Medizin nach Corona - Wir werden einander fremd geworden sein

Einst plädierte Hippokrates von Kos für eine Medizin, die nicht schadet, sondern vorsichtig heilt. Mit dem medizinischen Wandel in der Corona-Krise wurden viele hippokratische Grundsätze auf den Kopf gestellt. Als praktizierender Arzt weiß unser Autor, dass der aktuelle Fortschritt der Medizin nicht notgedrungen zu einem menschlicheren Leben führen wird. Ein Plädoyer für eine Rückkehr zu Hippokrates.

Holzstich: Hippokrates zur Zeit der Pest / dpa
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Autoreninfo

Dr. med. Erich Freisleben studierte Medizin in Berlin und Kiel und absolvierte seine Facharztausbildung zum Internisten. Seit 35 Jahren praktiziert er als Hausarzt. Er promovierte in der Geschichtsmedizin zum Thema Rassenhygiene und Rassenideologie, war als Delegierter in der kassenärztlichen Vereinigung tätig und publiziert Artikel zu gesundheitspolitischen Themen.

 

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Als Arzt stellen sich einem dieser Tage viele Fragen. Die vielleicht wichtigste: Gilt die hippokratische Ethik noch als Leitschnur ärztlichen Handelns? Wenn man diese Frage bejaht, sollte man damit beginnen, auf Politik und Medien einzuwirken, damit Ärztinnen und Ärzten die Rahmenbedingungen für eine solche Ethik nicht weiter aus der Hand genommen werden.

Der über 2000 Jahre alte hippokratische Eid fordert von uns drei Dinge: erstens vorsichtig zu sein, zweitens nicht zu schaden und drittens zu heilen. Der Arzt sollte für diese Ziele nicht nur optimales Faktenwissen einbringen, aufmerksam zuhören und gewissenhaft untersuchen. Es bedarf auch eines Verständnisses biographischer und seelischer Bedingungen des Gegenübers. Und es bedarf des Bemühens, auf Augenhöhe und individuell den rechten Weg zu finden.

Eine Reihe von Fehlern

Wenn, wie in der Corona-Pandemie, medizinisch relevante Fragen nicht mehr ärztlich, sondern politisch vorgegeben und diese von den Medien nicht selten unkritisch transportiert werden, besteht die Frage, in wie weit hierbei die Beeinflussung des Gesundheitsverhaltens noch den ethischen Standards einer solchen Medizin entspricht.

Die Ergebnisse der „Behandlung“ der Bevölkerung durch den Staat und der „Sprechstunden“ in der Medienwelt waren aus therapeutischer Sicht erschreckend. Zwei Jahre Angst und Unklarheiten haben die Menschen zermürbt. Zu den zahlreichen medizinischen Fehlinformationen gehörte:

  • Es wurde verleugnet, dass neunzig Prozent der Bevölkerung durch ihre angeborene und erworbene Immunität sehr weitgehend vor schweren Krankheitsverläufen geschützt sind. 
  • Es wurde der Ausweg aus der Pandemie über eine flächendeckende Impfung versprochen, was bei einem endemischen Virus wie Corona illusorisch war. 
  • Es wurde ein Schutz vor Übertragung des Virus durch die Impfungen versprochen, den es nicht gibt.
  • Es wurde ein Schutz vor Erkrankung versprochen, den es nicht gibt.
  • Die Verträglichkeit des Impfstoffs wurde den bisher bekannten Impfstoffen gleichgesetzt, was sich zunehmend als gravierende Fehlinformation entpuppt.

Die ärztliche Behandlungsfreiheit wurde mittels staatlicher Vorgaben und im Zuge von Medienkampagnen stark eingeschränkt und zuletzt für die Beschäftigten des Gesundheitswesens ganz außer Kraft gesetzt. Sogar eine Zwangsbehandlung der gesamten Bevölkerung fand Anhänger in allen bürgerlichen Parteien. Solche Extremmaßnahmen ohne Einwilligungsvorbehalt waren bislang nur für Unzurechnungsfähige bei Selbst- und Fremdgefährdung auf Grund eines richterlichen Beschlusses erlaubt.

Wie unabhängig sind Politik, Medien und Medizin?

Erschütternde Berichte von durch die Corona-Impfungen Geschädigten erreichen langsam das Licht der Öffentlichkeit. Es deutet sich bereits an, dass neue Formen von schweren Nebenwirkungen im Bereich von vielen Hunderttausend Fällen liegen könnten. Sind die Entscheidungsträger aus Politik, Medizin und Medien in Anbetracht ihrer eigenen Verwicklung in die Fehleinschätzungen noch in der Lage, für wirkliche Transparenz zu sorgen? Sind die Protagonisten des Mantras flächendeckender Impfungen „unfähig, zu trauern“? 

Wenn der Nebel des großen Mediendonners verflogen ist, werden wir an den Statistiken ablesen, dass wir eine Pandemie hatten, bei der tatsächlich Zehntausende Mitbürger mehr verstarben und dass es vornehmlich Menschen im Randbereich ihrer natürlichen Lebensspanne traf und zudem auch einige Jüngere. Wir werden sehen, dass die neuen Impfstoffe eine gewisse Anzahl vornehmlich Älterer vor schweren Verläufen geschützt haben. Das Thema der Nebenwirkungen ist sicher nicht richtig eingeschätzt worden und wird uns noch lange beschäftigen. 

Erschreckt werden wir aber die Veränderungen unseres Lebens wahrnehmen: eine Spaltung der Gesellschaft, eine Unversöhnlichkeit, eine Moralverwirrung, eine extreme Zunahme an materieller Ungerechtigkeit, weniger Kreativität, weniger Vielfalt, weniger Mut zur Selbstverwirklichung, verunsicherte Kinder und Jugendliche, ein Schwinden des Vertrauens auf natürliche Heilvorgänge, einen Abbau von medizinisch-pharmakologischen Sicherheitskontrollen, einen Verlust an Menschenrechten, an demokratischer Kultur Liberalität und Politikvertrauen. Wir werden einander fremd geworden sein.

Die Gewinner der Krise

Die Pandemie hat aber auch Gewinner hinterlassen. Die Digitalindustrie, den Versandhandel und die Biotechnologie. Sie alle sind die „Helfer“ der Verunsicherten. Sie bieten Online-Kontakt und Illusionswelten für die Vereinsamten, liefern kontaktlos und versprechen die Rettung vor tödlichen Gefahren der Natur. Der Preis des Überlebens für die Verängstigten lautet Sozialverzicht.
Und was wissen wir über die „Gain of Function“-Forschung? Kann es wirklich sein, dass in Wuhan Amerikaner und Chinesen mit Hilfe von Fledermäusen an der Verschlimmerung der Viruseigenschaften von Corona experimentiert haben? Brauchen wir auch in der Wissenschaft ein hippokratisches Prinzip? Und warum wurde die Dokumentation dieser Forschung unkenntlich gemacht? Ein Schelm, der Hinterhältiges vermutet?

Teile und herrsche heißt das Rezept der Macht. Und wie ließe sich eine Gesellschaft besser beherrschen als durch ihre Atomisierung? Denn wenn das Kopfkino einen Menschen verängstigt, dann spürt er auch die Anbindung an sich selbst nicht mehr. Sein Bauchgefühl, seine Intuition, seine Empathie, seine Hilfsbereitschaft, sein Urvertrauen und seine unbedingte Lebensfreude werden ihm fremd.

Die Haltung der hippokratischen Ethik war einst die eines Helfers, der den Menschen mit aller Vorsicht wieder zur Balance seiner Natur verhilft. Selbst Albert Einstein, der das Tor zu einem neuen Wissenschaftsverständnis aufstieß, sprach noch voller Respekt von einer „Harmonie der Naturgesetzlichkeit, in der sich eine so überlegene Vernunft offenbart, dass alles Sinnvolle menschlichen Denkens und Anordnens dagegen ein gänzlich nichtiger Abglanz ist“.

Die Suche nach dem Mittelweg

Die Menschheit des säkularen Zeitalters steht vor der großen Frage, ob sie eher auf die Jahrmillionen währende kosmische Weisheit vertraut oder ob sie sich dem großen Umbruch öffnet, der ihr das Glück durch weitere industrielle Revolutionen verspricht. 

„Wer Sicherheit der Freiheit vorzieht, bleibt zu Recht ein Sklave“, sagte Aristoteles, der die Ethik des Mittelwegs prägte. Besteht der heutige Mittelweg nicht darin, Wissen und Technologie in den Schoß einer naturgegebenen Harmonie einzubinden? Braucht die Menschheit nicht die behutsame Heilung im hippokratischen Sinne? Lässt sich die Weisheit, welche uns zum bewussten Menschen evolutionierte, wirklich durch künstliche Intelligenz fortführen?

Treffen wir doch eine mutige Entscheidung, bei der wir unsere Lebensfreude und Einzigartigkeit nicht gegen eine Scheinsicherheit eintauschen. Verzeihen wir uns unsere Fehler und stehen denen bei, die geschädigt wurden. „Der Mensch wird am Du zum Ich“, formulierte Martin Buber 1923. Spüren wir wieder unsere soziale Natur! Tanzen und Umarmen wir uns frei von der Angst vor dem Anderen! Das Leben misst sich nicht nur nach Jahren, sondern auch an seiner Erfüllung. Die Vermenschlichung der Technik und nicht die Vertechnisierung des Menschen ebnen den Weg in eine lebenswerte Zukunft.

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