Interview mit Elitenforscher - Die Medienelite weiß wenig von der Wirklichkeit

Elitenforscher Michael Hartmann hat dem „ZDF“ ein Interview gegeben. Er kritisiert, die Medieneliten hätten von der Lebenswirklichkeit der Bundesbürger oft wenig Ahnung. Ihre soziale Herkunft präge die deutsche Berichterstattung, wenn auch ungewollt

Die Medien sind oft zu elitär / picture alliance
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Journalisten kommen in der Regel aus gutem Hause. Aus gefestigten, bürgerlichen Familien mit ordentlichem Einkommen. Redakteure aus Arbeiterfamilien oder welche mit Migrationshintergrund sind selten, sogar Frauen sind immer noch zu wenig zu sehen. Auch wenn sich in den vergangenen Jahren viel getan hat, wie zum Beispiel Stipendien auf Journalistenschulen oder Zielsetzungen zu Diversität in Redaktionen, ist das immer noch ein großes Problem. 

Die soziale Herkunft prägt die Berichterstattung in großem Maße. Sie hat Einfluss auf die Themenauswahl und die Tonalität und natürlich auf die Sicht auf die Dinge in der Welt, die am Ende in den Medien landet. Diesbezüglich haben Kritiker recht, auch wenn Medien nicht grundsätzlich gesteuert sind. 

All das macht Elitenforscher Michael Hartmann, Professor für Soziologie, in einem Interview mit dem ZDF deutlich. Die Medien hätten sich „entfremdet“. Das spürten die Bürger und wendeten sich ab. Denn während das Realeinkommen der festangestellten (!) Journalisten in den letzten zwanzig Jahren um ungefähr 22 Prozent gestiegen sei, so Hartmann, sank das des unteren Zehntels der Bevölkerung um gut 14 Prozent. Wenn dann gesagt werde: „Es ging uns noch nie so gut wie heute“, glauben die Leute irgendwann, die Medien würden lügen.

Hartmann sagt: „Das zeigt sich bei der Themenauswahl und auch bei der Frage, wie Themen behandelt werden. Soziale Herkunft prägt die Berichterstattung – es ist kein böser Wille. Es ist selten Absicht. Das passiert in der Regel unbewusst, man merkt nicht, wo der blinde Fleck im eigenen Auge ist.“

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