Folgt Republikanerin Nikki Haley auf Donald Trump? - Lady First für die nächste US-Wahl

Für Donald Trump könnte die Zeit im Weißen Haus bald abgelaufen sein. Wer folgt ihm dann als Hoffnungsträger der Republikaner? Vielleicht Nikki Haley. Denn die Tochter indischer Einwanderer hat alles, was ihrer Partei jetzt schon fehlt.

Kein Fan, dennoch gutes Verhältnis: Nikki Haley neben Donald Trump / dpa
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Stephan Bierling lehrt Internationale Politik an der Universität Regensburg. Soeben erschien von ihm „America First – Donald Trump im Weißen Haus“ (C. H. Beck).

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Wollen die Republikaner in der Nach-Trump-Ära eine Chance auf landesweite Mehrheiten haben, müssen sie auf Politiker wie Nikki Haley setzen. Denn die Partei, die sie seit Richard Nixons Präsidentschaft geschaffen haben und deren Geist Donald Trump aus der Flasche ließ, ist ein Auslaufmodell: Sie ist zu weiß, zu männlich, zu alt, zu konservativ, zu religiös, zu xenophob – und ihre Anhänger sind noch dazu meist schlecht ausgebildet. 

Schon 2012 fragte sich die Führung der Republikaner denn auch konsterniert, wie ihr Kandidat Mitt Romney die Präsidentschaftswahl gegen Barack Obama verlieren konnte. Die Antwort einer groß angelegten Studie: Öffnet euch dem neuen, multiethnischen Amerika.

Egal, ob Trump 2021 (wie es wahrscheinlich ist) oder erst 2025 aus dem Amt scheidet: Haley gehört die Zukunft. Als Kind indischer Einwanderer 1970 als Nimrata Randhawa in South Carolina geboren, ist sie ein Beispiel für gelungene Integration: Angespornt von ehrgeizigen Eltern besuchte sie eine Privatschule, machte einen Bachelor in Rechnungswesen, stieg ins Kleidergeschäft der Mutter ein, übernahm Führungsfunktionen in der regionalen Handelskammer und wurde Vorsitzende der Nationalen Vereinigung von Geschäftsinhaberinnen. Schon in den neunziger Jahren war sie zum Christentum konvertiert, als sie ihren späteren Mann an der Universität kennenlernte. Mit ihm hat sie zwei Kinder. 

Eine Kaskade der „Firsts“

Als Politikneuling forderte Nikki Haley 2004 den republikanischen Amtsinhaber für den Sitz im Repräsentantenhaus ihres Heimatstaats heraus – und schlug ihn überraschend. Damit war sie die erste Indoamerikanerin, die in South Carolina ein hohes Wahlamt innehatte – und die erste Indoamerikanerin, die überhaupt als Republikanerin in ein Einzelstaatsparlament der USA gewählt wurde. 

Weitere „Firsts“ folgten: 2010 bewarb sie sich als erste Frau und erste Farbige um den Gouverneursposten, gewann und wurde jüngste Amtsinhaberin der Nation. Schon damals bewies sie erstaunlichen politischen Instinkt: Als viele in der Partei noch mit der rechtspopulistischen Tea Party fremdelten, sprang sie auf die Bewegung auf. Niedrige Steuern, rigide Abtreibungsregeln, harte Einwanderungsgesetze waren ihr Credo und verschafften ihr die Unterstützung Sarah Palins, der Vizepräsidentschaftskandidatin von 2008 und Star der Tea Party. 2014 wurde Haley locker wiedergewählt. 

Im Jahr darauf zeigte sie erneut Gespür, als ein weißer Suprematist neun Schwarze in einer Kirche in Charleston erschoss. Haley, die bisher das Hissen der Konföderierten-Flagge – ein Symbol von Rassisten in den Südstaaten – unterstützt hatte, setzte nun ein Gesetz in Kraft, das die Flagge auf dem Parlamentsgelände verbot. Jetzt wurden auch die Granden der Republikaner auf sie aufmerksam, was umso leichter war, als es in der Partei kaum politisch aktive junge farbige Frauen mit Einwanderergeschichte gab. 

Zukünftige Präsidentschaftskandidatin? 

2016 erhielt Haley schließlich nationale Prominenz, als die Partei sie offiziell auf Obamas Ansprache zur Lage der Nation antworten ließ. Das Time-Magazin erkor sie im selben Jahr zu einer der hundert einflussreichsten Frauen der Welt.

Mit Donald Trump, vor allem mit seinem Hofieren von Rassisten, konnte Haley, wie fast die gesamte Parteiführung, zu Beginn nichts anfangen. „Ich werde weiter gegen einen Mann kämpfen, der sich nicht vom Ku-Klux-Klan distanziert“, versprach sie Anfang 2016. „Das gehört nicht zu unserer Partei. Das ist nicht der Mann, den wir als Präsidenten wollen. Wir werden das in unserem Land nicht zulassen!“ Doch als sich Trump die Nominierung gesichert hatte, sagte sie, sie werde für ihn stimmen, sei aber „kein Fan“.

Trump trug das Haley nicht nach. In seinem Kabinett alter weißer Männer brauchte er sie als Aushängeschild und ernannte sie zur UN-Botschafterin. Am neuen Arbeitsplatz in New York vollbrachte sie dann ihr Meisterstück: die kontroversesten Ansichten des Präsidenten nicht zu teilen und ihm gleichzeitig öffentlich Loyalität zu bezeugen. Nach zwei Jahren schaffte Nikki Haley zudem etwas, das kaum jemandem sonst in Trumps Umfeld gelang: Sie schied unbeschädigt und zu eigenen Bedingungen aus der Regierung und behielt ein gutes Verhältnis zum Präsidenten. 

Damit hat sich Haley bestens für den nächsten Karriereschritt positioniert. Sie hat Trumps hoch motivierte Kernwähler nicht verprellt, verschleiert aber dank ihrer Herkunft und ihres Geschlechts die Schwäche der Partei bei Minderheiten und Frauen. Eine solche Kombination könnte sie 2024 zur Präsidentschaftskandidatin machen – und sogar zu mehr. Vielleicht ist ihr Geburtstag ein gutes Omen: Nikki Haley ist am 20. Januar geboren, dem Tag, an dem ein neu gewählter Präsident vereidigt wird. Als Frau ins Weiße Haus einzuziehen, wäre ein weiteres First.

Diesen Text finden Sie in der November-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

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