Genuss mal anders - Grenzenlose Vielfalt

Unser Genusskolumnist wundert sich schon länger, dass Polenta in Deutschland immer noch unbekannt bis ungeschätzt ist. Das möchte er jetzt ändern und erläutert an dieser Stelle die Grundzubereitung. Persönlich isst er sie sehr gerne als Beilage zu Pfifferlingen.

Falsche Haser aus Buchweizen mit eingelegten Holunderbeeren und Polentabratlingen Foto: Jan-Peter Kasper/dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Wer sich längere Zeit mit Genuss- und Ernährungsgewohnheiten beschäftigt, stößt immer wieder auf Rätsel. So haben sich neben Kartoffeln auch Nudeln und Reis als Grundnahrungsmittel in Deutschland weitgehend etabliert. Aber Polenta aus Maisgrieß, vor allem in Norditalien ein Traditionsgericht und auch in Österreich weit verbreitet, fristet hierzulande ein Schattendasein.

Dabei ist Polenta nicht nur nahrhaft, sondern kann auch ausgesprochen wohlschmeckend zubereitet werden und ist mindestens so vielfältig einsetzbar wie Kartoffeln. Etwa frisch gekocht als feste oder sämige Beilage oder als Hauptgericht mit Butter und Käse verfeinert. Oder nach dem Kochen etwas getrocknet (damit sie schnittfest wird) und dann kross gebraten. Gerne auch als Teig für eine Polenta-Pizza oder als süßer Polenta-Pancake mit Ahornsirup. Echte Delikatessen wie gefüllte Polenta-Rouladen oder -Knödel gehören ebenfalls zum Füllhorn der (fast) unbegrenzten Möglichkeiten.

„Das ist doch diese Maispampe“

Doch eine kurze Umfrage unter teilweise durchaus genussaffinen Freunden und Bekannten führte zu überwiegend ernüchternden Ergebnissen, von „Was ist das eigentlich?“ über „Noch nie gegessen“ bis zu „Das ist doch diese Maispampe“. Nur wenige hatten einigermaßen positive Erinnerungen an den Genuss von Polenta und keiner der Befragten hat sie jemals selbst zubereitet.

Anscheinend gilt in Deutschland immer noch weitgehend die alte kulinarische Leitlinie: „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.“ Aber so richtig stimmt das ja auch nicht, wenn man beispielsweise den Siegeszug von Sushi und anderen asiatischen Spezialitäten betrachtet. Für solche Fragen konsultieren wir gerne den Ernährungssoziologen Daniel Kofahl, der auch der Deutschen Akademie für Kulinaristik angehört.

Ernährungssoziologe rätselt

Aber auch Kofahl steht vor einem „ungelösten kulinarischen Rätsel, zumal es sich nicht um ein „Tabu“ oder ein „implizites Verbot“ handelt, sondern um „pure kulinarische Ignoranz gegenüber der Polenta“. Dabei bringe diese eigentlich alles mit, „was Alltagsküche benötigt: einen günstigen Einkaufspreis, ein supersimples Grundrezept, dessen Komplexität man aber bei Bedarf nahezu unbegrenzt und vielfältig steigern kann“. Es gebe dennoch Hoffnung, genährt durch einige Begegnungen, „dass die Polenta doch noch eines Tages auch in Deutschland den Platz in der Alltagsküche erlangt, der ihr – um es mit den Worten des Vulkaniers Spock zu sagen – ,der Logik folgend‘ zusteht“.

Rühren, rühren und immer weiter rühren

Dazu wollen wir gerne beitragen, und zwar nicht mit edlen bis überkandidelten Rezepten, sondern mit der Grundzubereitung. Dafür wird Polenta (je nach späterem Verwendungszweck fein, mittelfein oder grob) in die vierfache Menge kochende Flüssigkeit eingerieselt. Standard ist Salzwasser, aber man kann auch Brühe oder Milch verwenden, wenn es besonders cremig sein soll.

Dann heißt es rühren, rühren und immer weiter rühren, langsam, aber stetig, immer im Uhrzeigersinn, damit die Polenta bei zunehmender Flüssigkeitsabsorption nicht am Topfboden anklebt und unweigerlich anbrennt. Das kann eine Weile dauern. Zwar gibt es inzwischen auch Instant-Polenta, die nach wenigen Minuten verzehrfertig ist, aber die ist von der Geschmackspolizei streng verboten! Verfeinern kann man die Masse, wenn die Flüssigkeit fast komplett aufgesogen ist, mit Butter und/oder geriebenem Hartkäse.

Gutes Einstiegsbuch

Dann entweder sofort servieren, etwa als Beilage zu Pfifferlingen (ein Gedicht!) oder erkalten und fester werden lassen und weiter verarbeiten. Einige Tage Aufbewahrung im Kühlschrank ist möglich. Einen guten Einstieg in die faszinierende Welt der Polenta-Gerichte bietet das Buch „Polenta. Eine Wiederentdeckung“ von Erica Bänziger. Nach den ersten Versuchen wird man sicherlich zum überzeugten Botschafter der Polenta als genusskultureller Bereicherung. Und irgendwann bekommt man dann vielleicht auch nicht mehr so erschütternde Antworten wie die meiner eingangs erwähnten kleinen Polenta-Umfrage.

 

Polenta-Grundrezept

Zutaten für 4 Personen

200/300 g Polenta (Beilage/Hauptgericht)

vierfache Menge Flüssigkeit (Salzwasser, Brühe oder Milch)

optional:

40 g Butter

40 g geriebener Hartkäse (beispielsweise Pecorino)

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