Ufo-Bericht des Pentagon - In den unendlichen Weiten des Universums

Der Hype um den Ufo-Bericht des Pentagon zeigt, dass der Glaube an Außerirdische zur pseudowissenschaftlichen Ersatzreligion geworden ist. Zwar gibt es vermutlich technische Zivilisationen in unserer Galaxie. Doch dass wir sie zu Gesicht bekommen, ist wohl ausgeschlossen. Denn: Sie sind genauso limitierte Kinder des Kosmos wie wir.

Sind die Außerirdischen unter uns? / dpa
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Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Ob es intelligentes Leben auf der Erde gibt, ist nach wie vor umstritten. Als sicher kann aber angenommen werden, dass irgendwo in den Weiten des Universums intelligente Wesen ihr Dasein fristen. Und vermutlich werden sie ihren Blick in ihren nächtlichen Sternenhimmel richten und sich fragen, ob es da draußen irgendwo anderes Leben gibt. Und vermutlich werden sie zu dem Schluss kommen, dass das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so ist.

Sollten diese intelligenten Wesen nicht nur intelligent sein, sondern auch noch technisch hochentwickelt, sollten sie Fluggeräte entwickelt haben und Techniken der Bilderzeugung, dann werden sie – jede Wette – von Ufos fabulieren, von Außerirdischen, die sie besuchen und deren geheimnisvolle Flugobjekte immer mal wieder am Himmel auftauchen. Dummerweise allerdings nie klar und deutlich, sondern immer verschwommen und unscharf. Und stets wird sich herausstellen, dass es sich bei diesen Beobachtungen um ein normales Fluggerät handelt, um eine Wolke, eine Lichtreflexion oder was auch immer.

Irrlichternde Intelligenz

Da aber zur Intelligenz die irrlichternde Intelligenz genauso gehört wie Schmerzen zum Zahnarzt, wird es auch bei diesen intelligenten Wesen Regierungen geben, die Geheiminformationen über unbekannte Flugobjekte sammeln. Und wenn dann dieser großartige Geheimbericht veröffentlich werden wird, wird genau das darinstehen, was auch in dem am Freitag voriger Woche veröffentlichten Bericht des sehr irdischen Pentagons über Ufos steht, nämlich – nichts.

Überraschend ist das nicht. Denn Flugobjekte Außerirdischer kann es auf unserer Erde aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geben. Und auf dem Planeten unserer angenommenen außerirdischen Existenz auch nicht. Das Problem ist überall im Universum das Gleiche: Die Entfernungen sind zu groß. Unser nächstgelegener Nachbarstern ist – wie der Name schon sagt – Proxima Centauri. Entfernung: Etwa 4,2 Lichtjahre. Hört sich gut an, ist es aber nicht. Selbst mit größter physikalischer Phantasie ist schon ein Flug von oder nach dorthin ausgeschlossen. Allenfalls Radiowellen einer technischen Zivilisation zu empfangen, kann nicht ausgeschlossen werden. Immerhin liegen im Umkreis von 50 Lichtjahren knapp 1.000 extrasolare Systeme. Die Menschheit sendet seit etwa 100 Jahren Radiowellen ins All.

Sache der Wahrscheinlichkeitsrechnung

Im Kern ist die Ufo-Frage eine Sache von Wahrscheinlichkeitsrechnung und Biologie. In unsere Milchstraße genannten Galaxis existieren geschätzt 200 bis 400 Milliarden Sterne. Höherstufige Lebewesen sind daher so gut wie sicher. Soweit die positive Nachricht. Die traurige: Die chemische Evolution begann vor etwa vier Milliarden Jahren, höhere maritime Lebensformen gibt es seit knapp einer Milliarde, Hominoiden seit 20 Millionen, die ersten Homines sapientes seit etwa 200.000 Jahren.

Die Wahrscheinlichkeit, dass auf belebten Planeten allenfalls mikroskopisch sichtbares Leben existiert, ist extrem hoch. Einen Planeten auf der Entwicklungsstufe unseres Pleistozäns zu finden, wäre sensationell. Und eine Kultur auf der Entwicklungsstufe unserer Antike – die es mit Sicherheit gibt – ein sagenhafter Zufall.

Mammuts fliegen keine Raumschiffe

In unsere von utopistischen und von religiösen Motiven geprägten Phantasie gehen wir naiverweise immer davon aus, dass Außerirdische technisch weiterentwickelt sind als wir. Nimmt man die ganze Breite der Evolutionsgeschichte, muss man sagen: Aus Gründen der Wahrscheinlichkeit spricht viel dafür, dass die uns nächsten Aliens bestenfalls Mammuts sind, die friedlich über ihren Planten traben. Mammuts fliegen aber keine Raumschiffe.

Nach Schätzungen des amerikanischen Astronom Seth Shostak existieren ungefähr 10.000 technische Zivilisationen in unsere Galaxie. Eine nachvollziehbare Annahme. Bei einer einigermaßen gleichmäßigen Verteilung bestünde ihr Abstand im Schnitt zwischen 1.000 und 2.000 Lichtjahren. Kommunikation ausgeschlossen. Raumschiffe dito.

Maria erscheint nur Katholiken

Die Vorstellung von Ufos ist eine pseudowissenschaftliche Ersatzreligion einer technischen Zivilisation. Genauso wie Maria immer nur Katholiken erscheint und niemals Hindus, sind Ufos das Privileg hochtechnisierter Gesellschaften. Lustigerweise scheinen die Außerirdischen insbesondere eine Vorliebe für die USA zu haben – Aliens own Country.

Aufgrund der sprichwörtlichen „unendlichen Weiten“ des Universums wird es nie einen Kontakt zwischen den Zivilisationen geben, die die kosmische Evolution mit Sicherheit in großer Zahl hervorgebracht hat. Man kann das tragisch nennen. Es hat aber auch beinah etwas Rührendes: Diese anderen Wesen, wer immer sie sein mögen, sie sind genauso limitiert wie wir. Darin liegt unsere Verwandtschaft als Kinder des Kosmos.

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