Gegen Nikab und Burka - Schweizer stimmen knapp für Verhüllungsverbot

Mit einer knappen Mehrheit von 52 Prozent stimmen die Schweizer für ein Verhüllungsverbot. Dies zielt vor allem auf muslimische Frauen, die Nikab oder Burka tragen. Aber auch Demonstranten dürfen ihr Gesicht in Zukunft nicht mehr verstecken.

Die Schweiz muss das Verhüllungsverbot nun in die Verfassung aufnehmen / dpa
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Die Schweiz verbietet, entgegen der Empfehlung der Regierung, muslimischen Frauen künftig die Verschleierung mit Nikab oder Burka in der Öffentlichkeit. Bei der heutigen Volksabstimmung sprach sich eine knappe Mehrheit von 52 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Vorlage des Egerkringer Komitees aus, das schon 2009 eine erfolgreiche Volksabstimmung gegen den Bau von Minaretten in die Wege geleitet hatte.

Das Verbot muss nun in die Verfassung aufgenommen werden und gilt auf der Straße, in Restaurants und Geschäften. Nur für Gotteshäuser gibt es eine Ausnahme. Auf lokaler Ebene gibt es solche Verbote bereits in den Kantonen St. Gallen und Tessin.

Auch Demonstranten dürfen sich nicht verhüllen

Offiziell war in der Abstimmungsvorlage von einem Verhüllungsverbot die Rede. Auch Demonstranten dürfen ihr Gesicht künftig nicht mehr verstecken. Der Verein, der die Volksabstimmung mit einer Unterschriftensammlung durchsetzte, macht aber keinen Hehl daraus, dass der Vorstoß auf die muslimische Verschleierung zielte.

Der radikale Islam müsse in die Schranken verwiesen werden, sagte Anian Liebrand von der rechtskonservativen SVP am Sonntag in Fernsehen. Er ist Geschäftsführer des Egerkinger Komitees, das die Unterschriften zur Durchsetzung der Abstimmung gesammelt hatte. Dieser Verein hatte 2009 auf gleichem Weg durchgesetzt, dass keine neuen Minarette in der Schweiz gebaut werden dürfen. „Es geht nur gegen die Radikalen“, sagte SVP-Nationalrat Mike Egger.

Rund 30 Nikabträgerinnen in der Schweiz

Die Gegner des Verbots warfen dem Verein vor, nur Stimmung gegen Muslime machen zu wollen. Mit dem Verbot werde die Gleichberechtigung der Frauen nicht gefördert. In einer freiheitlichen Gesellschaft dürfe es derartige Kleidervorschriften nicht geben. Feministinnen kritisierten, dass auf dem Rücken von Frauen Politik gemacht werde, denn sie müssten künftig mit Bußgeldern rechnen.

Der Anteil der Muslime in der Schweiz lag 2018 bei 5,3 Prozent. Die Zahl der Nikabträgerinnen wird auf rund 30 geschätzt. Die französische Soziologin Agnès De Féo beschäftigt sich seit 15 Jahren mit dem Thema. Nach ihren Angaben sind Frauen in Europa, die sich verhüllen, vielfach erst als Teenager oder Erwachsene zum Islam übergetreten. Sie seien in aller Regel nicht unterdrückt, sondern sehr forsch und wollten mit dem Gewand gegen das gängige Mode- und Schönheitsideal protestieren, sagte sie der NZZ. In Frankreich habe der Nikab durch das dortige Verhüllungsverbot als Zeichen des Protests an Bedeutung gewonnen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte 2014, dass das Verhüllungsverbot weder gegen die Meinungs- noch gegen die Religionsfreiheit verstoße.

mn / dpa

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