Rezepte für die Corona-Krise - Der Spargel spielt nur Hauptrollen

Die Spargel-Saison bricht an. Gerade während der Corona-Krise bietet sich viel Zeit, um sich der Kunst der Spargelzubereitung zu widmen. Dabei gibt es klare Regeln, die man beachten sollte, um nicht mit dem guten Geschmack zu brechen, schreibt unser „Major der Geschmackspolizei“.

Die Spargelsaison ist eröffnet / picture alliance
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Zu den Nahrungsmitteln, die derzeit bevorzugt „gehortet“ werden, gehört neben Spaghetti und Reis natürlich auch die deutscheste aller deutschen „Sättigungsbeilagen“: Die Kartoffel. Von ihrem einstmaligen Ruf als fader Dickmacher hat sie sich längst emanzipiert. Das liegt zum einen an der enorm diversifizierten Vielfalt und Qualität.

Sorten wie die zeitweilig aus Patentschutzgründen verbotene „Linda“ oder die französische „La Ratte“ genießen bei einigen Gourmets nahezu Kultstatus. Und wer aufgrund der Begleitumstände der Corona-Pandemie mehr Zeit für häusliche Kocherfahrungen aufbringen kann und will, dem steht in Büchern und im Netz ein ganzes Universum von Zubereitungsarten der guten alten Knolle zur Verfügung.

Die Kartoffel ist kein kulinarischer Solist

Natürlich ist die Kartoffel in erster Linie ein Begleiter und kein kulinarischer Solist. Und da trifft es sich gut, dass ausgerechnet in dieser Zeit der vielfältigen Einschränkungen das große saisonale Edelgemüse der deutschen Esskultur auf den Markt kommt: Weißer Spargel. Trotz der zu erwartenden Ernteeinbußen durch fehlende Arbeitskräfte wird das Angebot für Endverbraucher ausreichend sein, da die Gastronomie als wichtiger Großabnehmer ja nahezu komplett ausfällt.

Spargel mit Kartoffeln und zerlassener Kräuterbutter ist der Klassiker schlechthin. Allerdings sind auch die zarten, leicht edelbitteren Stangen längst in den Fangarmen der Veredelungsmarodeure und Geschmacksglobalisierer gelandet, bis hin zur Papaya-Curry-Soße oder einem Spargel-Auflauf mit geriebenem Ziegenkäse.

Die Regeln des Spargelessens

Doch wer den unvergleichlichen Eigengeschmack des Edelgemüses erleben will und zu schätzen weiß, sollte sich diesen Verirrungen verweigern und Mut zum Purismus zeigen. Spargel wird geschält, in leicht gesalzenem Wasser mit den Schalen und einer Prise Zucker bissfest gekocht und mit Pellkartoffeln und zerlassener Butter serviert. Nicht zwingend, aber erlaubt sind Petersilie und Semmelbrösel in der Butter. Alles andere ist VERBOTEN!

Das gilt besonders für die berüchtigte Sauce Hollandaise, deren eigenartiger Geschmack nebst der schleimigen Konsistenz nahezu eine Entwürdigung des Spargels bedeutet. Auch sollte er keineswegs zu Beilage degradiert werden, etwa von Schinken, Schnitzel, Bratwurst oder Lachs, wie es leider weit verbreitet ist. Das alles kann man ja gerne anschließend essen, aber dem Spargel seine Hauptrolle auf dem Teller streitig machen – das geht gar nicht!

„Spargel-Stalinist“

Diese eindeutige Position vertrete ich prinzipienfest seit vielen Jahren. Da erntet man natürlich auch Gegenwind. In gewissen Kreisen wird man dann als „Spargel-Stalinist“ geschmäht oder mit dem Vorwurf konfrontiert, man sei hauptberuflich „offenbar Major der Geschmackspolizei“. Doch damit muss man dann halt leben, zumal der Genuss des einzig korrekten Spargel-Gerichts mit Pellkartoffeln und zerlassener Butter einem immer wieder bestätigt, das man auf der richtigen Seite steht.

Das „Horten“ von Spargel hat allerdings enge Grenzen. In feuchten Handtüchern eingewickelt hält er sich ein paar Tage im Kühlschrank, man kann ihn auch schälen, blanchieren und einfrieren, aber mit frischem Spargel ist das kein Vergleich. Und von Spargel in Dosen sollte man besser komplett die Finger lassen. Er schmeckt einfach nicht.

Bitte, klassisch

Eine Variation ist allerdings auch geschmackspolizeilich genehmigt und sogar ausdrücklich empfohlen: Die Spargelcremesuppe. Aber bitte ebenfalls klassisch. Dazu reicht einfacher Bruchspargel. Die Schalen werden mit etwas Zucker und Zitronen ausgekocht, anschließend gießt man den Sud durch eine Sieb. Dann die klein geschnittenen Spargelstücke in Butter andünsten und mit Mehl bestäuben.

Unter Rühren den Schalensud dazu, und das Ganze 20 Minuten köcheln lassen. Anschließend noch Sahne oder Creme fraiche dazu und abschmecken mit Salz, Pfeffer, Weißwein oder Zitronensaft. Alles gut pürieren und die zuvor separat gegarten Spargelköpfe dazu geben. In möglichst angewärmten Teller oder Schalen servieren und etwas frisch gehackten Schnittlauch oder Kerbel darüber streuen. Dazu einen trockenen fränkischen Silvaner, und die Welt ist trotz Corona wieder schön.

Zutaten für zwei Portionen Spargelcremesuppe:

300 Gramm Spargel
30 Gramm Butter
1 gestr. Esslöffel Mehl
½ l Spargelsud (aus den Schalen)
0,1 l Sahne
Salz, Zucker, weißer Pfeffer
1 Esslöffel Zitronensafte oder 0,05 l trockener Weißwein
Schnittlauch oder Kerbel nach Belieben

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