Wohin mit Ihrem Geld? - Vorsicht beim Anleihenkauf!

Die weltweite Verschuldung steigt. Ebenso das Risiko für Handelskriege und politische Unfälle wie einen ungeordneten Brexit. Doch Anleihen sind nicht der Weg aus der Krise. Denn es gibt typische Anzeichen für eine Blase

Erschienen in Ausgabe
Mit Geldanleihen sollten sie derzeit besser vorsichtig umgehen
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Autoreninfo

Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

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Lautstark fordert Olaf Scholz ein Verbot von Negativzinsen für Bankeinlagen. Doch als Finanzminister freut er sich, dass die Anleger bereit sind, der Bundesrepublik Deutschland immer mehr dafür zu zahlen, dass sie ihr Geld leihen dürfen. Schon lange hat Deutschland Japan überholt. Nur der Eidgenossenschaft zahlen die Geldgeber noch mehr für das Privileg, ihr Geld leihen zu dürfen – und das für 50 Jahre! Die Bundesrepublik bekommt immerhin Geld für 30 Jahre umsonst.

Wer aber kauft solche Anleihen, und sollte man sie als Investor weiter halten? Denn im Unterschied zu Investoren, die die Anleihen kaufen müssen, weil die Regulierung sie dazu zwingt – also Lebensversicherungen und Pensionsfonds –, hat man als Privater die Wahl. Nur zwei Gründe, solche Anleihen mit garantiertem Verlust zu kaufen, gibt es: Angst und Gier.

Für eine Fortsetzung der Notenbankpolitik?

Die angstmotivierten Käufer blicken mit immer größerer Sorge auf die aus dem Ruder gelaufene weltweite Verschuldung, die Risiken aus Handelskriegen und politischen Unfällen (wie ein ungeordneter Brexit) und das nur vom billigen Geld der EZB unterdrückte Risiko einer erneuten Eurokrise. Hinzu kommen die berechtigten Sorgen um die Solvenz des Bankensystems in Europa. Gründe genug, Angst zu haben und dem Staat eine Versicherungsprämie für die Verwahrung des Geldes zu zahlen. In der Tat würde auch ich jedem raten, überschüssige Liquidität beim Staat zu parken, allerdings nicht in lang laufenden Anleihen, sondern in kurzfristigen. Deren Zinsen sind zwar noch negativer, aber man läuft nicht das Risiko erheblicher Kursverluste. Würden die Zinsen etwa um einen Prozentpunkt steigen, verlören 30-jährige Anleihen mehr als 20 Prozent.

Anders verhält es sich mit den Gierigen. Diese setzen darauf, dass den Notenbanken angesichts der oben genannten Risiken, der anhaltend geringen Inflation und des schwachen Wachstums nichts übrig bleiben wird, als noch mehr Wertpapiere zu kaufen. Egal zu welchem Preis. Bisher sind sie mit dieser Strategie gut gefahren, und vordergründig spricht viel für eine Fortsetzung der Notenbankpolitik. Die EZB hat bereits angekündigt, erneut unbegrenzt zu kaufen, und auch die US-Notenbank Fed bereitet die Wiederaufnahme der Käufe vor.

Typisches Anzeichen für eine Blase

Ein sicheres Geschäft also? Vielleicht. Es kann aber auch sein, dass Politiker die Strategie ändern. Statt die Zinsen immer weiter in den negativen Bereich zu drücken, was nachweislich der Realwirtschaft nichts bringt, vermutlich sogar eher schadet, wird immer offener über die Finanzierung staatlicher Ausgabenprogramme gesprochen. Die neue Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, hat bei ihrer Vorstellung im Europaparlament bereits erklärt, dass sie in ihrer neuen Rolle auch den ökologischen Umbau Europas zur Klimaneutralität unterstützen will. Das geht nur, indem die EZB den Staaten direkt Geld gibt.

Ja, der Schlüssel für mehr Wachstum und Inflation liegt nur in erhöhten Ausgaben der Staaten. Damit einher ginge aber auch ein Zinsanstieg – wenn auch weiterhin von den Notenbanken gebremst, aber spürbar. Damit drohen Kursverluste und durch höhere Inflation noch tiefere Realzinsen. Die Verluste wären erheblich. Angst und Gier haben gemein, dass sie eine gewisse Selbstgefälligkeit der Märkte widerspiegeln. Es kann schon nichts passieren, denken beide. Typisches Anzeichen für eine Blase an den Märkten. Also lieber andere kaufen lassen und vorsichtig bleiben!

Dieser Text ist in der November-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

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