter den Demokraten die Nominierung zu sichern, ist Sanders bereits. Ein Sieg oder zumindest gutes Abschneiden am Samstag in South Carolina und am sogenannten Super Tuesday (am 3. März stimmen 16 Bundesstaaten gleichzeitig ab) könnte ihm genug Delegiertenstimmen einbringen, um kaum noch einholbar zu sein. 

Letzte gute Möglichkeit

Für die meisten der sechs Mitbewerber und Mitbewerberinnen auf der Bühne in South Carolina war die Debatte also eine letzte gute Möglichkeit, sich vor einem Millionenpublikum zu empfehlen. Weshalb dann auch nicht nur Sanders kritisiert wurde. 

Michael Bloomberg musste sich nach seinem missratenen Auftritt bei der TV-Debatte in Las Vegas vergangene Woche am Dienstagabend wieder viel einstecken. Besonders Elizabeth Warren, die weiterhin auf einen echten Erfolgsmoment in den Vorwahlen wartet, hatte es auf den Milliardär abgesehen. Ob er die Verschwiegenheitserklärungen aller Mitarbeiterinnen, die sich über Belästigungen in Bloombergs Unternehmen beschwert hatten, auflösen würde, wollte Warren wissen. Soweit ging der ehemalige New Yorker Bürgermeister nicht, er erklärte jedoch, „wahrscheinlich einen Fehler gemacht zu haben“, Witze in der Gegenwart dieser Frauen gerissen zu haben. 

Keine glückliche Figur

Als Warren noch einmal nachhakte, sagte er: „Das Ärgerliche an der Senatorin ist, dass für sie genug niemals genug ist.“ Mit diesen eher genervt wirkenden Verteidigungen machte Bloomberg keine allzu glückliche Figur, und richtig Zeit blieb ihm daraufhin nicht, einen zwingenden Fall vorzutragen, warum ausgerechnet er, der den moderaten Bewerbern wie Joe Biden und der am Abend eher unauffälligen Amy Klobuchar Stimmen wegnimmt und so indirekt Sanders pusht, der nächste Präsident der USA werden sollte. 

Bloombergs auffälligster Moment kam, bezeichnenderweise, in den zwei Pausen während der Debatte. Auf den Bildschirmen des übertragenden Senders CBS lief plötzlich Reklame mit einem bekannten Gesicht – ein von Bloomberg produzierter und bezahlter Wahlwerbespot mit und über: Michael Bloomberg.

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