Schwimmbad-Schlägereien - Rekordhitze gegen Raufbolde

Auf dem ganzen Planeten, und gerade in deutschen Schwimmbädern wandelt sich das Klima. Bademeister beklagen immer häufiger Aggressionen und Massenschlägereien. Tatsächlich soll ausgerechnet die Hitze gegen erhitzte Gemüter von Chaoten helfen

Klimawandel im Freibad: Massenschlägerei statt Arschbombe / picture alliance
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Bastian Brauns leitete das Wirtschaftsressort „Kapital“ bei Cicero von 2017 bis 2021. Zuvor war er Wirtschaftsredakteur bei Zeit Online und bei der Stiftung Warentest. Seine journalistische Ausbildung absolvierte er an der Henri-Nannen-Schule.

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Jetzt ist es offiziell: Der Deutsche Wetterdienst hat soeben bestätigt, dass Deutschland seit dem 24. Juli einen neuen Temperaturrekord hält. An diesem Tag wurden in Geilenkirchen 40,5°C gemessen. Und es ist nicht auszuschließen, dass dieser Rekord bereits heute wieder gebrochen wird. (Update: Und so ist es auch). Vor rund einem Monat hatte auch Frankreich eine neue Höchsttemperatur gemeldet. Der im Département Gard liegende Ort Gallargues-le-Montueux meldete am 28. Juni 45,8°C. Laut einer neuen Studie von Forschern der Universität Minnesota, USA, lässt sich nachweisen, dass sich der heutige Klimawandel von früheren, natürlichen Veränderungen unterscheide. Die Ergebnisse seien ein starker Hinweis, dass der globale Temperaturanstieg in der Geschichte ohne Beispiel sei. Das gelte sowohl für die absoluten Temperaturen, als auch für das globale Ausbreitungsgebiet.

Das Brechen immer neuer Hitzerekorde erinnert ein wenig an den Leistungssport, bei dem es, wie wir längst wissen, nicht immer mit rechten Dingen zugeht. Beim Klima aber heißt das nach wie vor erlaubte Dopingmittel CO2. Man mag sich durchaus über die ein oder anderen angenehmen Folgen freuen: So müssen die Deutschen nicht mehr am Brenner im Stau stehen, um nach Italien zu kommen oder ins Kerosin speiende Flugzeug steigen. Denn die durch den Strukturwandel entstandenen Baggerseen und renaturierten Gebiete, wie etwa um Leipzig, könnten zu ganz neuen Touristenattraktionen werden. Aber wenn man dann liest, dass die französischen Winzer eine desolate Ernte einfahren werden, weil die Hitze den Trauben schon jetzt extrem zugesetzt hat, dann wird einem schon ganz anders. Auch der Sangria-Eimer am Ballermann wird dann nämlich womöglich bald schon teurer. Angebot. Nachfrage. Und so.

Ausartender Volkssport: Schwimmbad-Schlägerei

Es ist zwar immer so seine Sache mit der Kausalität und der Korrelation. Aber gerade in diesem CO2-gedopten Sommer scheint es einen Zusammenhang zu geben zwischen der immer wieder grassierenden Hitze und den anscheinend zum Volkssport ausartenden Schwimmbad-Schlägereien. Wer in der Google-Suchleiste „Schimmbad-Schlägerei“ eintippt, landet an Orten in ganz Deutschland: Dortmund, Hildburgshausen, Kehl, Düsseldorf, Pankow, Oststadt, Essen, Haltern, München...

Trend: Schwimmbad-Schlägereien in Deutschland (Screenshot)

Die Kollegen vom Redaktionsnetzwerk Deutschland meldeten am 1. Juli: „Bademeister schlagen Alarm: Freibadgäste werden immer aggressiver“. „Ich bin jetzt 45 Jahre im Job“, sagte dort Verbandspräsident Peter Harzheim. „Man hat sicherlich einiges erlebt, aber was sich in den letzten 40 Jahren getan hat, ist doch erschreckend.“ Das Wort „Respekt“ habe früher eine ganz andere Bedeutung als heute gehabt. In den vergangenen 10 bis 20 Jahren habe sich das gründlich geändert. Christian Ochsenbauer von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen sieht das ebenso: „Ich kann den Verband Deutscher Schwimmmeister nur darin unterstützen, dass härter durchgegriffen werden muss.“

Klimawandel im Freibad

Zumindest in deutschen Schwimmbädern kann man also einen Klimawandel kaum leugnen. Und auch der ist offensichtlich von Menschen gemacht, zugegeben, von ziemlich schlecht erzogenen. Vielleicht wäre das auch ein Thema für die Grünen, denen ja gerne Volksumerziehung vorgeworfen wird. Wer sich zutraut, einem Deutschen das Rasen und Dieselfahren abzugewöhnen, der kann sicher auch für die Einhaltung der Sitten in Badeanstalten sorgen. Das wäre eine echte Friedensmission. Es herrschte dann Greenpeace im wahrsten Sinne.

„Macht uns die Hitze aggressiver?“, fragt dieser Tage nicht nur der Bayerische Rundfunk. Hohe Temperaturen ließen bei vielen auch die Emotionen hochkochen. Dass dies zu Gewalttaten führe, sei aber bislang unter Forschern umstritten. Fakt scheint aber zu sein: Gewalt bei Hitze kommt häufiger vor. Was aber auch am Gedränge auf Straßenfesten und in Schwimmbädern, am Alkohol und am Schlafmangel in durchtanzten Sommernächten liegen kann.

Klimawandel hilft gegen Chaoten

Einen Vorteil aber dürfte der menschengemachte globale Klimawandel offenbar haben. In einem Interview mit dem Spiegel gab ein Professor jüngst Entwarnung. Dieser erforsche das „Zusammenspiel zwischen Klima und menschlichem Verhalten“, heißt es dort. Ob ihn das wirklich zum Experten fürs heiße Wetter macht? Jörg Kachelmann würde das womöglich bestreiten. Aber egal. Gerhard Reese sagt, Hitze sei sehr anstrengend für den Körper, weil sich der Puls erhöhe und Schweiß ausbricht. Darum könne man sich schwerer konzentrieren und würde rationale, beruhigende Faktoren ausblenden. Darum solle man bei aufsteigender Wut in der Sommerhitze, halten Sie sich fest, „besonnen“ reagieren. Dann aber folgt der entscheidende Satz für alle Bademeister: „Ab etwa 33 Grad beruhigen wir uns aber wieder – es ist einfach zu anstrengend.“

Da haben wir es also! Es war bisher einfach zu kalt. Wir sollten uns freuen über die heranrollende Hitze und erst Recht über den Klimawandel. Denn die Chaoten und Idioten werden sich einfach nicht mehr bewegen wollen. Sie werden nicht zu Klima-Killern. Sie werden die Fäuste nur noch ballen, um ihre Eistüte festzuhalten. Hauptsache die fällt ihnen dabei nicht runter. Dann ist das Geschrei wieder groß. Es wird darauf nur keiner mehr reagieren, weil auch alle anderen zu schlapp sein werden. Auch hierfür hätten die Grünen aber ein Rezept: Der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter forderte angesichts der Hitze gerade erst unter anderem ein Recht auf Hitzefrei, Homeoffice für alle.

Das klingt super: Wenn sich keiner mehr fortbewegt und alle nur zu Hause sitzen, produzieren wir auch weniger CO2. Statt Massenschlägerei gibt es dann nur noch Auto-Aggression. Aber die haben die Grünen ja eh, sagt die FDP.

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