Sponsoring bei der Fußball-EM - Geld stinkt nicht

Von den zwölf offiziellen Sponsoren der Fußball-EM kommen sechs aus China, Russland und Katar. Dies zeigt nicht nur den Einfluss, den autoritäre Staaten mittlerweile auf den europäischen Fußball nehmen, sondern auch deren Bedeutung für den europäischen Fußball als Markt.

Joshua Kimmich beim Spiel gegen Frankreich, im Hintergrund Sponsorenwerbung eines chinesischen Konzerns/ dpa
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Autoreninfo

Thomas Dudek kam 1975 im polnischen Zabrze zur Welt, wuchs jedoch in Duisburg auf. Seit seinem Studium der Geschichts­­wissen­schaft, Politik und Slawistik und einer kurzen Tätigkeit am Deutschen Polen-Institut arbei­tet er als Journalist.

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Cristiano Ronaldo scheint nicht mit jedem Sponsor der seit Freitag stattfindenden Fußball-Europameisterschaft einverstanden zu sein. Denn bevor der portugiesische Superstar am Montag die Pressekonferenz begann, räumte er erstmal die obligatorischen Coco-Cola-Flaschen aus dem Blickfeld der Kameras, die bei diesem Turnier auf jeder Pressebühne postiert sind. Stattdessen stellte Ronaldo seine Wasserflasche in den Blickpunkt 

Die Szene sorgte für Schlagzeilen. Dabei sind solche Aktionen nicht neu in der kommerzialisierten Sportwelt, auch wenn diese nicht immer die gleiche Motivation haben, wie bei dem gesundheitsbewussten Ronaldo. Schlicht stehen dahinter auch oft finanzielle Interessen. Als der legendäre Basketballer Michael Jordan bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona mit einem Dream Team der amerikanischen NBA die Goldmedaille gewann, überdeckte er bei der Medaillenübergabe das Logo des Ausrüsters Reebok mit einer US-Fahne. Jordan hatte einen hochdotierten Exklusivvertrag mit dem Konkurrenten Nike. 

Sponsoren aus autoritären Staaten

Nichtdestotrotz lohnt ein Blick auf die Sponsoren der zurzeit stattfindenden EM. Wobei man eigentlich gar nicht einen Blick auf diese werfen muss. Durch die Werbebanden am Spielfeldrand springen einem während der Spiele regelrecht ins Auge. Und auffallend dabei ist, dass neben bekannten westlichen Marken auch Unternehmen aus China zu den Sponsoren gehören. Mit Alipay, einem Onlinefinanzdienstleister, dem Elektronikkonzern Hisense, dem 2009 entstandenem und seit einigen Jahren ins Ausland expandierendem Smartphone-Hersteller Vivo und dem weltweit populären Videoportal TikTok sind es gleich vier Konzerne aus dem Reich der Mitte, die zu den zwölf exklusiven Partnern der UEFA bei diesem Turnier gehören. Nicht fehlen tun in dieser Liste auch Gazprom aus Russland und Qatar Airways aus Katar, deren Engagement im Fußball seit Jahren unübersehbar ist.

Es sind Konzerne, die nicht nur aus autoritär regierten Staaten kommen, sondern die selbst zum Teil im Verdacht stehen, Handlanger der jeweiligen Regime zu sein. So wird TikTok vorgeworfen, Spionage für die chinesische Regierung zu betreiben. Immer wieder werden gegen die besonders bei Jugendlichen beliebte Plattform auch Zensurvorwürfe erhoben. 

Sport als Bühne der Politik

Nicht gerade den europäischen Werten entsprechend sollen auch die Methoden von Hisense und Vivo sein. Beide Konzerne stehen im Verdacht, von der Zwangsarbeit von Uiguren zu profitieren, einer in China unterdrückten muslimischen Minderheit. Und über die engen Verbindungen zwischen dem UEFA-Sponsor Gazprom und dem Kreml muss man erst gar nicht informieren. Die sind allgemein bekannt.

Die Liste der EM-Sponsoren, die im Vergleich zu dem Turnier 2016 sogar noch demokratischer aussieht, da dieses Jahr nicht der staatliche Mineralölkonzern SOCAR aus Aserbeidschan auf dieser zu finden ist, wo stattdessen einige Spiele der EM stattfinden, zeigt welche Weiterentwicklung die politische Einflussnahme auf den Fußball und den Sport im Allgemeinen genommen hat. Man agiert nicht mehr nur als Gastgeber von Sportgroßveranstaltungen. Es reicht auch nicht mehr, sich beim Fußballspielen, oder im Fall von Putin und Lukaschenko bei einer Eishockeypartie, im Schal eines populären Vereins oder beim Händeschütteln mit einem berühmten Sportler ablichten zu lassen. Was übrigens nicht nur eine Spezialität von Erdogan & Co. ist, wie Gerhard Schröder bewies, der auf dem Bolzplatz den Kampfnamen „Acker“ trug und sich während seiner Kanzlerschaft gerne beim Kicken oder beim Besuch des damaligen Bundesligisten Energie Cottbus von der Presse begleiten ließ. Nein, heute greifen autoritäre Staaten und die von dort stammenden Unternehmen auch auf marktwirtschaftliche Methoden zurück, um den Sport für ihre Zwecke zu nutzen.

Vorreiter Gazprom

Ein Vorreiter dabei war der russische Staatskonzern Gazprom, der auch Namensgeber der EM-Arena in St. Petersburg ist. Seit 2007 ist Gazprom Hauptsponsor des schon damals finanziell angeschlagenen Bundesligisten FC Schalke 04. Es ist ein auch zukünftig in der 2. Bundesliga hochdotierter Deal, der von dem Ex-Kanzler Gerhard Schröder miteingefädelt worden sein soll und den Grundstein legte für ein mittlerweile weitangelegtes Netzwerk des russischen Energieriesen im europäischen Fußball. 

Neben Schalke ist Gazprom auch Sponsor des serbischen Spitzenvereins Roter Stern Belgrad. Auch beim von Thomas Tuchel trainierten neuen Champions League-Sieger FC Chelsea, im Besitz des russischen Oligarchen Roman Abramowitsch, gehörte Gazprom vor einigen Jahren zu den offiziellen Partnern. Seit 2012 ist Gazprom auch offizieller Partner der Champions League, dem wichtigsten europäischen Vereinswettbewerb. 40 Millionen Euro soll Gazprom jährlich allein für diesen Deal an die UEFA überweisen. Und als ob das nicht genug wäre, hat der umstrittene Energieriese seit seinem Einstieg 2005 für Hunderte Millionen Euro den russischen Durchschnittsverein Zenit St. Petersburg zu einem ambitionierten Spitzenverein geformt. Es ist ein Engagement, welches sich für Gazprom lohnt. Durch die Omnipräsenz im europäischen Fußball bekommen die in Europa umstrittenen Geschäfte des Energieriesen aus Russland nicht nur Seriosität. Nein, sie helfen auch, neue Kontakte zu knüpfen

Spielball der Golfstaaten

Auf eine neue Ebene hoben die Golfstaaten Katar, Gastgeber der im nächsten Jahr stattfindenden WM, und Abu Dhabi das Engagement im Sport. Sie fungieren nicht mehr nur als Sponsoren, sondern haben sich durch staatliche Investmentunternehmen mit engsten Verbindungen zu den jeweiligen Herrscherfamilien gleich in den europäischen Fußball eingekauft. Wenn in der Champions League Manchester City (Abu Dhabi) und Paris Saint Germain (Katar) aufeinandertreffen, kann man diese Partien durchaus als eine Fortsetzung der Konflikte in der Golfregion betrachten

Es wäre jedoch zu einfach, hinter dem Sponsoring aus Russland oder China nur politische Motive zu sehen. Die Fußballverbände, Profivereine aber auch Sportler mögen zwar viel von Respekt und generell politischer Verantwortung reden, doch sie verfolgen auch knallhart wirtschaftliche Interessen. So fragwürdig die Politik in China auch sein mag, so ist das Land zu einem wichtigen Markt für den europäischen Fußball geworden. Und das zeigt sich nur daran, dass chinesische Unternehmen, übrigens auch in der Bundesliga, als Sponsoren auftreten. Die spanische La Liga hat bereits vor einigen Jahren ihre Anstoßzeiten dem asiatischen Markt angepasst. 

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