Cicero im Januar - Der Weltweihnachtsmann

Amazon-Chef Jeff Bezos ist einer der reichsten und einflussreichsten Menschen auf der Welt. Aber wer ist Bezos eigentlich und wo möchte er hin? Diesen beiden Fragen sind wir in der aktuellen Januar-Ausgabe nachgegangen

Erschienen in Ausgabe
Wohin strebt Amazon-Chef Jeff Bezos?
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Eine Scheidung ist selten eine schöne Sache, zumal, wenn sie 40 Milliarden US-Dollar kostet. Aber wer von seiner Ex-Frau derart gemolken wird und hinterher immer noch als reichster Mann der Welt firmiert, für den ist das Irdische nicht die letzte Grenze. Jeff Bezos, der Mann mit dem festen Blick und dem kahlen Schädel, ist mit Amazon der größte Online-Händler der Welt. Er gehört zu den neuen Herrschern der Welt, die ihre Macht im Unterschied zu Staats- und Regierungschefs aus ihrer schieren Marktbeherrschung beziehen. Amazon ist nicht nur ein gigantisches virtuelles Kaufhaus, es ist auch ein Datenkrake. Amazon weiß alles über unser Konsumverhalten, weiß, was wir kaufen, was uns im Leben wichtig ist. Daten über die Gelüste der Konsumenten sind ebenso viel wert wie der Verkauf der Konsumgüter selbst.

Amazon ist aber auch so verlockend einfach, so gut sortiert, so allumfassend. „Post vom bösen A“, sagt die Kollegin vom Empfang immer mit leisem Tadel in der Stimme, wenn sie wieder ein Paket mit dem geschwungenen Firmenlogo auf den Tisch legt, weil ich es lieber ins Büro als nach Hause schicken lasse. Ein Klick neben Themenkonferenz und Online-Kommentar zum SPD-Parteitag, und tags darauf ist das Zeug da: keine langen Wege, kein langes Suchen. Wer kann dieser Versuchung schon widerstehen? Auch für die Materialschlacht an diesem Heiligabend wird Jeff Bezos wieder der meistbeschäftigte Weihnachtsmann gewesen sein. Er liefert Geschenke wie der Pizzadienst die Pizza.

Ein Getriebener ohne irdische Grenzen

Wer ist der Mann, der dieses Imperium aufgebaut hat? Und was ist sein Ziel? Der amerikanische Autor Franklin Foer hat Bezos hinterherrecherchiert und gegen alle Widerstände das Bild eines Getriebenen gezeichnet, dessen Ambitionen vor irdischen Grenzen nicht haltmachen. In seiner Abschiedsrede an der High School träumte Bezos davon, aus der Erde einen großen Nationalpark zu machen. Inzwischen sieht er, der die Menschheit zum Konsum und damit Ressourcenverbrauch anstachelt, nur noch eine Chance, die Apokalypse zu verhindern: „Wir müssen ins All, um die Erde zu retten.“ Aber bis dahin sollen wir weiter bestellen und konsumieren. Am besten bei Amazon.

Dieser Text ist in der Januar-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

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Ebenfalls in dieser Ausgabe:

„Rot bis in den Tod – Die SPD will links sein. Aber will sie auch regieren?“

„Ökonomie der offenen Grenzen – Eine nüchterne Betrachtung über Kosten und Nutzen von Migration“

„'Wir verlieren unsere industrielle Basis' – Ein Streitgespräch zwischen der Unternehmerin Natalie Mekelburger, dem Unternehmer Christian Berner und dem ehemaligen EU-Kommissar Günther Oettinger“

„Schon schön schlau – Was bleibt von den europäischen Kulturhauptstädten?“

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