Krieg im Nahen Osten - Iran greift Israel mit Drohnen und Raketen an

Der Iran greift Israel mit Drohnen und Raketen an und beweist damit endgültig, dass seine jahrelangen Drohungen gegen den jüdischen Staat ernst gemeint waren. Die USA sichern Israel volle Unterstützung zu.

Iranische Drohne Shahed 136 / dpa
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Der Iran hat am Samstagabend Dutzende Drohnen in Richtung Israel gestartet. Das israelische Fernsehen berichtete, die Drohnen könnten mehrere Stunden unterwegs sein, bevor sie israelisches Gebiet erreichen. Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari beschrieb die Angriffe aus dem Iran als „schwerwiegende und gefährliche Eskalation“. Insgesamt gehe Israel von mehr als 100 Drohnen aus. Außerdem hat der Iran Raketen in Richtung Israel abgefeuert. Es ist der erste direkte Angriff des Irans auf seinen Erzfeind Israel. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu versammelte wegen der Angriffe am Samstagabend im Hauptquartier in Tel Aviv das Kriegskabinett.  

Die Iran-Expertin Sima Shine sagte im israelischen Fernsehen: „Dies ist ein beispielloses Ereignis. Der Iran hat sein Paradigma verändert.“ Es ist auch das erste Mal seit 1991, dass Israel von einem UN-Mitgliedsstaat angegriffen wird. Damals hatte der Irak Dutzende Scud-Raketen auf israelisches Gebiet gefeuert.  

„Wir überwachen die iranischen Killerdrohnen, die nach Israel unterwegs sind, sehr eng“, sagte Armeesprecher Hagari. „Unsere defensiven und offensiven Fähigkeiten sind auf dem höchsten Bereitschaftslevel vor diesem Großangriff des Irans.“ Die israelische Armee gehe gemeinsam mit den Verbündeten Israels „mit ganzer Kraft“ vor, um den Staat Israel und das israelische Volk zu verteidigen.

Das iranische Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei hat in den sozialen Medien seine Drohungen gegen den jüdischen Staat bekräftigt. „Das boshafte Regime wird bestraft werden“, hieß es beim offiziellen Account des Religionsführers auf Twitter/X, ehemals Twitter am Samstagabend. Es sei die „Antwort auf die jüngsten Verbrechen des zionistischen Regimes“, hieß es in einer live im Fernsehen verlesenen Erklärung der iranische Revolutionsgarden. Am 1. April waren bei einem mutmaßlich israelischen Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus zwei Brigadegeneräle und fünf weitere Mitglieder der mächtigen Revolutionsgarden (IRGC) getötet worden. Irans Staatsspitze kündigte daraufhin wiederholt Vergeltung an.  

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wandte sich kurz vor dem Angriff an die Bürger seines Landes. „Der Staat Israel ist stark. Die IDF sind stark. Wir wissen es zu schätzen, dass die USA an der Seite Israels stehen, ebenso wie die Unterstützung Großbritanniens, Frankreichs und vieler anderer Länder“, sagte er. „Wir haben ein klares Prinzip: Wer uns schadet, dem schaden wir auch“, warnte er. „Gemeinsam werden wir standhalten und mit Gottes Hilfe alle unsere Feinde besiegen“, fügte Netanjahu hinzu.

Verteidigungsminister Joav Galant hatte wiederholt betont, ein solcher Angriff werde nicht unbeantwortet bleiben. „Ein direkter iranischer Angriff wird eine angemessene israelische Antwort gegen den Iran erfordern“, hatte Galant zuletzt am Freitag gewarnt. 

Auch die US-Regierung hat den Beginn eines iranischen Luftangriffs gegen Israel bestätigt. US-Präsident Joe Biden werde fortlaufend über die Lage informiert und werde sich mit seinem Sicherheitsteam im Weißen Haus zu Beratungen treffen, teilte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats mit. Der Angriff werde sich „wahrscheinlich über mehrere Stunden hinziehen“.

Für das Krisentreffen verkürzte Biden seinen Aufenthalt in Rehoboth Beach im US-Bundesstaat Delaware, wo er eigentlich das Wochenende verbringen wollte, und flog früher als geplant nach Washington zurück. Den Angaben zufolge wollten auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, Außenminister Antony Blinken, Generalstabschef Charles Brown und CIA-Direktor William Burns an den Beratungen teilnehmen. Biden hatte Israel die volle Unterstützung der USA zugesichert. Am Samstag erneuerte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin diese Zusicherung.

Das israelische Militär sei in höchster Alarmbereitschaft und überwache die Situation, hieß es in einer Mitteilung, die die Armee über Telegram versendete. Das Luftabwehrsystem sei in Bereitschaft ebenso wie Kampfjets und Marineschiffe. Sprecher Hagari betonte, die Armee beobachte die Lage und alle Abwehrsysteme seien bereit. Zudem werde der GPS-Empfang in verschiedenen Landesteilen unterdrückt.  Wegen des Drohnenangriffs kündigte Israel zudem an, es werde seinen Luftraum ab Sonntag 00:30 Uhr (Samstag 23:30 MESZ) schließen, wie israelische Medien unter Berufung auf die Luftfahrtbehörde berichteten.  

Bei dem Angriff könnte es sich um einen Schwarm sogenannter Kamikazedrohnen vom Typ Shahed 136 handeln, die auch Russland im Kampf gegen die Ukraine einsetzt. Die in heimischer Produktion gefertigten Drohnen haben eine Reichweite von etwa 2500 Kilometern und können somit Ziele in Israel erreichen.

Israel hatte angesichts der angespannten Sicherheitslage kurz vor dem Angriff die Alarmbereitschaft weiter erhöht: Die Armee gab neue Schutzanweisungen für die Zivilbevölkerung heraus, die zunächst von Samstagabend bis Montagabend gelten sollten. 

Der Irak und der Libanon haben wegen des iranischen Angriffs mit Dutzenden Drohnen auf Israel ihren Luftraum geschlossen. Das bestätigten der irakische Transportminister, Abdel Rasak Sadaui, sowie der libanesische Transportminister, Ali Hamiyeh, am Samstagabend. Zuvor war bereits bekannt geworden, dass auch der jordanische Luftraum für den zivilen Luftverkehr geschlossen worden war. 

Der britische Premierminister Rishi Sunak hat den iranischen Angriff auf Israel „auf das Schärfste» verurteilt. „Diese Angriffe bergen die Gefahr, die Spannungen zu verschärfen und die Region zu destabilisieren», sagte Sunak einer Mitteilung vom Samstagabend zufolge. „Der Iran hat wieder einmal gezeigt, dass er vorhat, Chaos in seinem eigenen Hinterhof zu stiften.“

Sunak sagte, Großbritannien werde sich weiterhin für die Sicherheit Israels und aller regionalen Partner, einschließlich Jordanien und Irak, einsetzen. „Gemeinsam mit unseren Verbündeten arbeiten wir dringend daran, die Lage zu stabilisieren und eine weitere Eskalation zu verhindern. Niemand möchte mehr Blutvergießen sehen“, sagte Sunak.

Der deutsche Botschafter Steffen Seibert hat alle Deutschen vor Ort aufgefordert, sich an die Anweisungen der Sicherheitsbehörden zu halten. „Ein Direktangriff wie noch nie: Iranische Drohnen im Anflug auf Israel und es kann noch mehr kommen“, schrieb er am Samstagabend auf Twitter/X. „Alle deutschen Landsleute bitte ich dringend, zu Ihrer Sicherheit den Anweisungen des Home Front Command und der lokalen Behörden zu folgen.“

Quelle: dpa

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