E-Scooter - Moover und Shaker

Ab sofort sind E-Scooter gesetzlich erlaubt auf Deutschlands Straßen. Gebaut werden die Gefährte bisher vor allem in Asien – ein Nachfolgeunternehmen der Fürther Metz-Werke will das ändern

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Der Finne Lauri Jouhki leitet die Geschicke von Metz-mecatech / Sonka Och
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Lars-Thorben Niggehoff ist freier Wirtschaftsjournalist aus Köln.

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Wer nach Fürth reist, der reist in die Vergangenheit der deutschen Industrie. Die fränkische Stadt stand zwar immer ein wenig im Schatten des großen Nachbarn Nürnberg, doch tatsächlich begannen hier viele Erfolgsgeschichten der deutschen Wirtschaft. Im Vorort Zirndorf entstand bereits 1876 die Brandstätter-Gruppe, heute vor allem bekannt für die Spielzeugserie Playmobil. Der Versandhändler Quelle baute seinen Hauptsitz in Fürth, genau wie die Fernsehhersteller Grundig und Metz.

Doch Grundig war bereits 2003 insolvent, Quelle trotz Fusion mit der Karstadt AG im Jahr 2009. Metz folgte 2014, der Fernseh- und Fotoblitzgeräteproduzent war zahlungsunfähig. Was das Ende für ein Traditionsunternehmen zu sein schien, entpuppt sich in der Rückbetrachtung jedoch als Neubeginn. Die Lichter sind bei Metz nicht ausgegangen.

Wie es dazu kam, das kann Lauri Jouhki erzählen. Seit 2015 leitet der 34-jährige Finne die Geschicke von Metz mecatech, einem der zwei Nachfolgeunternehmen der Metz-Werke. Bei mecatech ist das Blitzgeräte- und Kunststoffgeschäft gebündelt, die lokal verwurzelte Daum-Gruppe übernahm die Geschäftsfelder nach der Insolvenz. Als Jouhki seinen Dienst antrat, musste er sich einer unangenehmen Erkenntnis stellen: Das Fotografiegeschäft lief nicht. „Die Menschen kaufen weniger Kameras, dementsprechend auch weniger Zubehör“, sagt er. Die Firma musste sich umorientieren, um das Überleben zu sichern, vielleicht sogar ein neues Geschäftsfeld entdecken.

Die Entwicklung der Idee

Die Überlebensstrategie für Metz ist 16 Kilogramm schwer, hört auf den Namen Moover – und ist ein E-Scooter, einer der motorisierten Kickroller, die nicht wenige für einen der wesentlichen Treiber der Mobilität der Zukunft halten. „Der Moover kann bis zu 20 Stundenkilometer schnell werden, für Strecken von 500 Metern bis fünf Kilometern ist er ein ideales Fortbewegungsmittel“, berichtet Jouhki stolz. Aktuell ist es einer von lediglich zwei E-Scootern, die man auf deutschen Straßen fahren darf, seit Anfang März gilt eine Sonderzulassung des Kraftfahrtbundesamts.

Wie kommt ein Hersteller von Fotozubehör dazu, in E-Mobilität zu investieren? Die Antwort findet man beim Investor. Die Daum-Gruppe verdient ihr Geld mit Antriebstechnik für Ergometer und E-Bikes, hat also Berührungspunkte. „Bei der Entwicklung des Moovers hat die Daum-Gruppe definitiv eine Rolle gespielt“, sagt Jouhki.

2016 begann Metz erstmals damit, die Idee voranzutreiben. Gesetzliche Vorgaben für die Zulassung von E-Scootern waren nicht in Sicht. Zunächst wollte Metz den Moover deshalb als E-Bike zulassen. „Darauf haben wir anfangs auch unsere ganze Entwicklung fokussiert“, erinnert sich Jouhki. Die Behörden machten den Ingenieuren der Firma jedoch einen Strich durch die Rechnung. Anfang 2018 war klar, dass es mit der Straßenzulassung so nichts wird. Also arbeitete man weiter an dem Gerät, bis es nun mit der Sonderzulassung klappte.

Regulierung wird noch dieses Jahr erwartet

Gefahren werden darf der Moover auf der Straße, es braucht lediglich ein Versicherungskennzeichen. Eine Helm­pflicht gibt es nicht. Bisher hat Metz eine niedrige vierstellige Zahl der Roller verkauft, perspektivisch hofft man auf fünfstellige Absatzzahlen jährlich. Man ist vorsichtig in Zirndorf, die Konkurrenz ist groß, vor allem aus China. Dort gefertigte Roller sind deutlich günstiger als der Moover, den man für 1998 Euro erstehen kann. Jouhki verteidigt den hohen Preis: „Wenn Sie einmal auf einem dieser Billigroller stehen und dann auf einem von uns, erkennen Sie den Unterschied.“ Nicht nur Endverbraucher sollen umworben werden, ein möglicher Absatzmarkt für den Scooter sind auch Unternehmen mit weitläufigen Werksgeländen. Dort könnte der Roller Arbeitswege deutlich verkürzen. Metz argumentiert, dass sich solche Investitionen für die Firmen schon nach kurzer Zeit rechnen würden.

Eine Regulierung für die Straßenzulassung von E-Scootern wird noch dieses Jahr erwartet. Jouhki kann sich vorstellen, dass Metz dann eine günstigere Variante des Moovers für die Endverbraucher auflegt. „Da warten wir erst einmal ab, wie die Vorgaben sind.“ In die schwarzen Zahlen will die Firma dieses Jahr aber unabhängig davon kommen. Die letzten Jahre seien schwer gewesen, auch weil sich die Zulassung des Moover so lange hinzog. „Aber 2019 wird sich die Investition auszahlen“, ist sich Jouhki sicher. Die Lichter bei Metz sollen auch dank der E-Scooter noch lange weiterbrennen.

 

Dieser Text stammt aus der Juni-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

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