Debatte über Covid-Impfungen bei Kindern - „Impfungen für Kinder nicht so schnell vorantreiben“

Kinder und Heranwachsende erkranken zwar seltener an Covid als Erwachsene, spielen aber wohl eine wichtige Rolle bei der Übertragung von Coronaviren. Nicht nur in Deutschland wird deshalb heftig darüber diskutiert, ob auch junge Menschen geimpft werden sollen. Die Zeitschrift „Nature“ fasst den Stand der Debatte zusammen.

Ein Kinder- und Jugendarzt impft eine junge Frau mit dem Corona-Impfstoff / dpa
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Das Risiko, an Covid zu erkranken, ist bei Kindern weit geringer als bei Erwachsenen. Aber einige Kinder werden trotzdem sehr krank, weshalb viele Kinderärzte auf eine möglichst schnelle Impfung drängen. Mehrere Impfstoffe wurden bereits an Jugendlichen über zwölf Jahren getestet, darunter die von Moderna, Pfizer-BioNTech, Sinovac und Sinopharm. Bislang scheinen die Impfstoffe bei Heranwachsenden sicher zu sein, und einige Unternehmen sind dazu übergegangen, klinische Studien an Kindern im Alter von nur sechs Monaten durchzuführen. 

Ein weiterer Grund, Kinder zu impfen, ist der Schutz anderer: Mit dem Auftauchen neuer Coronavirus-Varianten wächst die Besorgnis über die Übertragung durch Kinder und Heranwachsende. 

Studien zufolge können Kinder und insbesondere Jugendliche eine bedeutende Rolle bei der Übertragung von Coronaviren spielen, sagt Catherine Bennett, Epidemiologin an der Deakin University im australischen Melbourne. Und die Sorge wegen der Übertragung durch Kinder und Jugendliche wächst mit dem Auftauchen neuer Coronavirus-Varianten. Bennett zufolge ist es möglich, dass übertragbarere Varianten einen Weg finden, um die Immunreaktion eines jungen Menschen zu überwinden – weshalb es umso wichtiger sei, dass sie geimpft würden.

Das Beispiel Chiles

Chile, ein Land mit einer der weltweit höchsten Covid-Impfraten, führt Impfungen künftig auch für Kinder ab zwölf Jahren durch. Aber Miguel O'Ryan, ein ehemaliger Regierungsberater, der sich für aggressive Impfkampagnen eingesetzt hat, fragt sich nun, ob es nicht an der Zeit sei, das Tempo zu drosseln: „Wahrscheinlich sollten die Länder die Impfungen für Kinder nicht so schnell vorantreiben“, so O'Ryan, Spezialist für pädiatrische Infektionskrankheiten an der Universität von Chile in Santiago. Denn andere Länder hätten große Schwierigkeiten, genügend Impfstoffe für ihre Hochrisikogruppen zu bekommen.

O'Ryan ist nicht der einzige, der darüber besorgt ist, dass wertvolle Impfstoffe für die Impfung von Kindern verwendet werden, während andere gefährdete Bevölkerungsgruppen auf der ganzen Welt bei Vakzinen immer noch unterversorgt sind. Im Mai sagte WHO-Chef Tedros Ghebreyesus, dass wohlhabendere Länder, die Kinder impfen, dies auf Kosten des Gesundheitspersonals und der Hochrisikogruppen in anderen Ländern täten. Befürworter von Impfungen bei Kindern und jungen Erwachsenen argumentieren wiederum, dass das eine das andere nicht ausschließen müsse. 

Die Zeitschrift Nature fasst den aktuellen Stand der Debatte um Corona-Impfungen bei Kindern und Heranwachsenden in diesem Überblicksartikel zusammen.

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