Wohin mit Ihrem Geld? - Aktien stinken nicht

Die grüne Revolution an den Aktienmärkten will nicht so recht beginnen. Skurriler noch: Unser Kolumnist Daniel Stelter zeigt, wie konventionelle Energieerzeuger aus den Steinen, die ihnen in den Weg gelegt werden, Paläste bauen könnten.

Die schmutzigen Energien sind noch längst nicht abzuschreiben / dpa
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Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

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„Wann kommt denn nun die grüne Rally?“, wurde ich von der Redaktion gefragt. Obwohl US-Präsident Joe Biden ein Mega-Infrastrukturprogramm aufgelegt hat, das den Umbau in grüne Technologien finanzieren soll, und auch andere Industrienationen diesen Weg einschlagen, kommen die Kurse von Aktien und ETFs im Bereich der grünen Technologien nicht voran. Schlimmer noch: Während Energieunternehmen in diesem Jahr mit über 30 Prozent Kursanstieg weltweit die beste Branche waren, sank der Kurs von Firmen mit dem Fokus auf saubere Energien deutlich. 

Dieses Ergebnis überrascht allerdings nur vordergründig. Betrachtet man die vergangenen 18 Monate, lässt sich feststellen: Die traditionellen Energiewerte liegen noch immer unter dem Vor-Corona-Niveau, während die Unternehmen, die sich auf saubere Energie spezialisieren, eine signifikante Rally hingelegt haben und deutlich über dem Vor-Corona-Niveau liegen. Ein Beweis für die alte Börsianerweisheit: Buy the rumor, sell the news. Die Märkte haben früh erwartet, dass Konjunkturprogramme kommen und diese mit einem grünen Anstrich versehen werden.

Grün kann für Spannung sorgen

Die viel interessantere Frage ist: Wie geht es weiter? Kann man davon ausgehen, dass die „grünen“ Anlagen in den kommenden Jahren relativ gut abschneiden? Das kann man erwarten, aber es ist keineswegs garantiert. Zum einen sind auch hier die Bewertungen zum Teil anspruchsvoll, zum anderen ist es keineswegs sicher, dass die bestehenden Anbieter dauerhaft die Nase vorn haben werden. Denn die wahren Technologien zur Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels kennen wir erst in Ansätzen – wenn überhaupt. Der technologische Fortschritt ist die einzige Hoffnung auf diesem Gebiet und für Anleger Chance und Risiko zugleich. Ich erinnere an die Geschichte der deutschen Solarindustrie. 

An dieser Lage ändert auch die neuerdings aktive Rolle der Gerichte nichts. Abgesehen davon, dass es höchst problematisch ist, die Bestimmung des richtigen Weges zum Klimaschutz Gerichten zu überlassen, ist es fraglich, ob diese wirklich die Kompetenz dazu haben. Trotzdem dürften wir eine wahre Klageflut erleben. 

Die Gerichte werden Unternehmen, die zum weltweiten CO2-Ausstoß beitragen, dazu verpflichten, schneller als bereits angedacht, diesen zu reduzieren. Doch selbst bei einem erfolgreichen Umbau der Welt in Richtung erneuerbare Energien dürfte es noch Jahre dauern, bis wir unabhängig von fossilen Energieträgern werden. Unterbleiben nun Investitionen – schon seit einigen Jahren wird unzureichend in die Erschließung neuer Vorkommen investiert –, steigen zwangsläufig die Preise. Optimisten mögen dies als zusätzlichen Anreiz zur Umstellung auf grüne Technologien begrüßen, Pessimisten befürchten soziale Unruhen, und zwar weltweit. Schlagen die Energiepreise doch auf alle Güter durch und treffen vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten.

Wer zuletzt lacht, lacht am besten

Für Anleger bietet dieses Szenario durchaus Chancen. Müssen sich Shell und andere aus dem schmutzigen Geschäft zurückziehen, stehen andere Anbieter in China, Russland und Saudi-­Arabien bereit. Schwer vorstellbar, dass ein Gericht in diesen Ländern eine Klage gegen die Unternehmen überhaupt zuließe. Was nur verdeutlicht, dass die Urteile nicht dem Weltklima helfen, sondern den Ländern und Unternehmen, die nicht mitmachen. 

„Geld stinkt nicht“, stellten schon die alten Römer fest, nachdem Kaiser Vespasian für öffentliche Toiletten eine Latrinensteuer einführte. Heute gilt es für Rohstoffaktien außerhalb der westlichen Welt. Wer konsequent ist, mischt noch ein paar Uranminen dazu, die allerdings auch schon deutlich zugelegt haben. Vergessen wir nicht: Mit das beste Aktieninvestment des vergangenen Jahrhunderts waren Tabakunternehmen. Aufgrund des Klagerisikos immer günstig bewertet, lieferten sie konstant hohe Dividendenrenditen. Gut möglich, dass es den Ölwerten in einigen Ländern auch dank der Mithilfe hiesiger Klimaaktivisten ähnlich ergeht.

 

Dieser Text stammt aus der Juli-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

 

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