Rezept für die kalte Jahreszeit - Wir trotzen der „Russenpeitsche“: Mit einer Berliner Schlachteplatte

In der kalten Jahreszeit kommen traditionell deftige, fette Fleischgerichte auf den Tisch. Nichts, absolut nichts spricht dagegen, findet Rainer Balcerowiak. Und empfiehlt ein Rezept für eine klassische Berliner Schlachteplatte mit Sauerkraut und Salzkartoffeln als Seelennahrung im „Flockdown“.

Ideale Zutaten für eine deftige Schlachteplatte / dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Es ist kalt in Deutschland. In großen Teilen des Landes sogar bitterkalt. Es ist sogar Schnee gefallen und bleibt liegen, in vielen Gegenden sogar ziemlich viel. Früher nannte man dieses im Februar eigentlich nicht unübliche Wetterphänomen schlicht „Winter“. Die Bedeutung dieses Wortes scheint heutzutage nicht mehr allen Zeitgenossen geläufig zu sein: Unter „Flockdown“ oder „Russenpeitsche“ geht da gar nichts mehr.  Aber Putin ist diesmal wirklich unschuldig und zugeschneite Straßen und Bahntrassen gab es früher auch auch schon, ohne dass wir dafür alberne Wortneuschöpfungen ins Spiel brachten.

Winter heißt: Spachteln, was das Zeug hält

Der Winter bedeutet in unseren Breitengraden auch für den Körper eine Umstellung. Der braucht bei sehr niedrigen Temperaturen mehr Energiezufuhr, um seine Temperatur zu halten. Im Zeitalter von gut geheizten Wohnungen, Büros und Transportmitteln und dem Bedeutungsverlust harter, körperlicher Arbeit stellt das keine allzu große Herausforderung für den Organismus dar. Kaum jemand muss sich mehr Winterspeck anfuttern, um nicht zu frieren.

Wobei der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl gegenüber Cicero anmerkt, „dass steigende Energiepreise gepaart mit den sauklugen Ratschlägen von lauwarmen Politikern, wer die Preise nicht bezahlen kann, möge doch einfach Energie sparen, dazu führen, dass manch einer die Kälte auch heutzutage wieder stärker zu Hause spürt“. Allgemein werde diese Jahreszeit als „insgesamt unwirtlich“ empfunden, und daher habe „unsere Esskultur ein paar sehr schmackhafte Gerichte entworfen, deren Genuss uns die kurzen, dunklen Tage und die eisigen Winde draußen versüßt und als genau die richtigen Rahmenbedingungen für lukullische Genüsse empfinden lassen“, so Kofahl.

Man könnte es auch profaner ausdrücken: Im Winter wird gespachtelt, was das Zeug hält: Heiß, fettig, viel. Und wenn „Russenpeitsche“ und „Flockdown“ unseren Alltag bestimmen – dann erst recht! Natürlich gibt es Berlin noch Gaststätten, in denen traditionelle Gürtelsprenger wie Eisbein mit Erbspüree und Sauerkraut oder Schlachteplatte mit Blut- und Leberwurst und Wellfleisch serviert werden. Aber es werden immer weniger, derartige Speisen passen nicht mehr zum Zeitgeist. Und selbst diese letzten Perlen deftiger Esskultur kann man derzeit aus bekannten Gründen nicht aufsuchen. Also ran an den heimischen Herd.

Schweinekopf und Niere müssen nicht sein

Mit Eisbein konnte ich mich nie so richtig anfreunden, mit einer anständigen Schlachteplatte dagegen sehr. Zur klassischen Berliner Variante gehören dazu außer frischer Blut- und Leberwurst sowie einer dicken Scheibe Wellfleisch (gekochtes, ungepökeltes Bauchfleisch vom Schwein) auch noch Schweinekopf und gekochte Niere. Aber das lassen wir heute mal weg. Zum einen sind diese Zutaten nicht überall erhältlich und außerdem sprengt das die kulinarischen Toleranzgrenzen vieler Menschen.

Die Zubereitung ist ein Kinderspiel. Das Wellfleisch wird mit Gemüsezwiebel, Lorbeerblättern, Salz, Pfeffer und Majoran gar gekocht. Die Würste in Salzwasser stark erhitzen, aber keinesfalls sprudelnd kochen, sonst platzen sie. Bei Sauerkraut tendiere ich ausnahmsweise zu einem vorgekochten Produkt, dass man dann noch mit Kümmel und Wacholderbeeren verfeinert und nur erwärmt. Man kann natürlich auch frisches Sauerkraut nehmen, aber mir schlägt das auf den Magen, egal, was ich damit anstelle. Dazu gibt‘s natürlich noch Salzkartoffeln. Auf geschmackspolizeiliche Ermahnungen und Verbote kann heute verzichtet werden, da grobe Verstöße bei der Zubereitung von Schlachteplatten bislang nicht aktenkundig sind.

Dann braucht man eigentlich nur noch ein anständiges, würziges Bier und hinterher einen klaren Schnaps. Und hoffentlich kaltes, ekliges Wetter vor der Tür, denn dann schmeckt die Schlachteplatte besonders gut.

Schlachteplatte

Zutaten für 4 Personen: 

Je 4 frische Blut- und Leberwürste,

400 g Schweinebauch

800 g Sauerkraut

800 g Kartoffel (vorwiegend festkochend)

Salz, Pfeffer, Zwiebel, Lorbeerblatt, Wacholder, Kümmel.

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