Was für ein „Rassismus“? Welche „Privilegien“? - Die offene Gesellschaft und das Märchen vom „weißen Patriarchat“

Linke Aktivisten versuchen, jede Ungleichheit in der Gesellschaft mit „Rassismus“ oder „Sexismus“ zu erklären. Kein Ansatz könnte falscher sein. Warum ökonomische, philosophische, psychologische und biologische Erkenntnisse identitätspolitischen Phantasien widersprechen.

Der Aktivist Aladin El-Mafalaani meint im „Rassismus“ die Wurzel allen Übels entdeckt zu haben / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Uwe Steinhoff ist Professor am Department of Politics and Public Administration der Universität Hongkong sowie Senior Research Associate im Oxford University Programme on the Changing Character of War. Zuletzt erschien von ihm das Buch „Freedom, Culture, and the Right to Exclude – On the Permissibility and Necessity of Immigration Restrictions“.

So erreichen Sie Uwe Steinhoff:

Anzeige

„Rassismus“ ist in. Nicht freilich Rassismus selbst, sondern das Reden darüber. Der „rassismuskritische“ Autor Aladin El-Mafaalani (Universität Osnabrück) verweist in seinem Buch „Wozu Rassismus?“ selbst auf „den paradoxen Effekt, dass eine spezifische Identität eine immer geringere Rolle für Stellung und Chancen einer Person in der Gesellschaft spielt, aber gleichzeitig im öffentlichen Diskurs einen immer größeren Raum einnimmt.“

Diese geringe faktische Rolle damit auch des Rassismus ist offenbar kein Hindernis dafür, mit ihm nichtsdestoweniger die Welt zu erklären. So fragt der Rassismuskritiker, warum Schwarze häufig im Sport und der Musikbranche erfolgreich sind und nicht so sehr im Finanzwesen und der Wissenschaft, oder warum sie bei Begegnungen im Justizsystem eher auf der einen denn der anderen Seite stehen.

%paywall%

Seine kategorische Antwort: „Entweder es liegt an ihrer ‚Rasse‘, oder es liegt am Rassismus.“ Anders ausgedrückt: Entweder sind sie durch ihre rassischen Merkmale für jene anderen Bereiche ungeeignet, oder es wird gegen sie diskriminiert. Wenig überraschend bevorzugt El-Mafaalani die zweite Erklärung.

„Rassismus“ als Welterklärungsformel

Der – übrigens schwarze – amerikanische Ökonom Thomas Sowell hingegen hält die Auflassung, dass es nur diese beiden Erklärungen für bestehende Ungleichheiten zwischen zwei ethnischen Gruppen geben könne – Rasse oder Diskriminierung – für ein Dogma, das historisch zu zwei spiegelbildlichen Extremismen geführt habe. So hält der Extremismus der einen Seite – Nationalsozialismus – die Versklavung oder Ausrottung der „minderwertigen Rassen“, hingegen der Extremismus der anderen Seite – Kommunismus – die Versklavung oder Ausrottung der üblen Ausbeuter oder Unterdrücker für die politisch geeignete Lösung des vermeintlichen Problems.

Für Sowell beruht der Extremismus beider Seiten somit auf einer gemeinsamen Verblendung, nämlich eben auf dem kategorischen Entweder-Oder der Erklärung von Ungleichheiten.

Sowell führt für die pure Fiktionalität dieses Entweder-Oder in seinem Werk Discrimination and Disparities eine Unzahl empirischer Belege an (El-Mafaalani für dessen Realität keinen), etwa aus Geographie und Demographie. So kann beispielsweise der Median des Alters der Population zweier Gruppen um mehr als zwei Jahrzehnte auseinanderliegen. Wenn aber die eine Gruppe zur Hälfte aus über 50jährigen besteht und die andere zur Hälfte aus unter 30jährigen, lässt sich auch ohne Rückgriff auf Genetik und Diskriminierung unschwer erklären, warum die eine Gruppe überproportional mehr Professoren und Aufsichtsratsvorsitzende aufweist als die andere.

Eine Vielzahl an Faktoren

Auch kulturelle Unterschiede spielen eine große Rolle. Wertet die eine Gruppe im Durchschnitt wissenschaftliche Betätigungen höher als sportliche, während dies in der anderen Gruppe umgekehrt ist, wird dies Auswirkungen auf die Schul- und Karrierewege des Nachwuchses haben und zu entsprechenden Unterschieden bei der Verteilung von Posten führen.  Ebenfalls Auswirkungen kann die Kinderzahl haben, da sie die Aufmerksamkeit beeinflusst, die jedem einzelnen Kind von den Eltern entgegengebracht wird (zudem ist es für das einzelne Kind möglicherweise bedeutsam, an welcher Stelle in der Geburtsfolge es steht).

Es haben aber nun einmal nicht alle Bevölkerungsgruppen dieselbe durchschnittliche Kinderzahl pro Familie. Und schließlich zeigt Sowell, dass für viele Positionen gleich eine Vielzahl von persönlichen Voraussetzungen nötig sind und selbst kleinste, auch gänzlich zufällige Varianzen in der Verteilung einzelner Merkmale sich insgesamt zu massiven kompetitiven Vor- oder Nachteilen bei der Bewerbung multiplizieren können. Sowells Schlussfolgerung: Die Annahme, „dass statistische Unterschiede in den sozioökonomischen Ergebnissen entweder eine diskriminierende Behandlung oder genetische Mängel der weniger gut Weggekommenen impliziert“, ist ein „hartnäckiger Irrtum“. 

„Unterrepräsentation“ – keine Folge von Diskriminierung, sondern von gerechter Unterscheidung und freier Berufswahl 

Kurz, Qualifikationen – die Voraussetzungen, von denen Sowell spricht – sind in einer Bevölkerung und auch zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen aus Gründen ungleich verteilt, die nichts mit rassischer Minderwertigkeit oder rassistischer Diskriminierung zu tun haben müssen. Folglich kann für die „Unterrepräsentation“ schlicht die Anwendung des Leistungsprinzips verantwortlich sein: Einen qualifizierteren Anwärter für eine Position einem weniger qualifizierten vorzuziehen ist legitim, nicht diskriminierend, und im übrigen von Vorteil für die Gesamtgesellschaft.

Zudem gibt es erwiesene Unterschiede zwischen Gruppen auch im Bereich der Präferenzen. Frauen und Männer haben, wie mit buchstäblich zigtausenden von Studien nachgewiesen wurde, im Durchschnitt unterschiedliche Vorlieben. Insbesondere interessieren sich Frauen im Durchschnitt stärker für Personen als Männer dies tun; und Männer interessieren sich im Durchschnitt stärker für Dinge als Frauen dies tun.

Schon allein dieser Unterschied reicht zu erklären, warum Frauen in sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) weniger vertreten sind als in Bereichen, die näher am Menschen sind (auch innerhalb der Naturwissenschaften ziehen Frauen im Durchschnitt die Biologie der Physik vor).  

Aber auch in den kognitiven Fähigkeiten unterscheiden sich Männer und Frauen.  Studien zeigen, dass es im Bereich der extremsten mathematischen Hochbegabung mehr Männer als Frauen gibt. Hinzu kommt umgekehrt ein Vorteil der Frauen: im Durchschnitt sind mathematisch extrem hochbegabte Männer nicht zugleich ähnlich hochbegabt in anderen Bereichen. Frauen oft schon.

Diese Frauen haben also im Durschnitt nicht nur eine stärkere Präferenz z.B. Biowissenschaften der trockenen Mathematik vorzuziehen; sie haben zusätzlich die Option, auf diesem alternativen Gebiet ebenso zu brillieren. Die Männer nicht, jedenfalls nicht im selben Maße. Folglich lässt sich die „Unterrepräsentation“ von Frauen in MINT-Fächern erklären, ohne diskriminierende Mathematiker zu postulieren, welche in ihren Instituten Kurven nur als Funktionen akzeptieren. 

Mythos „Gender Pay Gap“

Schließlich gibt es noch Persönlichkeitsunterschiede. Frauen und Männer unterscheiden sich im Durchschnitt entlang der Dimensionen des psychologischen Fünf-Faktoren-Modells der Persönlichkeit. Insbesondere haben Frauen höhere Werte in der Dimension der sogenannten „Agreeableness“ (Verträglichkeit) – was freilich umgekehrt bedeutet, dass sie konfliktscheuer und dementsprechend (wiederum: im Durchschnitt) weniger hart verhandeln als Männer.

Im Lichte dieser psychologischen Erkenntnisse lässt sich mithin auch der vielbeschworene „Gender Pay Gap“ (Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen) ganz ohne „Diskriminierung“ erklären. Ja, es ist wahr, dass Frauen in vielen westlichen Ländern im Durchschnitt um die 20% weniger verdienen als Männer. Aber dies heißt nicht, dass sie 20% weniger Gehalt für die gleiche Arbeit bekommen (Mainstream-Medien lassen bei ihren diesbezüglichen Berichten politisch korrekt keinerlei Interesse daran erkennen, dieses weit verbreitete Missverständnis auszuräumen).

Vielmehr bevorzugen sie selbst, aufgrund ihrer eigenen Vorlieben, im Durchschnitt andere Berufe als Männer, finden Teilzeit attraktiver als Vollzeit, und sind bei Verhandlungen weniger aggressiv. Zieht man all dies in Betracht, stellt man fest, dass Männer mit den gleichen Vorlieben und Verhaltensweisen auch nicht mehr verdienen. Anders gesagt, das „Gender Pay Gap“ verdankt sich nicht einer männlichen Weltverschwörung, welche im verrauchten Hinterzimmer entschieden hat, Frauen nur ja schlechter zu bezahlen als Männer, sondern der schlichten Tatsache, dass in einer freien Marktwirtschaft die Bezahlung von Angebot, Nachfrage und Verhandlungsgeschick abhängt. 

Die mangelnde „soziale Mobilität“ zwischen Klassen hat zum Teil genetische Gründe

Auch zur Analyse von Klassenstrukturen leisten empirische Wissenschaften mehr als allerorten „Diskriminierung“ witternde Ideologen. Wenn in deutschen Talkshows Soziologen mit besorgter Miene über die angeblich geringe „soziale Mobilität“ lamentieren, zeigen sie damit allerdings zunächst einmal eine weiterbreitete philosophische, nämlich Begriffsverwirrung. Sowell weist darauf hin, dass Bewegung (movement) von Bewegungsfähigkeit (mobility, zu deutsch Mobilität) unterschieden werden muss. „Soziale Mobilität ist das Ausmaß, in welchem eine Gesellschaft Aufwärts- und Abwärtsbewegung erlaubt.

Wie viel Bewegung tatsächlich stattfindet, hängt auch von dem Ausmaß aus, in welchem Individuen und Familien die Gelegenheiten nutzen.“  Anders gesagt, selbst relativ geringe Bewegung ist (anders als die Talkshows dies suggerieren) nicht notwendig ein Beweis für Diskriminierung. Der Sprinter, der beim Startschuss hocken bleibt, bewegt sich nicht. Aber er wird dadurch nicht diskriminiert. 

Die biologische Forschung zeigt, dass ein großer Teil des bildungs- und sozioökonomischen Erfolges von Menschen in unseren Gesellschaften erblich ist. Erblichkeit ist in der Genetik ein Maß dafür, wieviel Prozent bestimmter Unterschiede (z.B. in Größe, Intelligenz oder, ja, selbst Einkommen) zwischen Individuen einer bestimmten Population durch ihre ererbten genetischen Unterschiede erklärt werden können. Dies wird oft missverstanden.

Wenn eine Gruppe Bohnen unter exakt denselben Umweltbedingungen aufgewachsen sind, dann sind Größenunterschiede zwischen ihnen nur genetisch zu erklären, d.h. also 100% erblich. Dies heißt aber nicht, dass Umweltbedingungen für die Bohnen unwichtig waren. Ohne Nährstoffe und Sonne wären sie eingegangen. Aber für die Erklärung der Unterschiede zwischen den Bohnen dieser Population sind die Umweltbedingungen irrelevant.

Für Kinder wiederum ist die Qualität von Schulen wichtig. Aber die Unterschiede in den schulischen Leistungen von Kindern innerhalb westlicher Industrienationen werden nur zu einem geringen Teil durch gemeinsame Umweltfaktoren (wie etwa die Schule selbst) erklärt, und deren Bedeutung bei der Erklärung von Unterschieden nimmt mit höherem Alter – tatsächlich schon beim Universitätseintritt – stark ab. Ein anderer Teil geht auf sogenannte nicht-geteilte (also gleichsam zufällige) Faktoren zurück und kann somit nicht systematischer Diskriminierung zugeschrieben werden. Der größte Anteil verdankt sich den Genen.

Einer der weltweit führenden Verhaltensgenetiker, Robert Plomin (King’s College London) zieht daraus einen ebenso faszinierenden wie ermutigenden Schluss: „Statt die Genetik als im Widerspruch zur Chancengleichheit stehend zu betrachten, kann man sie als Index für Chancengleichheit sehen. … Das Ergebnis, dass die Erblichkeit von Schulleistungen höher ist als für die meisten Merkmale, etwa 60%, legt nahe, dass es eine substanzielle Chancengleichheit gibt.“ 

Chancengleichheit ist nicht Ergebnisgleichheit, und Vorteile sind nicht schon Privilegien

Mit Chancengleichheit meint Plomin die Möglichkeit, sein genetisches Potential verwirklichen zu können, ohne daran künstlich gehindert, also diskriminiert zu werden. Es geht um die unverstellte Gelegenheit, das Beste aus seinen Talenten zu machen. Aufgrund dieser Talente haben einige natürlich eine höhere Ausgangswahrscheinlichkeit gut abzuschneiden als andere und werden oft auch tatsächlich besser abschneiden. Das macht sie nicht „privilegiert“. Das macht sie vielversprechender und erfolgreicher.

Der Begriff des „Privilegs“ wird jedoch von linker Identitätspolitik propagandistisch auf alle Arten von Vorteilen ausgeweitet (wobei die Listen solcher Vorteile vorhersehbar einseitig sind).  Der aus dem lateinischen stammende Ausdruck „Privileg“ bedeutet jedoch Vorrecht, nicht Vorteil. Solche Rechte können juridisch kodifizierte Rechte, also Gesetze, oder auch durch sozialen Druck sanktionierte Normen sein.

Wenn das Gesetz vorschreibt, dass Männer ohne Einwilligung der Ehefrau einer bezahlten Arbeit nachgehen dürfen, aber nicht umgekehrt, sind Männer gegenüber Frauen in dieser Hinsicht rechtlich privilegiert. Wenn die Mannschaft auf der sinkenden Titanic, obwohl dies nicht gesetzlich vorgeschrieben war, dafür sorgte, dass Frauen und Kinder zuerst in die Rettungsboote kamen, so waren hier Frauen gegenüber Männern sozial privilegiert. Die Männer hingegen, die ausdauernd genug schwimmen konnten, um sich bis zur Rettung über Wasser zu halten, hatten zwar gegenüber jenen Männer, die in Ermangelung dieser Fähigkeit ertranken, einen Vorteil – aber kein Privileg.

Wie unterstellte „rechte Ausgrenzung“ als Rechtfertigung für linke Diskriminierung dient

Es zeigt sich also, dass geringere Aufstiegswahrscheinlichkeiten und „Unterrepräsentationen“ in bestimmten gutbezahlten oder prestigeträchtigen Positionen keineswegs ein Beleg für Diskriminierung sind. Sie mögen ganz einfach die Anwendung des Leistungsprinzips belegen. Und dieses ist, wie El-Mafaalani zugibt, „die stärkste Legitimation von Ungleichheit: Die Besten, Leistungsfähigsten, Klügsten und Fleißigsten sollen mehr bekommen als andere.“

Diese Formulierung des Leistungsprinzips ist allerdings aufgrund des hier unnötig normativen „sollen“ einer freiheitlichen Gesellschaft unangemessen. Es ist vielmehr so, dass in einer freien Gesellschaft Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Recht haben, einen freien Tausch vorzunehmen. Dass dabei die Leistungsfähigeren und -willigeren bevorzugt werden, soll nicht so sein, sondern ist voraussehbar und berechtigterweise so. 

Doch El-Mafaalani dekretiert schlicht, Chancengleichheit und Leistungsgerechtigkeit sei nicht gegeben, „aber nicht aufgrund harter, offensichtlicher Barrieren oder gar rechtlicher Beschränkungen. Vielmehr sind es ganz überwiegend verborgene Mechanismen, die sich überhaupt nur in komplexen Analysen zeigen.“ Dies klingt nach einem schon im Mittelalter sehr unheilvollen Argumentationsmuster. Dämonen und Hexen sind überall, aber ihr böses Wirken ist nicht offensichtlich, sondern geschieht durch verborgene Mechanismen, die sich überhaupt nur in komplexen theologischen Analysen zeigen.

Der neue Hexenwahn

Empirische Belege statt komplexer Analysen wären freilich besser. Diese bleiben jedoch, hier wie da, aus. Nichtsdestoweniger ist es leider nur ein kleiner Schritt vom imaginierten Hexenwesen zur realen Hexenverbrennung, so wie es auch nur ein kleiner Schritt von der imaginierten systematischen Privilegierung zur tatsächlichen systematischen Diskriminierung im Namen von „Diversität“ und „Repräsentanz“ ist. 

Kurz gesagt, man hält sich die Magie der vermeintlichen „Hexe“ vom Leib, indem man sie verbrennt; und das verborgene systematische Diskriminieren des vermeintlich „Privilegierten“, indem man gegen ihn diskriminiert. Zum Beleg für diese Diskriminierung bedarf es keiner „komplexen Analysen“, es gibt greifbare empirische Evidenz zum Beispiel aus den USA, dem Heimatland der Diversitätsideologie. Insbesondere für den Zugang zu den Eliteuniversitäten müssen Anwärter den sogenannten SAT absolvieren, einen Eignungstest, welcher universitäre Leistungen sehr gut vorhersagt.

Anhand einer Reihe von (sehr zum Verdruss der Universitätsleitungen) durchgestochenen Dokumenten wurde klar, dass Schwarze (im geringeren Maße auch Latinos) gegenüber Weißen und Asiaten vorgezogen werden – und zwar nicht nur „bei gleicher Qualifikation“, sondern auch bei drastisch geringeren SATs (2002 z.B. wurden in Berkeley 374 Anwärter mit SATs unter 1000 Punkten zugelassen – fast alle von ihnen „students of color“ – derweil 3218 Anwärter mit Werten über 1400 abgewiesen wurden). 

Die Diskriminierung nicht nur gegen Weiße, sondern auch gegen Asiaten kann dabei nicht einmal überraschen, denn deren Erfolg macht sie zur identitätspolitisch ungeliebten lebenden Widerlegung der Mär vom weißen Patriarchat (und gibt vermutlich Anlass für Neid). Evidenz, die kürzlich in einem in den USA für einige Aufmerksamkeit sorgenden rechtlichen Verfahren präsentiert wurde, welches die Universität Harvard der Diskriminierung von Asiaten beschuldigte, zeigt, dass dieselben Testergebnisse und extrakurrikularen Aktivitäten, welche Schwarzen und Latinos eine 95%ige bzw. 77%ige Wahrscheinlichkeit bescherten, zum Studium zugelassen zu werden, Weißen und Asiaten nur eine Chance von 36 bzw. 25% gaben. Eine Ausnahme von diesen Diskriminierungsmustern und dem Sichabfinden mit geringerer Qualifikation gibt es allerdings bei den amerikanischen Medizinschulen. Offenbar wirkt die Aussicht, unter dem Skalpell eines minderbegabten Chirurgen im Namen gelebter Diversität zu versterben, selbst auf linke Ideologen hinreichend abschreckend.

Wem die Diversitätsideologie schadet und wem sie nutzt

Aber nicht nur Ärzte verrichten wichtige Funktionen. Insgesamt wird es mit einer Gesellschaft voraussehbar bergab gehen, wenn man entscheidet, in Wissenschaft, Industrie, Handwerk und Verwaltung eine rasse- oder geschlechtsbasierte statt eine strikt qualifikationsbasierte Auswahl zu treffen.

Im übrigen sind rasse- und geschlechtsbasierte Auswahlen nicht nur ineffizient, sondern auch illiberal und ungerecht – eben rasse- oder geschlechtsbasierte Diskriminierungen. Und schließlich sind sie auch noch, wie Heather Mac Donald in ihrem Bestseller The Diversity Delusion belegt, zumeist keineswegs von Vorteil für jene, welche sie offiziell begünstigen sollen, nämlich für die angeblich „marginalisierten“ Gruppen. 

Von Vorteil sind sie allerdings für die Administratoren und Exekutoren der Diversitätspolitik in Schulen, Universitäten, Verwaltung und Industrie. Mac Donald weiß süffisant zu berichten, wie sich an amerikanischen Universitäten und in Großunternehmen allerorten „diversity task forces“ mit entsprechenden „Diversitätsbeauftragten“ ausbreiten und exorbitante Gelder absurderweise dafür beziehen, dass sie Wissenschaft und Effizienz durch rasse- und geschlechtsbasierte Diskriminierung zu untergraben helfen. Deutschen Advokaten der Diversitätspolitik dürfte beim Gedanken an solche Pfründe und Machtpositionen das Wasser im Munde zusammenlaufen. Wir sollten sie ihnen vorenthalten.

„Follow the science“ – aber nur solange diese der Ideologie folgt 

Ich hätte diesen Artikel mit dem letzten Satz enden lassen können. Aber es ist vorhersehbar, dass die üblichen Verdächtigen reflexhaft „Rassismus“- und „Sexismus“-Vorwürfe erheben werden, da ich die Unterschiede zwischen Männern und Frauen anhand von genetischen Faktoren aufgezeigt habe.

Daher sei hier vorsorglich auf die folgende Rassismus-Definition der Soziologin Philomena Essed hingewiesen: Gemäß dieser liegt Rassismus nur dann vor, wenn bestimmte Gruppierungen als „wesensmäßig andersgeartete und minderwertige ‚Rassen‘ oder ethnische Gruppen angesehen werden.“ Ähnliches könnte über den Sexismus gesagt werden. Von Wesensmäßigkeiten wurde hier aber nirgendwo geredet, sondern von statistischen Varianzen. 

Den moralischen Wertbegriff auf Gruppen anzuwenden, ist ohnehin sinnlos – moralischer Wert kommt nur Individuen zu. Und zwar eben als Individuen, nicht, wie Identitätspolitiker womöglich meinen, als Mitgliedern von Gruppen. Und schließlich ist der moralische Wert auch eines Individuums nicht von seiner beruflichen Qualifikation oder der Stärke seiner Liebe zur Mathematik abhängig. 

Natürlich kann jemand einfach insistieren, dass die oben gemachten Aussagen rassistisch oder sexistisch seien, etwa im Lichte einer zu diesem Zwecke maßgeschneiderten Definition von Rassismus oder Sexismus. Aber erstens würde man dann gern wissen, was das für eine Definition ist; und zweitens wäre dann nicht der Schluss zu ziehen, dass die oben angeführten empirischen Überlegungen falsch sind. Vielmehr wäre angesichts von deren Richtigkeit der Schluss zu ziehen, dass Rassismus und Sexismus, so verstanden, wissenschaftlich und philosophisch korrekte Positionen sind.

Kurz gesagt: Man sollte sich nicht von der Verleumdungs-Rhetorik vom Weg abbringen lassen. Es ist weiter entscheidend, an empirischen Fakten, logischer Argumentation und Wissenschaftsfreiheit festzuhalten. 

Und schließlich darf man vielleicht auch noch darauf hinweisen, dass die Linke ja selbst ständig fordert, „der Wissenschaft zu folgen“ – jedenfalls wenn es um Corona- und Klimamaßnahmen geht. Wie der Psychologe Steven Pinker schon vor Jahren in seinem Buch The Blank Slate beschrieb, verpufft diese linke Wissenschaftsbegeisterung aber in einem bestimmten Szenario schlagartig. Und zwar dann, wenn Biologie und Psychologie statistisch relevante und womöglich gar angeborene Unterschiede zwischen Menschen feststellen. Woran mag das liegen?

Einen Hinweis gibt vielleicht das bekannte Bonmot Upton Sinclairs: „Es ist schwierig, jemanden dazu zu bringen, etwas zu verstehen, wenn sein Gehalt davon abhängt, es nicht zu verstehen.“
 

Anzeige