Internes Dokument der CDC - Vollständig Geimpfte können sich mit Delta-Variante infizieren

Erkenntnisse aus einem internen Dokument der US-Seuchenschutzbehörde könnten einen Kurswechsel der Impfkampagne einläuten. Nämlich, dass schon bald nicht mehr die Eindämmung der Corona-Pandemie oberstes Ziel wäre, sondern nur noch der Schutz des Einzelnen vor schwerer Krankheit oder dem Tod.

Die Impfkampagne in den USA ist nach dem schnellen Start ins Stocken geraten / dpa
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Die Delta-Variante des Corona-Virus soll ernstere Krankheitsverläufe verursachen als frühere Mutanten des Virus. Berichtet wurde darüber in der Vergangenheit häufig. Ein internes Papier der obersten US-Seuchenschutzbehörde (CDC) bestätigt diese Beobachtungen, zusätzlich legt das Papier aber nahe, dass die Delta-Variante sich so einfach verbreite wie Windpocken, also über einige Meter durch die Luft. Daher müsse anerkannt werden, dass der Kampf gegen das Virus sich verändert habe, heißt es in dem Papier, das der Tageszeitung Washington Post vorliegt und die zuerst darüber berichtet hat.

Aus dem unveröffentlichten CDC-Dokument, einer Präsentation, sollen die Schwierigkeiten herauszulesen sein, die die Behörde damit hat, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, Impfangebote wahrzunehmen und sich an Corona-Maßnahmen zu halten. Dazu zählen das Tragen von Masken. Denn in den USA steigen die Infektionszahlen seit Anfang Juli wieder kräftig an, die Sieben-Tage-Inzidenz ist in den USA aktuell fünfeinhalb Mal so hoch wie in Deutschland. Das liege laut dem Papier unter anderem auch daran, dass selbst geimpfte Menschen das Corona-Virus weitergeben könnten.

Delta-Variante verbreitet sich noch einfacher als Ebola

Deshalb müssten mehr Menschen besser davon überzeugt werden, sich impfen zu lassen, weil das die wirksamste Maßnahme gegen eine Virus-Variante sei, die sich mittlerweile ganz anders verbreite als die ursprüngliche Corona-Variante. Die Delta-Variante würde sich viel schneller zwischen Geimpften und Ungeimpften im ähnlichen Maße verbreiten. Die Übertragung geschehe noch einfacher als bei Ebola oder gewöhnlichen Erkältungen. Die Viruskonzentrationen in den Atemwegen geimpfter Infizierter seien vergleichbar mit denen von ungeimpften Corona-Infizierten, zitiert die Washington Post aus dem CDC-Dokument.

Gleichzeitig wird in dem Papier auf die wachsende Impfskepsis in der US-amerikanischen Bevölkerung hingewiesen. Dass ein internes Dokument der CDC nun den verringerten Schutz vor Ansteckungen unter vollständig Geimpften konstatiert, könnte der Impfkampagne einen weiteren Dämpfer verpassen. War Herdenimmunität durch die Impfung von so vielen Individuen in der Gesellschaft wie nur möglich zu Anfang das proklamierte Ziel von staatlichen Impfaktionen, geht es künftig wohl mehr darum, den Einzelnen vor schwerer Krankheit oder dem Tod durch das Virus zu schützen. Wenn sich die vorläufigen Daten, auf die sich das CDC in seiner Präsentation beruft, durch weitere Forschung bestätigen sollten.

Forscher der CDC sollen so alarmiert gewesen sein angesichts der neuen Forschungsergebnisse, dass die Behörde bereits Anfang dieser Woche ihre Handlungsempfehlungen für Geimpfte deutlich angepasst hat, also wieder zum Tragen von Masken in geschlossenen öffentlichen Räumen auch für Geimpfte geraten hat. Das gelte insbesondere für Orte, an denen sich vulnerable Bevölkerungsgruppen, etwa in Altenpflegeeinrichtungen, aufhalten. Im Mai diesen Jahres war diese Empfehlung in den USA aufgehoben worden.

Impfskepsis dürfte sich durch das CDC-Papier noch weiter verschärfen

Eine Folie der unveröffentlichten CDC-Präsentation konstatiert ein höheres Risiko unter älteren Infizierten, im Krankenhaus behandelt werden zu müssen bis hin zum Tod im Vergleich zu Jüngeren unabhängig davon, ob sie geimpft sind oder nicht. Auf einer weiteren Folie soll die Schätzung von 35.000 symptomatischen Infektionen pro Woche pro 162 Millionen geimpften US-Amerikanern gestanden haben. Aktuell werden im Schnitt 40.000 Infektionen pro Tag in den USA nachgewiesen, symptomatische wie asymptomatische.

Entsprechend würde es in dem Dokument um Herausforderungen in der Kommunikation gegenüber der Bevölkerung gehen. Schließlich stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Impfkampagne, wenn Infektionsfälle auch unter Geimpften auftreten. Darüber hinaus würde von Bedenken regionaler Gesundheitsbehörden berichtet, ob Impfungen immer noch effektiv seien. Das CDC sei mit der gewaltigen Aufgabe konfrontiert zu belegen, dass Corona-Impfstoffe ernsthafte Krankheitsverläufe und Todesfälle verhindern können. Gleichzeitig müsse die Behörde auch eingestehen, dass milde Durchbruchinfektionen, also Infektionen bei bereits geimpften Menschen, gar nicht so selten vorkommen dürften wie bisher angenommen. Und dass Geimpfte das Virus damit auch weitergeben können.

Zwar würden Impfungen nach wie vor erheblichen Schutz vor dem Virus bieten. Nur gelte das nicht für alle Geimpften gleichermaßen. Wie alt die Betroffenen sind und ob ihr Immunsystem beeinträchtigt ist, spiele laut CDC eine Rolle dabei, wie wirksam Impfungen gegen die Delta-Variante seien. Deshalb sei es künftig vielleicht nötig, dass vulnerable Bevölkerungsgruppen eine zusätzliche dritte Impfung bekommen.

Den Artikel der Washington Post finden Sie hier.
 

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