Lebensmittelmanager Manfred Vondran - Der Müslimacher

Lebensmittelmanager Manfred Vondran will dem altehrwürdigen Haferflockenhersteller Peter Kölln ein jüngeres Image verpassen. So steht dem Hamburger Traditionsunternehmen in den nächsten zwei Jahren der größte Umbau in seiner Geschichte bevor.

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Kristina Läsker ist eine Wirtschaftsjournalistin aus Hamburg.

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Wer an diesem Herbsttag in Elmshorn zur Peter Kölln GmbH will, muss nur dem Geruch folgen. Vanilleduft hängt weich und süß in der Luft. Er entströmt einem der roten Ziegelsteinbauten auf einem Gelände mitten in der Stadt. Seit gut 200 Jahren produziert die Firma Kölln hier Haferflocken. Später kamen Müsli und Porridge dazu. 

In einer der Hallen steht Udo Saß neben einem Ofen und öffnet eine kleine Klappe. „Heute backen wir Knuspermüsli“, sagt der 35-Jährige und zeigt auf ein Förderband. Dort schiebt sich eine Masse aus Haferflocken, Mehl, Palmöl, Zucker und Vanillearoma vorbei. Udo Saß ist Müller, er leitet die Herstellung der Zerealien und hat sein ganzes Berufsleben hier verbracht. Wie viele der 380 Kollegen. Er mag seinen Job, sagt er. „Ich kann viel mitgestalten.“ 

„Wir werden das Unternehmen weiter modernisieren“ 

Das Lob ist aufschlussreicher, als es klingen mag. Denn Saß sagt das, obwohl der Betrieb seinen Leuten gerade einiges zumutet. Lange war es am Standort Elmshorn, gut 30 Kilometer nordwestlich von Hamburg, eher beschaulich zugegangen. Mit Liebe zum Detail und einer Neuheit ab und an. Bis August 2022. Damals holten die Inhaber – die Firma gehört in siebter Generation der Familie Driftmann – mit Manfred Vondran einen Manager aus der Lebensmittelbranche an die Spitze. Vondran hatte vorher bei der Bahlsen-Gruppe und dem Waffelhersteller Helmut Löser gearbeitet, jetzt sorgt der 58-Jährige in Elmshorn für Tempo. Er sagt: „Wir werden das Unternehmen weiter modernisieren.“ 

Der Betriebswirt empfängt in einem getäfelten Raum in der Zentrale. Von Ölbildern blicken frühere Chefs herab auf einen dunklen Holztisch. Dort stehen Müslikartons in Grün, Rot und Lila, sie sind auch ein optischer Ausdruck für den Wandel. Viele Jahrzehnte hatte Kölln nur die hellblau-dunkelblauen Verpackungen, in denen heute noch die „Blütenzarten Köllnflocken“, der Klassiker, verkauft werden. Die neuen Boxen werben mit Sprüchen wie „VeganChocTaste“ oder „Crunchy Hazel“. Das soll die Marke verjüngen und 20- bis 30-Jährige ansprechen. „Wir haben dieses Jahr acht neue Müslis im Markt platziert“, sagt Vondran. Darauf ist er stolz. Denn für einen Betrieb mit nur 60 Produkten ist das ein gewaltiger Sprung. 

 

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Dafür will Vondran nun auch die Fertigung stärker automatisieren. „Wir wollen die Produktionskapazität um bis zu 80 Prozent bis 2025 erhöhen“, sagt er. Im Frühjahr soll zudem der Bau eines weiteren Werkes starten – auch das ist Neuland. Dort will Kölln erstmals Haferprodukte fertigen, die als Basis für Fleischersatzwaren wie Schnitzel, Würstchen oder Hackfleisch dienen. 

Für all das werde ein „höherer zweistelliger Millionenbetrag“ investiert. Das neue Werk soll von der Stamm-Mannschaft betrieben werden. Übersetzt: Neues Personal wird für das Wachstum erst einmal nicht eingeplant, und das dürfte so manchen im Haus sorgen. Denn wie will eine Firma ihren Output in zwei Jahren fast verdoppeln ohne neue Leute? Bedeutet das nicht immer Mehrarbeit? 

Größter Umbau in der Historie

Die Eignerfamilie unterstütze ihn bei seinem Kurs, sagt Vondran, Kölln gehe es gut, Umsatz und Gewinn seien „zufriedenstellend“. Zahlen veröffentlicht die Firma nicht, laut Unternehmensregister betrugen der Umsatz 2021 gut 142,7 Millionen Euro und der Gewinn 4,6 Millionen. 

Mit diesem Finanzpolster will Kölln nun den größten Umbruch in der Historie schaffen. Die Ursprünge der Firma gehen auf 1795 zurück, als Hans Hinrich Kölln eine Grützmühle am Elmshorner Hafen erwarb. 1820 wurde der Betrieb dann von dessen Sohn Peter Kölln gegründet. Ein Jahrhundert später wurden die „Blütenzarten Köllnflocken“ als Marke eingetragen. 2004 folgte ein ungewöhnlicher Schritt: Kölln kaufte externe Marken wie die Speiseöle Biskin und Livio dazu, sie werden seither von fremden Anbietern hergestellt und von Kölln vermarktet. 

Mit Innovationen ist Kölln also meist behutsam umgegangen, warum beeilt sich der neue Chef dann so? Das könnte daran liegen, dass er nur begrenzt Zeit hat. Denn Vondran ist ein Chef auf Abruf. Er darf bleiben, bis Friederike Driftmann ihn ablösen wird. Die 32-Jährige ist die Hauptgesellschafterin. Derzeit arbeitet die Juristin bei der Boston Consulting Group. Ab wann sie den Betrieb künftig führen will, ist offen. Driftmann selbst sagt, das werde „in nicht allzu ferner Zukunft“ sein.

 

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