Urteil gegen Franco A. - Der Rechtsextremist, der als syrischer Flüchtling registriert war

Mehr als ein Jahr wurde vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verhandelt. Heute kam es nun zur Urteilsverkündigung im Fall Franco A. Der ehemalige Bundeswehroffizier, dem das Gericht eine völkisch-nationalistische, rechtsextremistische Gesinnung bescheinigt, soll mehre Anschläge geplant und sich dafür eine Scheinidentität als syrischer Flüchtling verschafft haben. Der Angeklagte sieht das anders.

Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt: Franco A. (l.) wurde vor fünf Jahren am Flughafen Wien verhaftet / dpa
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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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Über fünf Jahre ist es mittlerweile her, dass Franco A. am Flughafen Wien verhaftet wurde. Der ehemalige Oberleutnant der Bundeswehr steht im Verdacht, Anschläge auf Anetta Kahane, die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, den damaligen Justizminister Heiko Maas (SPD) und die Grünen-Politikerin Claudia Roth geplant zu haben. Das mögliche Motiv: eine rechtsextreme Gesinnung.

Das allein wäre freilich schon spektakulär genug. Dass der Fall in die Annalen der deutschen Kriminalgeschichte eingehen könnte, hat aber mit den Umständen zu tun, unter denen Franco A. seine geplanten Taten vorbereitet haben soll. Ein Abgleich seiner Fingerabdrücke förderte damals ein überraschendes Ergebnis zutage: Franco A. war in Bayern als syrischer Flüchtling unter dem Namen Benjamin David registriert. 

Pistole auf der Behindertentoilette

Aufgeflogen war Franco A. aber nicht wegen akribischer Ermittlungen der deutschen Sicherheitsbehörden, sondern weil eine Putzfrau am Flughafen Wien eine geladene und funktionsfähige Pistole im Reinigungsschacht einer Behindertentoilette entdeckt hatte. Als Franco A. die deponierte Waffe abholen wollte, warteten Polizisten bereits auf den damals 33-Jährigen.

 

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Anschließend kam er kurz wieder auf freien Fuß, um dann erneut verhaftet zu werden. Ebenso wie zwei Männer, die angeblich von seinen Plänen wussten. Bei einer Hausdurchsuchung wurden weitere Waffen, Munition und Sprengstoff entdeckt. Ein vermeintlicher Mitverschwörer wurde bereits wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt, gegen einen anderen war es gar nicht erst zu einer Anklageerhebung gekommen.  

Am Freitag verkündete das Oberlandesgericht Frankfurt nach einem 14 Monate andauernden Prozess nun sein Urteil gegen Franco A.: Das Gericht befand den Angeklagten in mehreren Punkten für schuldig, etwa wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat und wegen illegalen Waffenbesitzes. Das Strafmaß lautet fünf Jahre und sechs Monate Haft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 

Völkisch-nationalistische Gesinnung

Es gibt Fotos von Franco A. aus dem Gerichtssaal, die zumindest vermuten lassen, wie er es geschafft haben könnte, als syrischer Flüchtling durchzugehen. Dunkle Augen, dunkles Haar, dunkler Vollbart. Franco A. ist optisch weit entfernt vom Klischee des Rechtsextremisten, sieht eher aus wie einer, den man in der IT-Abteilung eines mittelständischen Unternehmens vermuten würde. Einer, der bemerkenswert unschuldig dreinblicken kann und der überaus harmlos wirkt, wenn er lacht. 

Franco A. selbst streitet ab, die ihm vorgeworfenen Anschlagspläne verfolgt zu haben. Und tatsächlich gibt es zwar einige Indizien, dass dem so gewesen sein könnte, aber nichts, das letzte Zweifel aus der Welt räumen würde. Die Anklage stützte ihre Vorwürfe unter anderem darauf, dass Franco A. immer wieder durch rechtsextremistische Verschwörungstheorien aufgefallen war, etwa über eine angebliche jüdische Weltverschwörung. Das sieht auch das Gericht so, das Franco A. in seiner Urteilsverkündung eine völkisch-nationalistische, rechtsextremistische Gesinnung bescheinigt. 

Die Verteidigung versuchte allerdings bis zuletzt, das Bild eines rechtsextremen Aktivisten zu zeichnen, der aufzeigen wollte, wie dysfunktional die deutsche Einwanderungspolitik sei, wie leicht sich das deutsche Asylsystem unterwandern lasse. Franco A. selbst gab zu Protokoll, dass er Waffen, Munition und Sprengstoff einzig für den Fall gehortet hatte, dass die öffentliche Ordnung zusammenbricht. Ein Vorgehen, das man in erster Linie aus den USA kennt, wo diverse Fälle weißer Extremisten dokumentiert sind, die Waffen horten und für den Tag X trainieren. 

Heillos überforderte Behörden

Viel wurde in den vergangenen Jahren über rechtsextreme Umtriebe innerhalb der Bundeswehr diskutiert  Über Strukturen, in denen sich Neonazis teilweise tatsächlich oder zumindest vermeintlich pudelwohl fühlen. Eine Diskussion, die richtig und wichtig ist, die aber mindestens im Fall Franco A. nur die Hälfte des nötigen Diskussionsbedarfs abdeckt. Die zweite Hälfte, jene, die in den Fokus nehmen müsste, wie es angesichts der hohen Zuwanderungszahlen der vergangenen Jahre um die deutsche Sicherheit bestellt ist, wird von den politisch Verantwortlichen lieber gemieden. Ginge damit doch das Eingeständnis einher, die Kontrolle zumindest teilweise verloren zu haben.

Ob Franco A. wirklich vorhatte, was das Oberlandesgericht Frankfurt per Urteilsverkündung als erwiesen ansieht, bleibt offen. Vieles spricht dafür, dass da ein irrer Geist am Werk war, von dem eine echte Gefahr für die Bevölkerung ausgegangen ist. Gleichwohl wirft der Fall weitere Fragen auf, deren Beantwortung nicht besonders schmeichelhaft ausfällt für ein Land, das in der Flüchtlingskrise – damals im Jahr 2015, als sich Franco A. problemlos ins Asylsystem einschleichen konnte –, heillos überfordert war und teilweise wohl immer noch ist mit einer Einwanderungspolitik, die mehr auf Freiheit denn auf Sicherheit setzt.  

Ein Land, auch das gehört zur Wahrheit dazu, in dem die Behörden viel wussten über den Attentäter vom Breitscheidplatz, Anis Amri, der dennoch in der Lage war, sich 14 Identitäten zuzulegen und unbehelligt durch die Gegend zu reisen. Ein Land auch, so lässt sich im Fall Franco A. festhalten, dessen Behörden nicht einmal in der Lage waren, vielleicht bis heute nicht sind, einen deutschen Bundeswehrsoldaten von einem syrischen Flüchtling zu unterscheiden. Und das, obwohl Franco A. – alias Benjamin David – über keinerlei Arabischkenntnisse verfügt. 

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