Coronakrise - Auch die Notenbanken werden nicht mehr für Ruhe sorgen

Die Coronakrise macht einmal mehr deutlich, dass billiges Geld zwar jahrelange Börsenaufschwünge befeuert, aber keine Garantie vor heftigen Korrekturen darstellt. Den USA und Europa steht ein ökonomisches Schicksal wie das von Japan bevor.

Der "Schwarze Schwan" Corona ist gelandet / picture alliance
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Vergangenen Monat war das Virus noch ein „Schwarzer Schwan“, ein potenzielles, aber nur bedingt wahrscheinliches Risiko für die Börsen. Inzwischen wissen wir: Der Schwarze Schwan ist gelandet. Seit Einbrüchen von mehr als 20 Prozent innerhalb weniger Tage befinden sich die Börsen der Welt im Bärenmarkt.

Der heftige Einbruch führt uns vor Augen, dass billiges Geld der Notenbanken zwar jahrelange Börsenaufschwünge und Vermögenspreisblasen bewirken kann, aber keine Garantie vor heftigen Korrekturen ist. Am Ende setzt sich die Realwirtschaft durch, und da kommt es auf Wachstum und Gewinne an. Der Einbruch ist sogar umso heftiger, je größer der Anteil des billigen Geldes und je geringer der Anteil der realwirtschaftlichen Verbesserung ist. In den zurückliegenden Jahren war der Anteil der Realwirtschaft so gering wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Dann genügen externe Auslöser, um die Märkte crashen zu lassen. Das aber sind nicht die Ursachen. Diese liegen in Finanzmärkten, die sich immer mehr von der Realwirtschaft entfernt haben. 

Das Platzen der "Alles-Blase"

Was zur Frage führt: Was nun? Ich denke, der Crash wird nicht in einem „Weiter so“ münden. Zum einen hat uns das Virus vor Augen geführt, wie riskant die weltweite Vernetzung von Wertschöpfungsketten ist. Die Unternehmen werden wieder mehr Produktion bündeln und künftig in den Absatzregionen produzieren. Was unter Klimaschutzgründen gut sein mag, wird die Gewinne der Unternehmen schmälern. 

Zum anderen dürfte die Periode der als allmächtig wahrgenommenen Notenbanken zu Ende gehen. Seit 1987 haben diese – angeführt von der US-Notenbank Fed – auf jede Krise in Realwirtschaft oder Finanzmärkten mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik reagiert. Und damit eine Blase an die nächste gereiht: Auf das Platzen der japanischen Blase folgte der Crash von 1987, auf den Zusammenbruch des Hedgefonds LTCM folgte die New-Economy-Blase, auf den 11. September die Immobilienblase in den USA, Irland und Spanien, auf die Finanzkrise die „Alles-Blase“, deren Platzen wir gerade erleben. 

Volatilität und Vermögensrisiken

Währenddessen folgen Europa und die USA immer mehr dem japanischen Weg: Nullwachstum, deflationäre Tendenzen, Konjunkturprogramme ohne Wirkung. Seit 30 Jahren kämpft Japan gegen die Stagnation, ein Kampf, der angesichts schrumpfender Erwerbsbevölkerung immer aussichtsloser erscheint. Ein Szenario, das auch für Kapitalanleger kein attraktives ist.

Ganz so einfach werden sich die Notenbanken und Staaten allerdings nicht geschlagen geben. Abgeschreckt von Japan dürften wir vermutlich schon in diesem Jahr die ersten unkonventionellen Maßnahmen erleben, die im Kern darauf hinauslaufen, dass die Notenbanken die Staaten direkt finanzieren – in Europa vermutlich begründet mit dem Green Deal der EU-Kommission. Da wir es dann mit einer Welt zu tun bekommen, in der nicht nur Japan gegen die Deflation ankämpft, sondern faktisch die ganze Welt – denn China wird gar keine andere Wahl bleiben, angesichts der hohen Verschuldung des Landes ebenfalls mitzumachen –, stehen die Chancen nicht schlecht, dass es am Ende doch gelingt, die Inflation nach oben zu treiben. Allerdings zum Preis eines Vertrauensverlusts in Geld. 

Bis es so weit ist, durchlaufen wir allerdings eine deflationäre Phase fallender Vermögenspreise, wirtschaftlicher Rezession und Pleiten. Zeiten hoher Volatilität und erheblicher Vermögensrisiken liegen vor uns. Die Phase der von den Notenbanken künstlich erzeugten Ruhe ist vorbei. Endgültig.

Dieser Text ist in der April-Ausgabe des Cicero erschienen, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

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