EU-Maut-Pläne von Andreas Scheuer - Der Panikminister

Eine EU-weite Pkw-Maut soll der neueste Clou des Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer sein. So spannend das auch klingen mag, wie so vieles aus dem Haus des CSU-Ministers wirkt es wenig durchdacht. Es kostet Steuern, Nerven und ihn vielleicht doch irgendwann das Amt.

Sandkasten-Streit: Söder (rechts) gegen Scheuer (links) / dpa
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Bastian Brauns leitete das Wirtschaftsressort „Kapital“ bei Cicero von 2017 bis 2021. Zuvor war er Wirtschaftsredakteur bei Zeit Online und bei der Stiftung Warentest. Seine journalistische Ausbildung absolvierte er an der Henri-Nannen-Schule.

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Der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer möchte sich im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft für ein europaweites Modell der Pkw-Maut einsetzen. Scheuer sagt, er nehme damit den Wunsch vieler EU-Mitgliedsstaaten auf, einen neuen Anlauf für eine Nutzerfinanzierung der europäischen Straßen zu nehmen. Dabei ginge es ihm um „Innovation, Effizienz und Klimaschutz“.

Doch es wirkt wie schon so oft bei den Plänen des CSU-Ministers, ob nun bei der Ausländer-Maut, die vor dem EuGH scheiterte, bei den Elektroscootern oder aktuell bei dem peinlichen Formfehler der neuen Straßenverkehrsordnung (StVO): Was er vorschlägt, klingt oft erst einmal nicht schlecht, aber im Detail wirkt dann alles chaotisch, nicht durchdacht und am Ende kostet es Milllionen von Steuergeldern. So schicken nun etwa Polizeibehörden zu Unrecht eingezogene Führerscheine zurück an die Fahrer, weil Scheuers Novelle der StVO einen Formfehler hat.

Und was ist nun mit der EU-Maut? Es klingt natürlich zunächst nicht schlecht, davon zu träumen, eine EU-weite Harmonisierung der Mautsysteme zu erreichen. Eine einheitliche Maut für alle klingt wünschenswert und irgendwie auch gerecht. Aber ist sie das wirklich? Und sollte Scheuer so ein Fass ausgerechnet jetzt öffnen, wo er mitten einem eigenen Maut-Skandal steckt, der ihn nach wie vor das Amt kosten kann?

Panikreaktionen statt sinnvolle Aktionen

Scheuers Vorschlag wirkt deshalb wie das, was man eine politische Nebelkerze nennt. Vernebelt werden soll, was eigentlich im BMVI im Argen liegt. Tatsächlich hätte eine europaweite Vignette voraussichtlich gar nicht die klimaschonende Lenkungswirkung, die Scheuer verspricht. Zu Recht weist das SPD-geführte Umweltministerium darauf hin, dass eine Art „Flatrate“ die Vielfahrer belohnen und Wenigfahrer belasten würde. Da von der Bundesregierung eine Bepreisung von CO2 im Verkehr ab 2021 beschlossen wurde, wird das Fahren mit Benzinern und Dieselfahrzeugen ohnehin schrittweise teurer. Will ausgerechnet Andreas Scheuer eine Doppelbelastung für Autofahrer? Schwer vorstellbar.

Und so ist es nicht abwegig, zum Schluss zu kommen, dass die Aktion von Andreas Scheuer nicht mehr ist als eine Panikreaktion. Warum sonst gelangt sein Vorhaben einer „EU-Maut-Richtlinie“ so überraschend wie plötzlich an die Öffentlichkeit, ohne dass sein Vorschlag zuvor – wie es üblich und sinnvoll ist – mit den anderen Ressorts seiner Kabinettskollegen abgestimmt wurde? Panik hat der Verkehrsminister zu Recht. Denn sein Parteichef Markus Söder hat Scheuer gerade abermals kritisiert, nachdem er ihn bereits vor einigen Monaten indirekt angezählt hatte, indem er einem Austausch von CSU-Ministern angekündigt hatte. Er sagte damals: „Ich werde meinen Beitrag als CSU-Chef neben der inhaltlichen Neuordnung leisten.“ Dazu gehöre, dass es auch personelle Ergänzungen brauche. „Auch die Umfragewerte einzelner Personen sind bei uns immer ein Gradmesser.“

Letzte Warnung oder schon das Ende?

Im ZDF-Sommerinterview nun eine erneute Watschn von Söder an Scheuer wegen der fehlerhafen StVO-Novelle: „Das ist sehr, sehr ärgerlich und das muss auch aufgearbeitet werden“. Sollte Markus Söder wirklich Kanzlerkandidat für die Union werden wollen, dann muss er seinen Stall bis dahin aufgeräumt und schwarze Schafe aussortiert haben. Die deutliche Kritik an Scheuer klingt wie eine letzte Warnung. Wenn selbst der eigene Parteichef so deutlich wird, scheint der Minister aber kaum noch zu halten sein.

Nach den Parlamentsferien steht für Scheuer erneut der Maut-Untersuchungsausschuss an, wichtige Zeugen werden dann aussagen. Zuletzt wurde bekannt, dass der Minister im Rahmen der Maut-Vergabe einen privaten Mailaccount genutzt hat. Man wird den Eindruck nicht los, dass Andreas Scheuer notorisch überfordert ist. Aber statt ordentlich abzuarbeiten, und wie versprochen, alles vollkommen transparent aufzuklären, verschleiert und verstolpert er sich von einem Thema zum nächsten.

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