Donald Trump mit Corona infiziert - Wie geht es jetzt weiter?

Die Corona-Infektion des US-Präsidenten stürzt das Land in eine weitere Krise. Denn so kurz vor der Wahl ist völlig unklar, wie die Lager auf die neue Situation reagieren werden. Trumps Unterstützer fürchten einen Glaubwürdigkeitsverlust, die politische Debatte könnte vollends aus dem Ruder laufen.

Donald Trump hat sich mit dem Corona-Virus infiziert / picture alliance
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Die Nachricht kam in den frühen Morgenstunden des 2. Oktober: Donald Trump und seine Frau Melania sind positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Damit hat die Pandemie nicht nur den innersten Machtzirkel im Weißen Haus erreicht – betroffen sind jetzt auch der Präsident und die First Lady selbst. Beiden gehe es soweit gut, ließ deren Leibarzt verlauten, sie würden von nun an eine Quarantäne auf unbestimmte Zeit antreten. Trump werde seine Amtsgeschäfte wie gewohnt weiterführen; die Öffentlichkeit werde über den gesundheitlichen Zustand des Präsidenten auf dem Laufenden gehalten. Schon kurze Zeit später trafen Genesungswünsche von Regierungschefs aus aller Welt ein. Auch die Bundeskanzlerin übermittelte Donald und Melania Trump „all meine guten Wünsche“, verbunden mit der Hoffnung, „dass sie ihre Corona-Infektion gut überstehen und bald wieder ganz gesund sind“.

Der Fall Hicks

Trump hatte sein Corona-Testergebnis erhalten, nachdem einen Tag zuvor bei seiner engen Beraterin Hope Hicks eine Infektion mit dem Virus festgestellt worden war. Das ist insofern politisch relevant, als der Postiv-Test von Hicks einigen Mitarbeitern im Weißen Haus offenbar bekannt war, der Präsident am selben Tag jedoch noch nach New Jersey reiste, um dort Spender und Fundraiser für seinen Wahlkampf zu treffen. Auch hatte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Kayleigh McEnany, am Donnerstag noch eine Pressekonferenz abgehalten, ohne den Fall Hicks zu erwähnen und ohne während des Briefings eine Atemschutzmaske zu tragen.

Donald Trump hatte in den vergangenen Wochen mehrfach beteuert, die Pandemie gehe ihrem Ende entgegen, und auch bei Großveranstaltungen immer wieder auf das Tragen einer Maske verzichtet. Auch hatte er sich wiederholt darüber lustig gemacht, dass sein Herausforderer Joe Biden eine Atemschutzmaske tragen würde. Der amerikanische Präsident gehört mit seinem Alter von 74 Jahren zur Risikogruppe, seine angeblich hohen Cholesterinwerte sowie leichtes Übergewicht sind weitere Faktoren, die zu einem problematischen Verlauf der Infektion führen könnten. Er selbst hatte allerdings immer wieder beteuert, bei guter Gesundheit zu sein. Auch während des Fernsehduells mit Biden Mitte dieser Woche hatte Trump keine Anzeichen körperlicher Schwäche gezeigt.

Tägliche Corona-Tests

Nach derzeitigem Kenntnisstand ist unklar, ob der amerikanische Vize-Präsident Mike Pence und dessen Ehefrau ebenfalls auf eine Corona-Infektion hin getestet wurden. Eine entsprechende Anfrage des „Haussenders“ der Republikaner, Fox News, blieb zunächst unbeantwortet. Stattdessen verkündete Pence via Twitter, er und seine Gattin würden sich den Gebeten Millionen Amerikaner für eine rasche und vollständige Genesung von Donald und Melania Trump anschließen. Ein Mitarbeiter im Weißen Haus sagte gegenüber Fox News, dass sich sämtliche Personen einem täglichen Corona-Test zu unterziehen hätten, die in engem Kontakt zum Präsidenten stünden. Im Umfeld Donald Trumps war es in der Vergangenheit schon mehrfach zu Corona-Infektionen gekommen – Ende Juli etwa bei seinem Sicherheitsberater Robert O’Brien.

Die jetzt vordringliche Frage lautet natürlich, welche Auswirkungen die Corona-Infektion Trumps auf den weiteren Verlauf des Wahlkampfs haben wird. Fakt ist, dass es ihm nun nicht mehr wie beabsichtigt gelingen wird, andere Themen als die Pandemie ins Zentrum seiner Kampagne zu stellen. Umfragen zufolge haben die meisten Amerikaner den Eindruck, dass ihr Präsident nicht besonders gut auf die Corona-Krise reagiert habe, weshalb das Thema aus dessen Sicht in den Hintergrund gerückt werden sollte. Die Präsidentschaftswahlen sollen am 3. November abgehalten werden; das nächste Fernsehduell zwischen Trump und Biden war für den 15. Oktober vorgesehen. Es wird nicht stattfinden können, auch ist davon auszugehen, dass der amtierende Präsident bis zum Wahltermin keine Veranstaltungen mehr abhalten kann.

Keine weiteren Fernseh-Duelle

Bisher ist noch weitgehend unklar, wie der Wahlkampf in den Vereinigten Staaten angesichts der neuen Lage fortgesetzt werden soll. Die Antwort auf diese Frage wird sehr stark davon abhängen, welchen Verlauf die Corona-Infektion des amerikanischen Präsidenten nimmt. In Trumps Umfeld wird dessen Infektion jedenfalls als ein extremer Rückschlag für die Aussichten auf eine Wiederwahl gesehen. Dies hat auch damit zu tun, dass Donald Trump mehrfach auf den angeblich schwachen Gesundheitszustand seines Herausforderers Biden abgehoben hatte. Ein Präsident, der nun selbst infiziert ist, nachdem er monatelang die Pandemie kleingeredet hat, müsse jetzt auch innerhalb seiner Kernwählerschaft um seine Glaubwürdigkeit kämpfen, heißt es. Andererseits könne eine rasche Genesung beziehungsweise ein milder Verlauf Trumps Haltung untermauern, die Gefahren von Corona seien übertrieben worden.

In den nächsten Tagen wird sich zeigen, wie Republikaner und Demokraten mit ihren Wahlkampfstrategien auf die neue Lage reagieren. Nicht auszuschließen ist, dass das Trump-Lager Verschwörungstheorien über die Umstände der Infektion des Präsidenten in Umlauf bringen wird. Seit dem aus dem Ruder gelaufenen Fernsehduell zwischen Trump und Biden Mitte dieser Woche ist die Atmosphäre zwischen der jeweiligen Anhängerschaft beider Rivalen vergifteter denn je.
 

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