DeepL - Besser als der Google Übersetzer

Die Kölner Firma DeepL übertrumpft mit ihrer Übersetzungssoftware Branchenriesen wie Google und Microsoft – und baut ihren Vorsprung weiter aus. Immer mehr Unternehmen und Behörden setzen auf das Programm. Wie ist das zu erklären?

DeepL-Chef Jaroslaw Kutylowski hat keine Angst vor Google
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Nils Wischmeyer ist freier Finanz- und Wirtschaftsjournalist beim Journalistenbüro dreimaldrei

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Übersetzungen sind heute schnell gemacht: Browser öffnen, einen oder mehrere Sätze eingeben und schon spuckt Google Translate den Text in der gewünschten Sprache aus. Viele Millionen Nutzer machen das jeden Tag. Doch immer wieder stoßen sie auf Probleme, wenn das Programm sinnlose oder falsche Phrasen ausspuckt. Ganze Texte mit der Software des US-Konzerns zu übersetzen, vermittelt nach wie vor allenfalls einen Eindruck dessen, was eigentlich als präzise Übersetzung erwünscht wäre. Ist Künstliche Intelligenz noch nicht so weit?

Die Kölner Firma DeepL behauptet seit rund zwei Jahren anderes. Immer beliebter wird die eigene Software bei Unternehmen und gilt bereits als neuer Star unter den digitalen Übersetzern. DeepL übersetzt ganze Sätze im Kontext und das oft besser als die Techfirmen im Silicon Valley. Zuletzt schafften sich sogar die Schweizer Behörden die Profiversion an, um Texte übersetzen zu lassen. Da die Schweiz mehrsprachig ist, verspricht man sich dort Kostenersparnisse.

Erfolgsfaktor neuronales Netzwerk

Was aber soll ein Start-up aus Köln können, was die Superrechner von Google nicht können? Wer DeepL-Chef Jaroslaw Kutylowski nach seinem Trick fragt, erntet ein charmantes Lächeln. Der studierte Informatiker ist ein ruhiger Typ, trägt Polo und Jeans. Er schwafelt nicht, so als ob auch seine Sprache effizient sein müsste. Er sagt: „Prinzipiell machen wir zwei Dinge anders als die Konkurrenz.“

Besonders wichtig sei die Architektur des neuronalen Netzwerks, die sich grundlegend von der von Google unterscheide. Zudem wählen die Programmierer die Texte, mit denen der Algorithmus gefüttert wird, anders aus. Von Beginn an haben sie bei DeepL auf Kontext gesetzt. Ähnlich wie ein Kind soll die Maschine so neue Wörter und Sätze immer in Bezug zu anderen lernen. Der Supercomputer der Firma bekommt also nur ausgewählte Nahrung statt Buchstabensalat vorgesetzt.

Deshalb erkennt das Programm von DeepL heute auch Redewendungen. Wie genau diese Auswahl aussieht, will Kutylowski nicht verraten. „Das bleibt unser Geheimnis“, sagt er – oder wie DeepL korrekt übersetzt: „That remains our secret.“ Google würde sagen: „That is our secret.“

Der Erfolg des Mittelständlers hat seinen Ursprung 2007. Gereon Frahling hörte bei Google auf, begann dann ein neues Projekt, aus dem 2009 die Firma Linguee entstand. Frahling ist bis heute an Bord, hat sich aber aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Die Seite linguee.com ist mehr Suchmaschine alle Wörterbuch. Für jede Phrase prüft das Programm, ob jemand diesen oder einen ähnlichen Satz schon übersetzt hat, ob in Gesetzestexten oder in mehrsprachigen Unternehmensbilanzen. Diese Übersetzungen bekommen Nutzer dann angezeigt. Auf diesem Datenschatz, den Linguee gesammelt hat, baut DeepL auf. 

Anfragen aller Dax-Konzerne

Linguee wuchs schnell, schrieb 2013 erstmals schwarze Zahlen. 2017 erwirtschaftete die Firma dem Bundesanzeiger zufolge einen Jahresüberschuss von 1,2 Millionen Euro, 2018 war es rund eine Million Euro. Mehr als acht Millionen Euro verzeichnete die Firma im selben Jahr als Kapitalrücklage. 2017 ging die Webseite von DeepL erstmals online, im selben Jahr benannte sich die Firma um. Seit 2018 gibt es eine kostenpflichtige Pro-Version, die unter anderem die Daten besser schützt, die die Kölner Firma übersetzt. Der Zulauf ist groß. „Im ersten Monat hatten wir Anfragen aller Dax-Konzerne im Postfach“, sagt Kutylowski. Der Großteil der Kunden, die die freie Version von DeepL nutzen, übersetze mit DeepL Geschäftliches. „So schnell und effizient wie der Algorithmus kann das kein Übersetzer“, sagt er. 

Perfekt ist der digitale Übersetzer aber nicht. Nicht immer treffen Übersetzungen den richtigen Ton oder ergeben inhaltlich Sinn. In den Schweizer Behörden gilt die Übersetzung bei Fachtexten daher eher als Ergänzung. Spätestens bei Wortspielereien oder Witzen ist die Maschine dem Menschen unterlegen.

Neun Sprachen übersetzt die Kölner Firma zurzeit, darunter neben Englisch auch Spanisch und Französisch. Wer Kontakt mit asiatischen Kunden hat, ist mit DeepL aufgeschmissen und muss auf Alternativen zurückgreifen, etwa von Google*. Dass der US-Konzern mit seinen großen Datensätzen DeepL am Ende doch überholt, ist nicht unwahrscheinlich. Kutylowski aber gibt sich gelassen: „Wir sind seit zwei Jahren führend und haben den Vorsprung sogar ausgebaut.“ Sorgen vor Google jedenfalls habe man keine.

*Update: DeepL bietet seit dem 19. März auch Japanisch und Chinesisch an. Diese Information wollte das Unternehmen zum Zeitpunkt des Magazindrucks aber noch nicht offenlegen.

Dieser Text ist in der März-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

 

 

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