Doku-Drama über Merkel und die Flüchtlingskrise - Ungarns Botschafter beklagt ZDF-„Schmutzkampagne“

Für das Dokudrama über Angela Merkel und die Flüchtlingskrise wurde das ZDF viel kritisiert, auch aus dem Kanzleramt. Nun ist auch Ungarns Botschafter Peter Györkös verstimmt über das „unfaire Bild“, das der Film von seinem Land zeichne

Syrische Flüchtlinge auf dem Weg nach Deutschland im Jahr 2015 / picture alliance
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Es schien, als sollte es eine Art Denkmal für die Kanzlerin werden. Vier Jahre, nachdem die ersten Flüchtlinge aus Ungarn über Österreich nach Deutschland kommen konnten, widmete das ZDF der Kanzlerin ein Doku-Drama: „Stunden der Entscheidung – Angela Merkel und die Flüchtlinge“. Doch die Darstellung der Kanzlerin wurde ein Debakel. Der 90-Minüter erreichte in der Prime Time nur knapp zwei Millionen Zuschauer. Er fiel aber nicht aber nur beim Publikum und bei den Kritikern durch. 

Er verstimmte offensichtlich Ungarns Botschafter, Peter Györkös. Von einer „Schmutzkampagne“ gegen sein Land, von „an Ehrverletzung grenzende Propaganda“ und von „Fiktionen, die die geographische Realität außer Acht lassen“, schreibt er in einem offenen Brief an ZDF-Intendant Thomas Bellut. Ungarn sei nach dem Dublin-Abkommen nicht für die „illegalen Einwanderer“ zuständig gewesen, schreibt Györkös. Diese wären vorher schon durch fünf oder sechs europäische Staaten gezogen, in denen ihr Leben nicht in Gefahr gewesen sei. Sie seien demzufolge keine Flüchtlinge mehr gewesen. 

„Käffchen?“

Tatsächlich blendet das ZDF-Dokudrama diese Sicht aus. Es zeigt historische Filmaufnahmen von Ungarns Regierungschef Viktor Orban. Er erscheint darin als Karikatur seiner selbst. Rot vor Wut im Gesicht, poltert er gegen Deutschland. Ungarn, sagt er, sei nur eine Station auf der Reise der Flüchtlinge. Ihr Ziel sei Deutschland. Der Film suggeriert damit, Orban habe halb verdurstete und erschöpfte Menschen und Kinder sich selbst überlassen, um sich an der Frau zu rächen, die ihm das Elend eingebrockt habe: Angela Merkel. 

Auch sie, aber das nur am Rande, soll über den Film wenig begeistert gewesen sein. Das Doku-Drama, eine wirre Mischung aus Archivbildern, Spielfilmszenen und Experten-Interviews, verwische die Grenze zwischen Realität und Wirklichkeit, hieß es im Kanzleramt. Von Geschichtsklittung sprach Angela Merkel aber nicht. Im Morning-Briefing des Spiegels heißt es, sie habe eher an einem Detail Anstoß genommen, das an jenem schicksalsträchtigen 4./5. September eher eine untergeordnete Rolle gespielt haben dürfte. Keineswegs sei es so, dass ihre Büroleiterin Beate Baumann „Käffchen?“ frage, bevor sie reihum Tassen fülle. Nein, die Kanzlerin schenke den Kaffee höchstselbst aus. Falls es überhaupt Kaffee gäbe. Denn oft genug trinke sie Tee.  

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