Proteste in Niederlanden - Trotz Beruhigung über 130 Festnahmen

Seit Samstag gilt in den Niederlanden eine nächtliche Ausgangssperre. Dagegen wurde in den vergangenen Nächten in zahlreichen Städten teils gewaltsam protestiert. Diese Nacht war die Lage ruhiger. Trotzdem wurden über 130 Menschen festgenommen.

Auch in dieser Nacht wurden in den Niederlanden wieder 131 Menschen bei Protesten festgenommen / dpa
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Bereits seit vier Tagen gilt in den Niederlanden wegen der Corona-Pandemie eine nächtliche Ausgangssperre. Im Zuge dessen kam es in zahlreichen Städten des Landes in den letzten Nächten zu schweren Protesten. Unter anderem wurden dabei auch Läden geplündert. Vor allem Jugendliche und junge Männer schlossen sich zu gewaltbereiten Gruppen zusammen.

Dabei kam es nach Medienberichten auch vereinzelt zu gewaltsamen Konflikten mit Einsatzkräften der Polizei. Diese gehen mittlerweile davon aus, dass sie gezielt von den Protestteilnehmern angegriffen werden. So sind in sozialen Medien immer wieder Aufrufe zur Konfrontation mit Polizisten zu finden, denen manche Teilnehmer folgen. 

Größte Proteste in Rotterdam

Auch in der letzten Nacht gingen erneut Demonstranten auf die Straße. 131 von ihnen wurden von der Polizei festgenommen. Ihnen wird öffentliche Gewalt und Aufwiegelung vorgeworfen. Wie die Polizei jedoch mitteilt, verlief der Abend ruhiger als in den vorherigen Tagen.

Zu den größten Protesten kam es in der Stadt Rotterdam. Da die Polizei auf die Unruhen vorbereitet war, wurde ein großes Personalaufgebot in die Stadt entsendet. Dadurch habe man größere Eskalationen verhindern können. Insgesamt wurden nach Angaben der Polizei allein in Rotterdam 81 Personen festgenommen. Überwiegend handele es sich bei ihnen um junge Männer unter 25 Jahren.

Gewalt in den vergangenen Nächten stärker eskaliert

In den vergangenen Nächten kam es zu deutlich schwereren Gewaltausbrüchen. Davon berichtet die Tagesschau. In der zweiten Nacht der Proteste musste die Polizei in Amsterdam Wasserwerfer und Hunde einsetzen, um eine Gruppe von circa 1.500 Demonstranten aufzulösen, die im Zentrum der Stadt auf einem Platz demonstrierten.

In Eindhoven war die Stimmung offenbar noch aufgeheizter. Dort setzte die Polizei Tränengas ein, nachdem gewalttätige Demonstranten Fahrzeuge in Brand setzten und Geschäfte am Hauptbahnhof plünderten. Gegenüber Journalisten sagte der Bürgermeister der Stadt, die Lage entwickle sich hin zu einem „Bürgerkrieg“, wenn es so weiterginge.

Corona in den Niederlanden

Bereits seit mehr als einem Monat gilt in den Niederlanden ein Lockdown. Die Regierung will damit die weitere Ausbreitung des Coronavirus bremsen. Seither sind Schulen, Geschäfte und Gaststätten geschlossen. Von den 17 Millionen Einwohnern sind bereits 13.500 an oder mit dem Corona-Virus verstorben.

Wer sind die Demonstranten?

Tom Postmes, Professor für Sozialpsychologie an der Universität Groningen, geht davon aus, dass sich die Demonstranten in drei Gruppen aufteilen ließen. So gäbe es unter den Protestierenden Menschen mit berechtigten Sorgen über die Einschränkung ihrer Freiheitsrechte. Daneben würden Leute protestieren, die grundsätzlich feindlich gegenüber dem Staat und dem System eingestellt sind. Die dritte Gruppe wären unpolitische gelangweilte Jugendliche, die nach dem Adrenalinkick suchen. „Viele denken, endlich passiert etwas.“ zitiert ihn die NZZ.

Überschwappen nach Deutschland unwahrscheinlich

Auch in Deutschland kam es im November in Leipzig nach einer Demonstration der „Querdenker“-Bewegung zu Ausschreitungen. Dass jedoch die aktuelle Stimmung aus den Niederlanden gegen die dortigen Corona-Maßnahmen auch nach Deutschland überschwappt, ist eher unwahrscheinlich. Wie der WDR berichtet, sagt Armin Laschet, dessen Bundesland NRW an die Niederlande angrenzt, er habe die Situation im Blick und erwarte ähnliche Unruhen nicht. 

Mit Material von dpa

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