Hengameh Yaghoobifarah als Luxusmodel - Die kleine Schwester von „Porsche-Klaus“

Die taz-Aktivistin Hengameh Yaghoobifarah hat erst Polizisten zu Müll erklärt und jetzt einen Werbevertrag des Kaufhaus des Westens angenommen. In teurem Fummel posiert die Linke für den Luxustempel. Ist das unglaubwürdig? Oder ein Offenbarungseid?

Der die das Autor*in & Journalist*in Hangameh Yaghoobifarah im Online-Shop des KaDeWe Berlin / Screenshot kadewe.de
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Autoreninfo

Alexander Grau ist promovierter Philosoph und arbeitet als freier Kultur- und Wissenschaftsjournalist. Er veröffentlichte u.a. „Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung“. Zuletzt erschien „Vom Wald. Eine Philosophie der Freiheit“ bei Claudius.

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Es ist ein Dauerbrenner: Die Linke und der Luxus. Und das nicht nur, weil wohlhabende Menschen, die sich für linke Belange einsetzen, schnell mit dem Forderung konfrontiert werden, mit guten Beispiel voranzugehen und ihren Besitz an Minderbemittelte zu verteilen. Denn mehr noch als der Wohlstand selbst zählt der Habitus. Ein Linker, der zu Reichtum gekommen ist, mag aus Sicht der meisten Menschen vielleicht noch angehen. Ein Linker aber, der seinen Wohlstand protzig zur Schau stellt, wird für die meisten Menschen schlicht unglaubwürdig. Streng logisch ist das nicht, aber nachvollziehbar – der Brioni-Kanzler mit Zigarre und sein ewiger Widersacher von der Saar mit dem Hang zur guten Küche können davon ebenso ein Lied singen wie „Porsche-Klaus“ (Süddeutsche Zeitung) Klaus Ernst, ehemaliger Vorsitzender der Linken.

Wohlstand für alle

Doch der klassische Linke, könnte man argumentieren, lehnt weder den Wohlstand ab noch das gute Leben. Im Gegenteil, schließlich will er ja Wohlstand für alle. Viel problematischer wirken die Insignien bürgerlicher Lebensart bei Menschen, die kaum eine Gelegenheit auslassen, ihre subkulturelle Verachtung für alles Bürgerliche zur Schau zu tragen.

Insofern verwundert das allgemeine Erstaunen nicht, als diese Woche offenbar wurde, dass ausgerechnet taz-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah Werbung für das Berliner Kaufhaus des Westens macht. Also genau jene Hengameh Yaghoobifarah, die noch vor gut drei Monaten davon fantasierte, Polizisten auf die Mülldeponie zu entsorgen und so einen Sturm der Entrüstung entfachte. Nun schmückt ihr Konterfei nicht nur ein Schaufenster des von Berliner Lokalpatrioten gern als „Luxustempel“ überbezeichneten KaDeWe. Auch für den hauseigenen Katalog posierte die Autorin.

Die Reaktionen ließen erwartungsgemäß nicht lange auf sich warten. Schon am Dienstagabend tobten sich auf der Facebookseite des Hauses wütende Kunden aus: „Daneben“, „beschämend“, „Wohlstandsverwahrlosung der Extraklasse“ waren noch die vornehmeren Kommentare.

Genauso absehbar versuchte das KaDeWe dagegen zu halten: Unter dem Slogan „Everyone is welcome“ stehe die Werbung für „die Weltoffenheit des KaDeWe, als Ort der Begegnung, der gesellschaftlichen und kulturellen Vielfalt“. Dazu zähle man auch „die Kunst- und Meinungsfreiheit, die Kontroverse, den Disput“.
Und Frau Yaghoobifarah selbst feiert die PR-Aktion als politischen Coup: „More likely ist doch, dass ich linke Propaganda im Luxuskaufhaus bewerbe.“

Vermarktung des Antikapitalismus

Nun, dass der Kapitalismus vollkommen problemlos antikapitalistische Agitation mit der ihm eigenen Chuzpe aufgreift und für sich instrumentalisiert, ist nicht neu. Spätestens seit der popkulturellen Vereinnahmung der Protestbewegung der 60er Jahre und ihrer massenkonsumistischen Vermarktung sollte jedem halbwegs wachen Beobachter klar sein, dass im Kapitalismus alles vermarktet wird: auch der Antikapitalismus. Wer sich darüber beschwert, dass hier mit einer bekennenden Linksaußen geworben wird, die zudem alles verachtet, wofür das KaDeWe so gerne stehen möchte, hat die Logik gelungenen Marketings nicht begriffen. Noch viel erstaunlicher ist allerdings die Naivität von Frau Yaghoobifarah selbst. Meint sie ernsthaft, mit ihrem Bild und dem Spruch „Alles Allen!“ dem kapitalistischen System ein Schnäppchen geschlagen zu haben? – Es wäre ein Offenbarungseid des linken Denkmilieus.

Reliquien einer vergangenen Epoche

Das KaDeWe gehört seit 2015 zur Central Group mit Sitz in Thailand, die wiederum der Familie Chirathivat gehört. Es ist ein winziges Teilchen in jenem globalen Spiel, das die alteuropäische Vorstellung von Unternehmertum und Kapitalismus schon lange hinter sich gelassen hat. Aus der Sicht dieser global agierenden Konzerne gibt es keinen Unterschied zwischen dem KaDeWe und der Ideologie einer Hengameh Yaghoobifarah. Beide, das altehrwürdige Kaufhaus und die linke Politaktivistin, sind lediglich popkulturelle Ikonen des alten Europa, die sich wunderbar vermarkten lassen. Der abendländische Konsumtempel und engagierte Intellektuelle sind aus dieser Sicht Reliquien einer vergangenen Epoche, als Europa noch den Nabel der Welt war und mit denen man nun ironische Werbung für seine arabischen, chinesischen, russischen und koreanischen Kunden macht. Wer sich hier über unpassende Werbung aufregt oder gar eine subversive Aktion vermutet, lebt in einem vergangenen Jahrhundert. Zeit, wach zu werden. 


 

 


 

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